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Mittwoch, 3. Juli 2019

Film-Rezensionen: Kroos

Ein Dokumentarfilm über Toni Kroos? Den Fußballer? Im Kino? Wer sich diese Fragen stellt, weiß zumindest einmal, wer und was Toni Kroos ist, bei weiteren Details werden sich die meisten aber schon schwer tun, denn es gibt wenige Superstars in der Welt des Fußballs, die so wenig in der Öffentlichkeit stehen. Dass Kroos ein Superstar ist, wird auch der letzte Zweifler nach diesem Film zugeben müssen, denn dafür sprechen zum einen seine vielen Erfolge und Titel – Weltmeister, vier Mal Champions League-Sieger (3x mit Real Madrid, 1x mit dem FC Bayern München), einmal spanischer Meister, einmal spanischer Superpokalsieger, drei Mal deutscher Meister und dreimal Pokalsieger mit Bayern München, um nur die wichtigsten zu nennen. Zum anderen entsteht aus den Aussagen seiner Kollegen, vor allem bei Real Madrid, ein Bild, das sich erst auf den zweiten Blick zu erschließen scheint, nämlich das des Motors und Regisseurs auf dem Platz, von dem Tempo und Spielweise maßgeblich abhängen. Wenn selbst ein Kenner wie Marcel Reif gesteht, dass er Kroos früher unterschätzt habe, wird verständlich, weshalb es vielleicht doch keine schlechte Idee war, diesen Film in die Kinos zu bringen, um dem erfolgreichsten deutschen Spieler aller Zeiten auf diese Weise ein Denkmal zu setzen. 

Der Film lässt eine illustre Schar von Spielern und Trainern zu Wort kommen, von Bale über Modric bis Ramos, von Guardiola, Zidane und Heynckes bis Löw, auch ein Edelfan wie Robbie Williams darf sich äußern, und so entsteht das Bild des Spielers Kroos. Das des Menschen dahinter wird durch Aussagen seiner Familie, allen voran seiner Frau, der Eltern und des Bruders Felix sichtbar, schließlich lässt sich auch die Hauptperson selbst auf die Sache ein und Toni Kroos trägt seinen Teil dazu bei, indem er, der sich ansonsten nie in den Vordergrund drängt, ein wenig Einblick in sein Leben, von Greifswald bis Madrid, gewährt. 
Dabei wird deutlich, dass sein Verhalten tatsächlich keine Arroganz oder Abgehobenheit darstellt, sondern seine Persönlichkeit widerspiegelt, dass er ein Mensch ist, der nach wie vor nicht an Glamour und Skandalen interessiert ist, sondern solide aber effizient seine Arbeit macht. Wer das langweilig nennt, weiß es halt nicht besser. Wie wenig Kroos offensichtlich daran liegt, im Mittelpunkt zu stehen, zeigt ein Foto aus der Mannschaftskabine nach dem WM-Gewinn mit Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck und einem Toni Kroos irgendwo im Hintergrund, mit seinen Schuhen beschäftigt. Schließlich wird auch sein soziales Engagement in Gestalt einer Stiftung für schwerstkranke Kinder beleuchtet, ein Engagement, das man von einer Person mit seinem Status sicher auch erwarten darf.
Dass er auch geschickt verhandeln und seine Interessen verfolgen kann, macht sein Abgang von Bayern München deutlich, eine interessante Episode, die manch einer im Vorfeld schon als Abrechnung mit seinem Ex-Verein und als unschönes „Nachtreten" interpretiert hat – vielleicht ohne den Film überhaupt gesehen zu haben. In ein Porträt gehören alle biographischen und beruflichen Details, so darf das „Missverständnis“ Bayern München auch nicht fehlen. Uli Hoeneß kommt selbst zu Wort, wie die Sache zu werten ist, darüber mag sich danach jeder Zuschauer selbst ein Urteil bilden.

 
Regie: Manfred Oldenburg
Dokumentarfilm
Deutscher Kinostart: 04. Juli 2019


Bilder und Clip:
© BROADVIEW Pictures

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