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Dienstag, 11. April 2017

Film-Rezensionen: Verleugnung (Denial)


Der Film basiert auf der wahren Geschichte der amerikanischen Universitätsprofessorin Deborah E. Lipstadt, die an der Emory University in Atlanta, USA, Jüdische Zeitgeschichte unterrichtet und sich der Holocaustforschung widmet. In ihrem 1993 erschienenen Buch „Betrifft: Leugnen des Holocaust“(Denying the Holocaust) bezeichnet sie den  britischen Autor und Journalisten David Irving als „Holocaustleugner“.
 
Irving ist der Verfasser einer Reihe von Büchern über den Nationalsozialismus, in denen er unter anderem die Thesen vertritt, dass Hitler nichts von der Vernichtung der Juden wusste und dass es Gaskammern und Krematorien zum Zweck der Tötung von Juden in Auschwitz nicht gegeben hat. 

Dieser Irving fühlt sich durch Deborahs Buch beleidigt und verleumdet, woraufhin er sie und ihren Verlag Penguin Books vor einem britischen Gericht verklagt.

Der Film zeichnet den Prozess in seinem spannenden Verlauf nach, in dem sich Deborah (gespielt von der wunderbaren Rachel Weisz) durch die Besonderheit des britischen Rechtssystems, dass bei Verleumdungsklagen die Beweislast stets beim Angeklagten liegt, vor die Aufgabe gestellt sieht, Beweise für den Holocaust und die Vernichtungseinrichtungen in Auschwitz liefern zu müssen, um den Vorwurf Irvings (Timothy Spall) zu entkräften.
 
Eine weitere Besonderheit des britischen Gerichtssystems ist die strikte Trennung von beratenden und prozessführenden Anwälten, so dass sich Deborah von einer Schar von Anwälten umgeben sieht. Das Team der den Prozess vorbereitenden Solicitors wird angeführt von dem smarten Anthony Julius (Andrew Scott), ein sogenannter Barrister in Gestalt von Richard Rampton (Tom Wilkinson) übernimmt dann die eigentliche Verteidigung vor Gericht. Auf der anderen Seite ist Irving eitel genug, seine Sache selbst zu vertreten, diese Eitelkeit lässt ihn auch – erster taktischer Sieg der Solicitors – auf die Bestellung einer Jury verzichten, so dass nur ein Einzelrichter an dem Verfahren beteiligt ist, von dessen juristischem Sachverstand man sich einen Vorteil gegenüber einer Juryentscheidung erhofft.

Entgegen Deborahs drängendem Wunsch soll sie selbst nicht im Verfahren aussagen, ebenso wenig wie Holocaust-Überlebende. Auf den ersten Blick erscheint dies widersinnig, denn wer, wenn nicht sie, hätten einen authentischeren Blick auf Auschwitz und die Vernichtungslager liefern können, und es kostet die Anwälte viel Überredungskraft, Deborah davon zu überzeugen, dass man Irving dieses „Festmahl“ nicht servieren darf, an dem er sich delektiert hätte, um durch seine Wortgewandtheit seine Überlegenheit zu demonstrieren.

Mit Menschen wie Irving, die Meinung zu Fakten machen, darf man sich nicht auf emotionale Szenarien einlassen, bei denen sie immer gewinnen. Man kann nur den unendlich mühsamen Weg gehen, ihre Behauptungen, Meinungen, ihre verquasten und verdrehten „alternativen Fakten“ durch handfeste Fakten, Daten und Zahlen zu widerlegen, bis ihnen am Ende die viele heiße Luft, mit der sie sich aufgeblasen haben, entweicht und sie auf ihr Normalmaß zusammenschrumpfen. 
 
Es ist ein Vergnügen und eine Genugtuung, den Akteuren vor Gericht dabei zuzusehen, und es ist ein Verdienst des Films, dass es erneut gelungen ist, aus einem vermeintlich trockenen Gerichtsdrama ein aufwühlendes Erlebnis zu machen.

Regie: Mick Jackson
Drehbuch David Hare 
Musik: Howard Shore 
Produktionsdesign: Andrew McAlpine
Darsteller: Rachel Weisz, Timothy Spall, Tom Wilkinson, Andrew Scott

http://www.verleugnung-film.de/

110 min 
Kinostart: 13. April 2017

Film-Rezensionen: Gold



 ...wenn die Erde aus Gold wäre, würden die Menschen sterben für eine Handvoll Dreck…
  
Diese Weisheit aus dem Film „Der Garten des Bösen“ von Henry Hathaway sollte die ewige Gier nach dem glänzenden Edelmetall relativieren, aber jede Geschichte, die sich mit der Suche nach Gold beschäftigt, lässt sie gleichzeitig bezweifeln.
  
Auch dieser Film möchte zeigen, dass neben den Zockern der Wallstreet, die dem großen Geld nachjagen, die eigentlich Getriebenen diejenigen sind, die einem Zauber verfallen, den eben nicht der öde Geldschein oder die abstrakte Zahl auf dem Kontoauszug widerspiegeln kann, nämlich dem des Goldes!
  
