Blog-Archiv

Mittwoch, 31. Juli 2019

Film-Rezensionen: Der unverhoffte Charme des Geldes (La Chute de l'Empire Américain)

Pierre-Paul (Alexandre Landry) ist intelligent, worauf er sich einiges einbildet, wie man aus seinem bemerkenswerten Monolog gleich zu Beginn des Films erfährt. Dabei führt er ein bescheidenes Leben als Fahrer eines Lieferdienstes. Er verdient nicht viel Geld, aber er kann an keinem Bettler vorbei gehen, ohne diesem etwas zuzustecken und engagiert sich in der Obdachlosenhilfe.

Eines Tages beschert ihm das Schicksal etliche bis zum Rand mit Geld gefüllte Säcke aus einem Überfall, und anstatt die Finger davon zu lassen, versteckt er sie an einem sicheren Ort. Es beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem Gangster-Syndikat, dem das Geld abhanden gekommen ist und der Polizei, die ein Verbrechen aufklären möchte, das im Folgenden einige Opfer fordern wird. Pierre-Paul erkennt, dass er allein keine Chance hat und rekrutiert eine sehr gemischte Hilfstruppe, um seinen Plan zur Sicherung der Millionen in die Tat umzusetzen. Hierzu gehören ein gerade aus dem Knast entlassenes Finanzgenie, ein Off-Shore Banker, Pierre-Pauls Ex-Freundin, die bei einer Bank arbeitet und seine aktuelle Freundin, ein Callgirl, das sich von seinem Reichtum angezogen fühlt. Ob letztere es ehrlich mit ihm meint und ob es gelingt, aus Schwarzgeld sauberes Geld zu machen, über das man legal verfügen kann – was schwieriger ist, als man glaubt – ist vergnüglich anzuschauen, äußerst spannend und mit hervorragendem Timing inszeniert.

Dabei bettet Denys Arcand seine eigentliche Botschaft, die Kritik an unserer vom Geld geprägten Gesellschaft, geschickt in diese im Gewand einer unterhaltsamen Heist-Komödie daherkommende Geschichte ein. Er lässt seine Protagonisten die gesamte Klaviatur des Systems bespielen, um eben dieses System zu schlagen, dabei schreckt er auch nicht vor ein paar überraschend harten Szenen zurück, die letztlich nur verdeutlichen, mit wem man es zu tun bekommt, wenn man sich mit denen anlegt, die die Welt beherrschen. Der Regisseur, von dem in den 1980ger Jahren bereits ein Film mit ähnlichem Titel in die Kinos kam (Le Déclin de l’Empire Américain), erklärt dazu selbst: "Wir sind alle Untertanen des amerikanischen Imperiums. Der moralische Verfall des Imperiums hat begonnen uns anzustecken. Die Omnipotenz des Geldes ist nur ein Symptom dieser Krankheit. Werden wir Antibiotika finden, die stark genug sind, die Seuche zu bekämpfen?" Werden wir? Eine Antwort auf diese Frage gibt auch dieser Film nicht, aber wenn Gesellschaftskritik so unterhaltsam daherkommt, setzt man sich gerne damit auseinander.



Regie: Denys Arcand 
Drehbuch: Denise Robert
Kamera: Van Royko
Schnitt: Arthur Tarnowski
Musik: Mathieu Lussier, Louis Dufort

Darsteller:
Alexandre Landry, Maripier Morin, Rémy Girard, Louis Morissette, Maxim Roy, Pierre Curzi, Vincent Leclerc, Patrick Èmmanuel Abellard, Florence Longpré
 

