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Donnerstag, 30. Mai 2019

Film-Rezensionen: Zwischen den Zeilen (Doubles Vies)

Wer im Umfeld eines Schriftstellers lebt, muss immer damit rechnen, dass er in dessen Werken auftaucht. Wenn man Glück hat, verfremdet der Autor seine Figuren, so dass sie in ihrem Umfeld nicht sofort erkennbar sind. Diese Mühe macht sich Léonard (Vincent Macaigne) nicht, so dass sich gerade nach gescheiterten Beziehungen seine Verflossenen ziemlich eindeutig in seinen Werken wiederfinden. Sein Verleger Alain (Guillaume Canet) stößt sich bei Léonards letztem Roman nicht nur daran, er befindet sich mit seinem Verlag gerade in einem Umbruch und vor die Frage gestellt, ob Gedrucktes neben Digitalem, E-Books, Blogs und Hörbüchern, überhaupt noch zeitgemäß ist. Hierüber wird sowohl im Verlag als auch in privaten Gesprächen gerade sehr viel diskutiert, dabei sind auch Alains Frau Selena (Juliette Binoche), eine erfolgreiche Bühnenschauspielerin, die sich gerade in einer TV-Rolle versucht, und Alains junge Mitarbeiterin für Digitales, Laure (Christa Théret), Léonards Frau Valérie (Nora Hamzawi) hingegen ist als Wahlkampfhelferin eines Politikers im Dauereinsatz und scheint von vielen Dingen nichts mitzubekommen.

Während man sich in intellektuellen Gesprächen und Diskussionen gepflegt die Köpfe heiß redet, brodeln dahinter aber immer noch die gleichen Gefühle und Verwirrungen wie vor der digitalen Revolution: Selena hat ein Verhältnis mit Léonard und Alain mit seiner jungen Mitarbeiterin. Als Alain Léonard eröffnet, dass er sein neuestes Buch nicht verlegen wird, ist nicht klar, ob er in der weiblichen Hauptfigur nicht doch seine Frau erkannt hat, obwohl sich Léonard diesmal redlich Mühe gegeben hat, diese zu verfremden, und auch Selena wird misstrauisch, wenn Alain wieder einmal Überstunden macht. So werden die Gespräche immer ambivalenter und zwischen den Zeilen lässt sich stets etwas anderes heraushören, als offen gesagt wird.

Mit dieser Doppelbödigkeit spielt der Film auf amüsante Art und macht den Zuschauer zum Komplizen, der stets mehr als die Protagonisten zu wissen glaubt, aber auch nicht ganz sicher sein kann, inwieweit diese das Spiel mit dem Lesen zwischen den Zeilen inzwischen beherrschen. Wer Spaß an dialogreichen und intellektuellen Verwicklungen hat, wird sich bei diesem gekonnt und mit leichter Hand inszenierten Film gut unterhalten, um vielleicht am Ende das Fazit zu ziehen, dass sich manche Dinge auch im digitalen Zeitalter so schnell nicht ändern...


Regie: Olivier Assayas
Drehbuch: Olivier Assayas
Kamera: Yorick Le Saux
Schnitt: Simon Jacquet

Darsteller:
 Guillaume Canet, Juliette Binoche, Vincent Macaigne, Nora Hamzawi, Christa Théret, Pascal Greggory,
 
Alamode Film
107 min.
Deutscher Kinostart: 06. Juni 2019


Dienstag, 28. Mai 2019

Film-Rezensionen: Rocketman


Reggie Dwight wächst im England der 50ger Jahre in einem farblosen und eher tristen Umfeld auf. Weder vom Vater noch von seiner Mutter erfährt er viel Zuneigung, aber als sein außergewöhnliches musikalisches Talent erkannt wird, fördert man ihn. Reggie zögert nicht, ergreift die Chance, die sich ihm bietet und damit beginnt die jahrzehntelange Erfolgsgeschichte des Elton John, wie er sich schon bald nennen wird.