Es ist das Jahr 1981 und wir lernen einen solchen Glücksritter in Gestalt von Kenny Wells (Matthew McConaughey) kennen, der die gut laufende Firma seines Vaters, die Washoe Mining Corporation in Reno, nach dessen Tod übernimmt und sie stetig herunterwirtschaftet, bis sie 1988 schließlich vor dem Ruin steht. Nach dem geschäftlichen folgt der private Absturz, er beginnt zu trinken und geht jedem um sich herum auf die Nerven, bis er eines Tages im Vollrausch einen Traum von Indonesien hat, der ihn einen immensen Goldschatz finden lässt. Traum und Wirklichkeit gehen ineinander über, er versetzt den Schmuck seiner Freundin Kay (Bryce Dallas Howard) und fliegt nach Indonesien, um dort einen Geologen namens Mike Acosta (Edgar Ramirez) zu treffen, nach dessen „Ring-of-Fire“Theorie man angeblich Bodenschätze aufspüren kann.

Er schafft es, Acosta für eine Goldsuche im Dschungel von Borneo zu interessieren und zusammen unternehmen sie eine Expedition den Fluss hinauf, den die Eingeborenen „Upstream Gold“ nennen. Tief im Urwald stoßen sie auf einen Ort, der dem in Kennys Traum gleicht und Acosta beginnt mit Hilfe angeheuerter Arbeiter mit dem Schürfen nach Gold, während Kenny zu Hause in den USA Geld für die Finanzierung besorgen soll.

Als der Erfolg bei der Goldsuche zunächst ausbleibt, bleiben auch die Investoren zurückhaltend und Kenny gelingt es kaum, genug Geld für die Bezahlung der Arbeiter aufzutreiben. Aber dann signalisiert Acosta das Unglaubliche: Goldfund im Dschungel ! – und es kann losgehen. Jetzt reißen sich plötzlich alle darum, mit in das Geschäft einzusteigen und Kenny kann sich vor Geld kaum retten. Seine alte Firma wird reaktiviert und soll an die Börse gebracht werden, die Gier greift wie eine Krankheit um sich und infiziert alles und jeden, und bald hat Kenny die größten Fische an der Angel, die sich um ihn und seine Firma reißen. Doch die Fische sind Haie und als Kenny, der kleine Goldfisch, aus Eigensinn und Eitelkeit ein Angebot über 300 Millionen Dollar für die Übernahme seiner Firma ausschlägt, nur weil diese dann nicht mehr unter seinem Namen laufen soll, geht es plötzlich so steil nach unten, wie es eben noch hinauf gegangen ist. Der abgewiesene Investor lässt seine Beziehungen spielen, die Mine in Indonesien bekommt plötzlich ihre Lizenz entzogen und muss geschlossen werden, der Anfang vom Ende ist nah. Aber Kenny und Acosta gelingt es, das fallende Messer noch einmal aufzufangen, bevor es zu große Wunden reißt, indem sie sich an Danny Suharto, den jüngsten Sohn des damaligen Diktators Suharto, heranmachen und mit seiner Hilfe noch einmal ins große Spiel zurückkehren, bis eines Tages das FBI bei Kenny vor der Tür steht, weil Freund Acosta plötzlich verschwunden ist und mit ihm 164 Millionen…

Es ist ein Film, der von Gier und Leidenschaft erzählt, den Antriebsfedern für große Unternehmungen, er bietet grandiose Landschaftsbilder vom Dschungel in Indonesien und glitzernde Einblicke auf ausschweifende Partys in New York, aber er reißt sein Publikum nie wirklich mit und hinein in diesen wahnsinnigen Sog von Geld, Erfolg, mit Aufstieg in schwindelerregende Höhen, zwischenzeitlichem Absturz und anschließendem Wiederauferstehen, eine Geschichte die wie für großes Kino gemacht scheint.

Jedoch, entgegen der Leidenschaft, die den Goldsucher antreibt, hat der Film nichts von dieser Faszination anzubieten. Die grandiosen Landschaftsbilder im indonesischen Dschungel zerlaufen im Dauerregen, und einige Figuren wie der zwielichtige Acosta bleiben farblos. Das größte Manko könnte jedoch der Protagonist Kenny Wells selbst sein. Matthew McConaughey ist seit seiner Wandlung vom seichten Darsteller in ebensolchen Liebesschmonzetten darauf bedacht, mit möglichst drastischen körperlichen Veränderungen seinen neuen Rollen gerecht zu werden. So hungerte er sich für den Film „Dallas Buyers Club“ in kurzer Zeit 23 kg ab und wurde dafür prompt mit der Oscar-Trophäe belohnt. Aber das Rezept sollte man nicht überstrapazieren. Für „Gold“ hat er sich eine Wampe angefuttert sowie Halbglatze und schiefe Zähne verpassen lassen. War der Gewichtsverlust für einen HIV-Infizierten nachvollziehbar, macht seine jetzige Verwandlung Kenny Wells zu einer schlechten Karikatur eines Glücksritters, dem der Zuschauer keinerlei Sympathie entgegen bringen kann. Ein Hochstapler muss nicht hübsch sein, aber er braucht Charisma, und das vermisst man bei Kenny Wells gänzlich. Man nimmt ihm den Menschenfänger einfach nicht ab, wenn er unentwegt quasselt und deliriert, von allem zu dick aufgetragen, ist Kenny kein liebenswerter Verlierer, sondern ein schmieriger Schwätzer, damit hat McConaughey seiner Figur und letzlich auch dem Film bedauerlicherweise keinen Gefallen getan. 


Regie: Stephen Gaghan
Drehbuch: Patrick Massett, John Zinman
Kamera: Robert Elswitt
Darsteller: Matthew McConaugehey, Edgar Ramirez, Bryce Dallas Howard, Macon Blair, Stacy Keach, Coey Stoll



121 min 
Kinostart: 13. April 2017