MFA+FilmDistribution
Kanada 2018
129 min.
Deutscher Kinostart: 01. August 2019


Donnerstag, 25. Juli 2019

Film-Rezensionen: Cleo


Wer hätte sich nicht schon einmal gewünscht, die Zeit zurück drehen zu können, sei es um einen schönen Moment noch einmal zu erleben, oder aber, noch wichtiger, um ein schreckliches Ereignis ungeschehen zu machen. Cleo (Marleen Lohse) möchte nichts dringender als letzteres, denn in ihrem jungen Leben hat sie bereits viel Kummer erfahren, als sie früh ihre Eltern verlor, schlimmer noch, sie gibt sich selbst die Schuld daran. Grund genug, um sich auf die Suche nach einer magischen Uhr zu machen, die seit den 1920ger Jahren verschwunden ist, seit den Tagen der Brüder Sass, einem bekannten Berliner Ganovenpaar, um deren Beute sich viele Mythen ranken. Mit Hilfe des Abenteurers Paul (Jeremy Mockridge), einer alten Karte und dem skurrilen Duo Günni und Zille geht Cleo auf eine Schatzsuche im heutigen Berlin zwischen Oberbaumbrücke und Teufelsberg, bei der sie tief in die Vergangenheit der Stadt und deren Geschichte eintaucht und überraschende Begegnungen mit längst Verstorbenen auf sie warten, um dabei auf die wichtige philosophische Frage zu stoßen, ob man die Vergangenheit nicht loslassen muss, um in der Gegenwart anzukommen.

Der Film von Erik Schmitt ist ein fantasievolles Sommermärchen, angesiedelt in einem magisch anmutenden Berlin, fern von allen hässlichen Auswüchsen, aber das ist in Märchen eben so. Schmitt schafft mit immer wieder überraschenden und originellen Tricksequenzen ein sehr visuelles Filmerlebnis, bei dem die erzählte Geschichte manchmal etwas zu kurz kommt, einige Nebenrollen leicht ins Klamaukige abgleiten und der Darsteller des Paul etwas farblos bleibt. Umso mehr überzeugt Marleen Lohse als verträumte, aber dennoch energische Cleo, die etwas, das sie sich einmal vorgenommen hat, gegen alle Widerstände zu Ende bringt. Anspielungen auf „Die wunderbare Welt der Amélie“ sind eher gewollt als zufällig, das Vorbild erreicht der Film nicht ganz, aber hinter Audrey Tautou braucht sich Marleen Lohse auf keinen Fall zu verstecken.




Regie: Erik Schmitt
Drehbuch: Stefanie Ren, Erik Schmitt
Kamera: Johannes Louis
Schnitt: David J. Rauschning
Musik: Johannes Repka

Darsteller:
Marleen Lohse, Fabian Busch, Jeremy Mockridge, Heiko Pinkowski, Max Mauff, Max Befort,
Ben Münchow, Anna Böttcher, Andrea Sawatzki und Jean Pütz

Weltkino Filmverleih
99 min.
Deutscher Kinostart: 25. Juli 2019


Film-Rezensionen (Homerelease): Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks (Le secret de la potion magique)

In dem weltberühmten gallischen Dorf ist die Zeit nicht stehengeblieben. Als der Druide Miraculix eines Tages vom Baum fällt, findet er es an der Zeit, über seinen Ruhestand und damit einen Nachfolger nachzudenken, der dann auch in das Geheimnis des Zaubertranks eingeweiht werden müsste. Obwohl alle Männer des Dorfes dagegen sind, machen sie sich gemeinsam mit dem Druiden auf den Weg, um überall im Land nach geeigneten Kandidaten Ausschau zu halten. Das Dorf bleibt derweil, versehen mit einem ordentlichen Kessel voll Zaubertrank, in der Obhut der Frauen und des Barden. Doch es droht Gefahr in Gestalt eines alten Widersachers, der intrigante Druide Dämonix möchte die Gunst der Stunde nutzen, sich in den Besitz der geheimen Formel zu bringen, um – dem Plan so vieler Bösewichter folgend – nichts weniger als die Weltherrschaft an sich zu reißen, und Asterix und seine Freunde müssen wieder einmal alles geben, um dies zu verhindern.

In bewährter Manier werden die bekannten Elemente der Geschichte zu einer neuen Story gemischt, die zwar vorhersehbar, aber dennoch nett anzuschauen ist. Man wird es einfach nicht leid, immer wieder zu sehen, wie die Römer verkloppt werden, Obelix ein Wildschwein verspeist oder Asterix einen neuen Plan schmiedet. Neu ist diesmal ein kleines Mädchen mit einer kleinen, aber wichtigen Rolle, das Potential für zukünftige Aufgaben im Dorf hat, ob es dazu kommt, wird sich zeigen. Die Form des Zeichentrick- bzw. Animationsfilms bleibt im Vergleich zu den Realfilmen die eindeutig bessere Variante, insbesondere wenn sie wie hier in verbesserter 3D-Animation daherkommt. Die deutschen Stimmen der Hauptpersonen stammen dankenswerterweise von gestandenen Schauspielern bzw. Synchronsprechern, und so steht einem unterhaltsamen Filmvergnügen mit den beliebten gallischen Helden nichts im Weg.