So zumindest suggeriert es der Film "Rocketman", den eben dieser Elton John als Mitproduzent auf die Leinwand bringt. Er lässt seine frühen Jahre filmisch aufarbeiten, seinen steilen Aufstieg vom streng gescheitelten Knaben in kurzen Hosen zum schrillen Popstar in albernen Glitzerkostümen mit exzentrischer Brillenkollektion nachzeichnen, und der Regisseur Dexter Fletcher, der nach der Demission von Bryan Singer bereits bei dem Film „Bohemian Rhapsody“ an Bord war, wählt hierfür die einzig mögliche Form, nämlich die des Musicals, bei dem die Hits des Popstars in die Handlung eingebunden und an passender Stelle von den Akteuren geschmettert werden. Dargestellt wird John von dem jungen Taron Egerton, der bereits in dem Film "Eddie the Eagle“ Erfahrungen gesammelt hat, wie es ist, noch lebende Legenden auf die Leinwand zu bringen, und auch diesmal macht er seine Sache gut, auch wenn er nicht vollständig hinter seiner Filmfigur verschwindet.

Dexter Fletcher hat sich für sein Biopic auf den Aufstieg seines Protagonisten bis zu dessen vorläufigem Höhepunkt und Quasiabsturz vor 28 Jahren konzentriert. Wir erleben wieder einmal, wie jemand mit immensem Talent weit nach oben gespült wird, dem Druck dort jedoch, ganz gemäß dem guten alten Klischee, nur mit Sex, Alkohol, jeder Menge Drogen und ein paar kleineren Macken, wie einer ausgeprägten Kaufsucht, Stand halten kann. Fletcher erschafft in seinem unterhaltsamen Film eine quietschbunte Welt, mit viel Gesang und teilweise surreal verfremdeten Szenen, die für das Leben am Limit stehen, dabei bekommt auch Elton Johns langjähriger Partner, der Texter Bernie Taupin, dessen Gedichte John in vielen seiner Songs umgesetzt hat, seinen Platz. 

Der Film spart trotz aller Buntheit die dunklen Seiten nicht aus, die ihren Teil dazu beigetragen haben, dass aus dem kleinen Reggie einer der erfolgreichsten Künstler der letzten vierzig Jahre werden konnte. Dabei scheint die schwerste Bürde Johns Homosexualität zu sein, die ihn nach Einschätzung seiner Mutter zu einem einsamen Leben ohne Liebe verdammt, und bis zum Ende des filmischen Erzählbogens scheint sie damit auch recht zu behalten. Die ob dieser Aussicht aufkommende Verzweiflung und dunkle Leere sind der Motor sowohl für Erfolge wie für Exzesse, beides führt dann unweigerlich zu dem Zusammenbruch, der John am Ende zum Entzug in eine Suchtklinik bringt, aus der er dann geläutert wieder heraustritt, um seinem Leben eine neue, positive Wendung zu geben. Dem Paradiesvogel, als der er in knallrotem Kostüm zu Anfang und am Ende des Films erscheint, werden die Flügel auf ein für ihn gesünderes Maß gestutzt, hiervon erfährt der Zuschauer allerdings nur noch aus dem Abspann: dass er seither trocken und drogenfrei ist, mit kleinen Ausrutschern in die Kaufsucht, dass er offensichtlich doch noch die Liebe seines Lebens gefunden und in einer intakten Familie lebt, schön für ihn, aber viel zu langweilig für einen Film wie diesen, deswegen ist vorher Schluss…


Regie: Dexter Fletcher 
Drehbuch: Lee Hall
Kamera: George Richmond
Schnitt: Chris Dickens
Musik: Matthew Margeson
  
Darsteller:
Taron Egerton, Jamie Bell, Richard Madden, Bryce Dallas Howard, 
Gemma Jones, Steven Mackintosh, Tom Bennett
Paramount Pictures Germany
120 min.
Deutscher Kinostart: 30. Mai 2019


Dienstag, 21. Mai 2019

Konzert-Rezension: The Man The Music The Show - Hugh Jackman auf Tournee

Hugh Jackman ist mit einer großen Bühnenshow auf Welttournee, nur in Deutschland erfährt man darüber fast nichts. Leider hat sich offensichtlich sein Management dafür entschieden, Pressevertreter nicht zu akkreditieren, schade, denn so gab und gibt es kaum etwas darüber zu lesen, wie großartig dieser Mann auf der Bühne agiert und es bleibt als negatives „Highlight“ die völlig verunglückte SPON-Rezension im Raum stehen, die der Show, wie ich sie zumindest in Köln erlebt habe, in keiner Weise gerecht wird.