Regie: Alexandre Astier, Louis Clichy
Drehbuch: Alexandre Astier, b/a den Vorlagen von
René Goscinny und Albert Uderzo
Kamera: David Dulac
Schnitt: Bertrand Maillard
Musik: Philippe Rombi

Darsteller
Stimmen deutsch
Milan Peschel, Charly Hübner, Thomas Rau, Alexander Duda u.a.
Original:
Christian Clavier, Guillaume Briat

Universum Film
Animation/ Frankreich 2018
Homerelease: 26. Juli 2019


 Alle Formate:
Sprachen: Deutsch, Französisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Making of, Interviews, B-Roll

Details DVD:
Laufzeit: ca. 82 min.
Bildformat: 2,40: 1 (16:9 anamorph)
Ton DD 5.1

Details Blu-ray:
Laufzeit: ca. 85 min.
Bildformat: 2,40:1 (1080p/24)
Ton: DTS-HD MA 5.1

Details Blu-ray 3D/2D:
Laufzeit: ca. 85 min.
Bildformat: 2,40:1 (1080p/24, 3D)
Ton: DTS-HD MA 5.1

Details UDH Blu-ray
Laufzeit: ca. 170 min.
Bildformat: 2,40:1 (2160p/24), 2,40:1 (1080p/24)
Ton: DTS-HD MA 5.1


TV-Rezensionen (Homerelease): F is for Family (F steht für Familie)


Die US-Serie führt auf eine Zeitreise zurück in die 1970ger: Familienvater Frank Murphy lebt mit Frau und drei Kindern in einer amerikanischen Vorstadt und führt das typische Leben dieser Jahre. Er ist Gepäckarbeiter bei der Fluggesellschaft Mohican Airways, als sein Chef bei einem tragischen Propellerunfall (ugh…) ums Leben kommt, erhält er dessen Stelle. Damit steht er plötzlich zwischen seinen alten Kollegen und der Geschäftsleitung, ein Spagat, der ihn nach einem drohenden Streik, den er zwar abwenden kann, seinen Job kostet.

Seine Frau Sue fühlt sich als Hausfrau unterfordert und startet eine Karriere als
Verkäuferin von Plast-a-Ware-Produkten, den berüchtigten Haushaltshelfern aus Plastik. Der älteste Sohn Kevin pubertiert heftig und hasst alles, was sein Vater macht, der mittlere Billy ist ein Weichei und die kleine Maureen spielt am liebsten mit den Schmuddelkindern der Nachbarschaft.
 
Das ist Franks Leben, das, wie es der Vorspann jeder einzelnen Folge treffend und ohne Worte zeigt, einst so hoffnungsvoll begann: Nach dem Schulabschluss Start zum Höhenflug in eine verheißungsvolle Zukunft, dann Militärdienst in Korea, das erste Kind, Hochzeit, die Taille wird weiter, die Haare weniger, die Flügel sind gestutzt, und danach kommt nicht mehr viel. Dabei hilft es nicht, einen Nachbarn wie Vic zu haben, dessen Singleleben mit Partys und jungen Mädchen Neidgefühle heraufbeschwört, daneben bevölkern noch ein paar weitere mehr oder weniger bizarre Nebenfiguren den nachbarschaftlichen Kosmos, wie es halt so ist im Leben…

Die Serie erinnert in (Zeichen)Stil und Botschaft an Dave Bergs Reihe „The Lighter Side of…“ in dem Satiremagazin MAD und beleuchtet die Geschicke der Familie Murphy mit bösem Witz und teilweise anarchischen Gags, am Ende weiß niemand so genau, ob er lachen oder doch eher weinen soll.


  Episoden Staffel 1:
 1.Die roten Tränen von Göteborg (The Bleedin’in Sweden)
2. Samstagshorror (Saturday Bloody Saturday)
3. Fehlschläge (The Trough)
4. Ein schrecklicher Tag (F’ ist for Halloween)
5. Bill Murphys freier Tag (Bill Murphy’s Day Off)
6. Ach du heilige Nacht (O Holy Moly Night)



Regie: Benjamin Marsaud, Laurent Nicolas
Drehbuch: wechselnd
Darsteller/ Sprecher:
Deutsch: Michael Pan, Maud Ackermann, Julien Haggége, Peter Lontzek
Original: Bill Burr, Laura Dern, Justin Long, Sam Rockwell

Gaumont International Television/ Wild West Television
USA 2015
Animation, Comedy
FSK: 16
Erscheinungsdatum:
26. Juli 2019 (digital)
02. August 2018 (DVD + Blu-ray)

Details DVD:
 Laufzeit: 180 min. (6x30 min.)
Bildformat: 16:9
Sprache: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Trailershow

Details Blu-ray:
Laufzeit: 180 min (6x 30 min.)
Bildformat: 1080p24/ AVC
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Trailershow

Dienstag, 23. Juli 2019

Film-Rezensionen: Leid und Herrlichkeit (Dolor y Gloria)


Mit einem stark autobiographisch geprägten Film meldet sich Spaniens Regiestar Pedro Almodóvar zurück. 

Der in die Jahre gekommene Filmregisseur Salvador Mallo (Antonio Banderas) kämpft mit altersbedingten Gebrechen und seinen Erinnerungen an vergangene Zeiten. Über drei Zeitebenen fächert sich sein Leben in Bildern auf, vom kleinen Jungen, der von seiner Mutter Jacinta (Penélope Cruz) umsorgt wird und eine erste homoerotische Verliebtheit erlebt, über seine erfolgreiche berufliche Karriere bis in die Gegenwart.


Es ist kein Blick zurück im Zorn, sondern von Melancholie und einer gewissen Schwermut geprägt, nicht alle Lebensphasen waren glücklich, es gab Streit, Zerwürfnisse, aber auch Liebe und Leidenschaft. Berührende Momente, wie die aktuellen Besuche bei seiner inzwischen pflegebedürftige Mutter, wechseln mit komischen Begegnungen sowie gelegentlich gepflegtem Drogengenuss (die Schmerzen…), und der Zuschauer folgt dem Protagonisten Salvador gern auf seiner Zeitreise in diesem poetischen Film über Vergänglichkeit und späte Lebenslust, voll und ganz getragen von dem wunderbaren Antonio Banderas als Almodóvars Alter Ego, der für diese Darstellung zu Recht beim diesjährigen Filmfestival in Cannes als bester Schauspieler ausgezeichnet wurde.


Regie: Pedro Almodóvar
Drehbuch: Pedro Almodóvar
Kamera: José Luis Alcaine
Schnitt: Teresa Font
Musik: Alberto Iglesias

Darsteller:
Antonio Banderas, Leonardo Sbaraglia, Penélope Cruz, Asier Etxeandia, Nora Navas, Julietta Serrano.

Studiocanal
113 min.
Deutscher Kinostart: 25. Juli 2019


Donnerstag, 18. Juli 2019

Film-Rezensionen: Ausgeflogen (Mon Bébé)


Als geschiedene Mutter von drei Kindern und Managerin ihres eigenen Restaurants hat Héloïse (Sandrine Kiberlain) ein ausgefülltes Leben, nur für eine neue Partnerschaft ist dabei kein Raum. Auf zwei Zeitebenen sieht man sie ihre diversen Aufgaben bewältigen, sieht sie als engagierte Kämpferin und liebevolle Mutter, die auf ihre manchmal unkonventionelle Art aber auch die beste Freundin ihrer jüngsten Tochter Jade (Thaïs Alessandrin) sein kann, wenn sie ihr z.B. beim Schummeln während einer Probeabiklausur hilft. Als Jade die Zusage für einen Studienplatz in Kanada erhält, bedeutet dies einen Einschnitt in ihrer aller Leben, den die flügge werdende Tochter besser zu bewältigen scheint, als ihre Mutter. Mit Hilfe der beiden anderen Kinder und ihrem Handy, mit dem sie so viele der letzten gemeinsamen Momente wie möglich festzuhalten versucht, will Héloïse den bevorstehenden Wendepunkt in ihrem Leben verarbeiten, dabei vergisst sie mitunter, die verbliebene gemeinsame Zeit zu genießen.

Der Film trägt autobiographische Züge aus dem Leben der Regisseurin Azuelos, die darin genau diese Thematik mit ihrer eigenen Tochter verarbeitet, die Filmtochter wird sogar von ihrer eigenen Tochter dargestellt. Die unwiderstehliche Sandrine Kiberlain macht aus ihrer Rolle eine energiegeladene One-Woman-Show, in ihr werden sich viele Frauen und Mütter wiedererkennen, die sich in der gleichen Situation befinden, sie werden mit ihr lieben, kämpfen und leiden, und als Zuschauer kann man sich einmal mehr darüber freuen, wie es französischen Filmemachern immer wieder gelingt, aktuelle Themen unterhaltsam aufzuarbeiten, diesen ihre durchaus innewohnende Schwere zu nehmen und ernste Probleme mit einer heiteren Leichtigkeit erträglich zu machen. So ist ein emotionaler Film entstanden über Familienbande, die durch gegenseitiges Loslassen nicht zerreißen, sondern vielleicht sogar stärker werden, wenn man sich gleichzeitig Raum für notwendige Neuanfänge schafft.


Regie: Lisa Azuelos
Drehbuch: Lisa Azuelos
Dialoge: Lisa Azuelos, Thierry Teston, Thaïs Alessandrin
Kamera: Antoine Sanier
Schnitt: Baptiste Druot
Musik: Yaël Naim

Darsteller:
Sandrine Kiberlain, Thaïs Alessandrin, Victor Belmondo, Camille Claris, Mickael Lumière,
Kyan Khojandi, Arnaud Valois, Patrick Chesnais, Yvan Attal
 
Alamode Film
87 min.
Deutscher Kinostart: 18. Juli 2019

Mittwoch, 17. Juli 2019

Film-Rezensionen: Child's Play


Chucky is back! Darauf hat die Fangemeinde dieser Horrorpuppe sicher seit langem gewartet, nachdem die in den 1980ger Jahren gestartete populäre Reihe sich mit jeder Fortsetzung immer mehr zu einer bizarren Horrorschmonzette entwickelt hatte.

In diesem Reboot kehrt die Chucky Horror Picture Show nun wieder zurück, allerdings mit leicht veränderten Details, in denen man durchaus eine über das Genre hinaus reichende Kritik an unserer volldigitalisierten Welt erkennen kann. So steckt in Chucky kein wiedergeborener Serienmörder, sondern die aktuelle Puppe ist ein ganz normales Spielzeug, entwickelt von einem Unternehmen, das sich mit diversen Produkten für den rundum vernetzten Haushalt, vom Staubsauger über das Küchengerät bis zum Spielzeug – Siri, Alexa & Co. lassen grüßen – auf der Höhe der Zeit befindet. Dummerweise hat ein unzufriedener Mitarbeiter der Firma in dieser Puppe sämtliche eingebauten Sicherheitsfilter entfernt, und so kommt eine etwas andere Version in das Heim des Teenagers Andy (Gabriel Bateman) und seiner Mutter Karen (Aubrey Plaza).

Andy ist ein Einzelgänger, und zwischen ihm und Chucky entwickelt sich eine Freundschaft, die an jene zwischen E.T. und Elliott erinnert, was auch in diversen Szenen zitiert wird. Allerdings wacht Chucky immer eifersüchtiger darüber, dass keine störenden Einflüsse ihre Beziehung beeinträchtigen, zur Not müssen diese dann halt eliminiert werden. Wie andere Fremdlinge lernt er alles, was er dafür braucht, aus dem Fernseher. Allerdings laufen dort Filme wie das „Texas Chainsaw Massacre", und so löst manch unbedachtes Wort von Andy gegen eine andere Person das ein oder andere Blutbad aus, wer auf Slasher-Elemente steht, wird sicher auf seine Kosten kommen. Wie im wahren Leben zeigt sich, dass man keine Feinde braucht, wenn man solche Freunde hat, aber wie wird man die Geister, die man rief, am Ende wieder los, eine Frage, die wir alle uns vielleicht bald stellen müssen…

Der Film spielt mit alten und bekannten Ängsten und fügt ein paar neue hinzu, wann wird der erste durchgeknallte Programmierer zuschlagen, wer hört uns heute schon in unserem smart aufgerüsteten Heim zu, und wann wird das Internet der Dinge die Herrschaft übernehmen. Chucky ist im Grunde kein schlechter Kerl, so die Botschaft, er will nur unser Freund sein und schießt dabei manchmal ein wenig übers Ziel hinaus, dabei wendet er lediglich an, was er in seinem Umfeld von den Menschen lernt und aufschnappt. Hier können wir die Gefahr an seinen drohend rot aufleuchtenden Augen erkennen, so einfach machen es uns die anderen Dinge nicht, da müssen wir schon auf subtilere Zeichen achten, sonst flüstern uns Alexa, Siri, Cortana und ihre Freunde eines Tages zu: Time to play!



Regie: Lars Klevberg
Drehbuch: Tyler Burton-Smith, b/a Charakteren von Don Mancini
Kamera: Brendan Uegama
Schnitt: Tom Elkins, Julia Wong
Musik: Bear McCreary

Darsteller:
Aubrey Plaza, Gabriel Bateman, Mark Hamill (Stimme), Brian Tyree-Henry, Tim Matheson,

Orion Pictures/ MGM
90 min.
Deutscher Kinostart: 18. Juli 2019




Dienstag, 16. Juli 2019

Film-Rezensionen: Der König der Löwen (The Lion King)

In der Reihe von Neuverfilmungen alter Klassiker ist nun der erfolgreichste Zeichentrickfilm im Hause Disney an der Reihe. Eine ganze Generation ist mit dem Film von 1994 groß geworden, eine Version des Werks mit den Songs von Sir Elton John ist Stammgast auf den Musicalbühnen der Welt. Nun also kommt der neue Film mit dem altbekannten shakespearschen Thema zurück auf die große Leinwand, und was dort zu sehen ist, ist technisch das zur Zeit Beste, was man sich vorstellen kann.    

Die Handlung ist vertraut: Der kleine Löwe Simba ist nach einem Königsmord an seinem Vater Mufasa gefordert, sich seinen rechtmäßigen Platz gegen den intriganten Onkel Scar zu erkämpfen, aber dafür muss er erst erwachsen und stark wie ein Löwe werden, um den Kreislauf des Lebens fortzusetzen.

Was die Neuauflage rechtfertigt, sind die gestochen scharfen, absolut natürlich wirkenden
Bilder, die den Animationsfilm auf eine neue Ebene heben, wobei man die Szenen der alten Vorlage fast eins zu eins übernommen hat. Tiere und Landschaft sind so echt, dass man immer wieder geneigt ist, zu glauben, es handele sich um eine Dokumentation, und diese Stärke des Films ist gleichzeitig auch seine Schwäche. Man akzeptiert irgendwann zwar, dass die Tiere sprechen und handeln wie Menschen, wenn sie dann aber anfangen zu singen, stößt das Werk an seine Grenzen. Wer die Songs aus dem früheren Film und den Musicalversionen kennt, wird sie wahrscheinlich wieder lieben, obwohl ihnen, bis auf die Eingangssequenz, die afrikanische Note vollkommen fehlt – hieran ändert auch das eher popsongmäßige „Hakuna Matata" nichts. Und bei allem Respekt für Sir Elton John, an die unvergleichlichen Lieder aus dem "Dschungelbuch" kommt dieser bei weitem nicht heran, so wirkt der Gesang stellenweise wie ein Fremdkörper, auf den man gerne hätte verzichten können.

In der Originalfassung leihen fast ausschließlich schwarze Akteure den Figuren ihre Stimmen, in der deutschen Fassung setzt man auf eher unbekannte Synchronsprecher, dankenswerterweise unter Verzicht auf die so üblich gewordenen Youtuber, Influencer und Z-Promis –, wobei Sprech- und Gesangparts noch einmal aufgeteilt wurden.

Bei all der Schwere und Dramatik der Handlung dürfen auch dieses Mal die beiden liebenswerten Clowns Pumbaa, das Warzenschwein, und Timon, das Erdmännchen, für ein paar nette Gags sorgen, die den durchaus unterhaltsamen Zweistunden-Film abrunden.

Am Ende fragt man sich allerdings, wenn der überwältigende Eindruck der technischen Brillanz etwas nachlässt, ob es sich wirklich lohnt, einen solchen Aufwand zu betreiben, um eine alte Geschichte fast wortwörtlich noch einmal zu erzählen, oder ob man beim nächsten Mal nicht etwas von dem Geld, das dieser Film gekostet hat, in eine neue Geschichte investiert. Nur so ein Gedanke…

 

Regie: Jon Favreau
Drehbuch: Jeff Nathanson, b/a story von Brenda Chapman und den Charakteren von Irene Mecchi, Jonathan Roberts und Linda Woolverton
Kamera: Caleb Deschanel
Schnitt: Adam Gerstel, Mark Livolsi
Musik: Hans Zimmer

Stimmen (Original:
Mufasa - James Earl Jones
Scar - Chiwetel Ejiofor
Simba (jung) - JD McCRary
Simba - Donald Glover
Nala (jung) - Shahadi Wright Joseph
Nala - Beyoncé Knowles-Carter
Zazu - John Oliver
Pumbaa - Seth Rogen
Timon - Billy Eichner
Rafiki - John Kani

Disney
118 min.
Deutscher Kinostart: 17. Juli 2019


Fotos und Clip: Copyright Walt Disney Company

Donnerstag, 4. Juli 2019

Film-Rezensionen: Apollo 11


Vor genau 50 Jahren betrat der erste Mensch den Mond, die Älteren werden sich erinnern.
Zum Jubiläum dieser legendäreWeltraummission kommt nun dieser faszinierende Dokumentarfilm in die Kinos. Wer damals das Ereignis live auf dem heimischen TV-Bildschirm in grieseligem Schwarzweiß verfolgt hat, sollte sich nicht entgehen lassen, den historischen Moment nun noch einmal in digital bearbeiteter, brillanter und gestochen scharfer Bildqualität auf der großen Leinwand im Kino zu erleben. Aus bisher unveröffentlichten Originalaufnahmen und über 11000 Stunden Audiomaterial ist ein faszinierender Film entstanden, der auch den jüngeren Zuschauer die Möglichkeit bietet, quasi live bei einem der spektakulärsten Menschheitsabenteuer dabei zu sein. 





Regie: Todd Douglas Miller

Dokumentarfilm
Universal/ Piece of Magic
93. min.
Deutscher Kinostart: 07. Juli 2019 in ausgewählten Kinos
  Bilder und Clip Copyright © 2019 Piece of Magic

Film-Rezensionen: Annabelle 3 (Annabelle Comes Home)

Während Babysitter Mary Allen eines Abends im Hause des berühmten Dämonologen-Ehepaares Lorraine und Ed Warren auf deren Tochter Judy aufpasst, beschwört Mary Allens neugierige Freundin Daniela unbeabsichtigt sämtlich Dämonen herauf, die die Warrens in einer Kammer ihres Hauses sorgsam verschlossen glauben. Der Schlimmste von allen, der in der berüchtigten Puppe Annabelle steckt, sorgt für eine schlaflose Horrornacht, die die drei Mädel so schnell nicht mehr vergessen werden.
Ob es dem Zuschauer genauso ergeht, hängt von dem jeweiligen Geschmack in Bezug auf Horrorfilme ab. Wer es liebt, wenn Körperteile abgetrennt werden und das Blut nur so spritzt, der wird enttäuscht den Saal verlassen, denn – Achtung Spoiler!

 -– außer einem Huhn kommt niemand körperlich zu Schaden und selbst das geschieht außerhalb des Sichtfeldes.


Die Gruselelemente werden von recht guten Soundeffekten untermalt, die helfen, die Spannung immer wieder von neuem aufzubauen, durch endloses Hinauszögern werden die Nerven aufs Äußerste gereizt und die Erwartung auf die Spitze getrieben, doch ein ums andere Mal fällt diese Spannung nach einem – manchmal durchaus heftigen – Moment des Erschreckens in sich zusammen wie ein überladenes Kartenhaus. Es dürfen sich verschiedene Horrorfiguren austoben – vor allem eine blutrünstige Braut und ein wilder Werwolf – , alle dirigiert von der bösen Annabelle, die selbst allerdings ziemlich unbeweglich und auf ihren einmal gegebenen boshaften Gesichtsausdruck limitiert bleibt. Wie nach einem ordentlichen Albtraum ist am nächsten Morgen alles wieder gut und die Warrens können ihre geliebte Tochter unversehrt in die Arme schließen.

Wer die Effekte einer altmodischen Geisterbahn oder Schauergeschichten am Lagerfeuer mag und wer sich sehnlichst eine Fortsetzung der Annabelle- und Conjuringreihe gewünscht hat, kommt wahrscheinlich auf seine Kosten, die anderen warten auf härteren Stoff – vielleicht Chucky? („Child’s Play" - demnächst hier…)

Demonic spirits don’t possess things, they possess people.
It wanted to get inside of you. (Lorraine)



Regie: Gary Dauberman
Drehbuch: Gary Dauberman, b/a stroy von James Wan
Kamera: Michael Burgess
Musik: Joseph Bishara
 
Darsteller:
Mckenna Grace, Madison Iseman, Katie Sarife, Patrick Wilson, Vera Farmiga

Warner Brothers/ New Line Cinema
106 min.
Deutscher Kinostart: 04. Juli 2019


Bilder und Clip ©Warner Bros.

Mittwoch, 3. Juli 2019

Film-Rezensionen: Kroos

Ein Dokumentarfilm über Toni Kroos? Den Fußballer? Im Kino? Wer sich diese Fragen stellt, weiß zumindest einmal, wer und was Toni Kroos ist, bei weiteren Details werden sich die meisten aber schon schwer tun, denn es gibt wenige Superstars in der Welt des Fußballs, die so wenig in der Öffentlichkeit stehen. Dass Kroos ein Superstar ist, wird auch der letzte Zweifler nach diesem Film zugeben müssen, denn dafür sprechen zum einen seine vielen Erfolge und Titel – Weltmeister, vier Mal Champions League-Sieger (3x mit Real Madrid, 1x mit dem FC Bayern München), einmal spanischer Meister, einmal spanischer Superpokalsieger, drei Mal deutscher Meister und dreimal Pokalsieger mit Bayern München, um nur die wichtigsten zu nennen. Zum anderen entsteht aus den Aussagen seiner Kollegen, vor allem bei Real Madrid, ein Bild, das sich erst auf den zweiten Blick zu erschließen scheint, nämlich das des Motors und Regisseurs auf dem Platz, von dem Tempo und Spielweise maßgeblich abhängen. Wenn selbst ein Kenner wie Marcel Reif gesteht, dass er Kroos früher unterschätzt habe, wird verständlich, weshalb es vielleicht doch keine schlechte Idee war, diesen Film in die Kinos zu bringen, um dem erfolgreichsten deutschen Spieler aller Zeiten auf diese Weise ein Denkmal zu setzen. 

Der Film lässt eine illustre Schar von Spielern und Trainern zu Wort kommen, von Bale über Modric bis Ramos, von Guardiola, Zidane und Heynckes bis Löw, auch ein Edelfan wie Robbie Williams darf sich äußern, und so entsteht das Bild des Spielers Kroos. Das des Menschen dahinter wird durch Aussagen seiner Familie, allen voran seiner Frau, der Eltern und des Bruders Felix sichtbar, schließlich lässt sich auch die Hauptperson selbst auf die Sache ein und Toni Kroos trägt seinen Teil dazu bei, indem er, der sich ansonsten nie in den Vordergrund drängt, ein wenig Einblick in sein Leben, von Greifswald bis Madrid, gewährt. 
Dabei wird deutlich, dass sein Verhalten tatsächlich keine Arroganz oder Abgehobenheit darstellt, sondern seine Persönlichkeit widerspiegelt, dass er ein Mensch ist, der nach wie vor nicht an Glamour und Skandalen interessiert ist, sondern solide aber effizient seine Arbeit macht. Wer das langweilig nennt, weiß es halt nicht besser. Wie wenig Kroos offensichtlich daran liegt, im Mittelpunkt zu stehen, zeigt ein Foto aus der Mannschaftskabine nach dem WM-Gewinn mit Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck und einem Toni Kroos irgendwo im Hintergrund, mit seinen Schuhen beschäftigt. Schließlich wird auch sein soziales Engagement in Gestalt einer Stiftung für schwerstkranke Kinder beleuchtet, ein Engagement, das man von einer Person mit seinem Status sicher auch erwarten darf.
Dass er auch geschickt verhandeln und seine Interessen verfolgen kann, macht sein Abgang von Bayern München deutlich, eine interessante Episode, die manch einer im Vorfeld schon als Abrechnung mit seinem Ex-Verein und als unschönes „Nachtreten" interpretiert hat – vielleicht ohne den Film überhaupt gesehen zu haben. In ein Porträt gehören alle biographischen und beruflichen Details, so darf das „Missverständnis“ Bayern München auch nicht fehlen. Uli Hoeneß kommt selbst zu Wort, wie die Sache zu werten ist, darüber mag sich danach jeder Zuschauer selbst ein Urteil bilden.

 
Regie: Manfred Oldenburg
Dokumentarfilm
Deutscher Kinostart: 04. Juli 2019


Bilder und Clip:
© BROADVIEW Pictures