Viele kennen Hugh Jackman als Schauspieler, vor allem durch seine langjährige Paraderolle als klingenbewehrter Mutant der X-Men-Reihe Wolverine (nein, Herr Höbel, es sind keine Scherenhände…), aber über die Jahre hat er sich auch in zahlreichen und vielseitigen anderen Rollen gezeigt. Dass er im Gesangs- und Tanzfach ebenfalls zu Hause ist, hat er sowohl am Broadway, u.a. mit einem einjährigen Engagement in dem Musical „The Boy from Oz“, als auch in den Filmen „Les Misérables“ und "The Greatest Showman" bewiesen, und nun ist er noch bis Oktober mit seiner eigenen Show weltweit unterwegs.

Dass er die große Bühne beherrscht, weiß man spätestens seit 2009, als er als Gastgeber souverän und mit einigen schmissigen Gesangseinlagen durch die Oscar-Verleihung geführt hat, mehr Zuschauer an den TV-Bildschirmen kann man an einem einzigen Abend kaum erreichen. Ihn aber einmal live zu sehen, dass ist schon ein besonderes Erlebnis.

Aus seinem Leben plaudernd führt er charmant und witzig durch einen bunten Abend, begleitet von einem 20-köpfigen Orchester, einer hervorragend aufgelegten Tanztruppe und unterstützt von zwei Sängerinnen bzw. wechselnden Gaststars. Dabei versprüht er vom ersten bis zum letzten Ton – und es stimmt zumindest in Köln nicht, dass er dabei angeblich nicht jeden trifft, er hat sie ALLE getroffen! – eine unglaubliche positive Energie. Man merkt ihm bei jedem Tanzschritt den Spaß an, den er selbst dabei hat und dieser Spaß übertragt sich mühelos auf sein Publikum. Wer eine Halle wie die Lanxess-Arena, die, ohne große Werbung im Vorfeld, fast vollständig gefüllt war, zu zwei Standing Ovations während der Show bringt, der beherrscht sein Fach, insofern hat die fehlende Berichterstattung nicht geschadet, aber es wäre schön gewesen, im Nachhinein noch einmal von diversen Medien ein positives Echo zu hören.

Die Chance, ihn hier in Deutschland zu erleben ist vorerst vorbei, wer ihn noch sehen möchte, hier die weiteren Tourdaten (ohne Gewähr):



22. Mai                       Paris
24./25.  Mai               Manchester
27./28. Mai                Birmingham
30./31. Mai                Dublin
02. bis 07. Juni            London
18. Juni                      Houston, Tx.
19. Juni                      Dallas, Tx.
21. Juni                      Chicago, Il.
22. Juni                      St. Paul, Mn.
24. Juni                      Detroit, Mi.
25. Juni                      Toronto, On.
27. Juni                      Boston, Ma.
28./29. Juni                New York, Ny.
30. Juni                      Philadelphia, Pa.
01. Juli                       Washington, Dc.
03. Juli                       Atlanta, Ga.
05. Juli                       Tampa, Fl.
06. Juli                       Sunrise, Fl.
10. Juli                       Denver, Co.
11./12. Juli                 Salt Lake City, Ut.
13. Juli                       Las Vegas, Nv.
14. Juli                       Glendale, Az.
16. Juli                       San Diego, Ca.
17. Juli                       San Jose, Ca.
19./20. Juli                 Los Angeles, Ca.
02.-05.+07. August       Sydney, Aus.
10./11./13. August      Adelaide
16.-18.August              Melbourne
21./23./24. August      Perth
27. August                   Melbourne
31.08./01.+03.09.        Brisbane
06./07. September       Auckland, Nz.
01. Oktober               Boston, Ma.
02. Oktober               Philadelphia, Pa.
05. Oktober               Long Island, Ny.
06. Oktober               Newark, Nj.
09. Oktober               Pittsburgh, Pa.
10. Oktober               Columbus, Oh.
11. Oktober               Chicago, Il.
12. Oktober               Indianapolis, In.
13. Oktober               Kansas City, Mo.
15. Oktober               San Antonio, Tx.
19. Oktober               Mexico City

Mittwoch, 15. Mai 2019

Film-Rezensionen: The Sun is also a Star


Natasha Kingsley (Yara Shahidi) lebt mit ihrer Familie seit neun Jahren in New York. Nun sollen sie nach Jamaika, ihrem Herkunftsland, abgeschoben werden und Natasha bleiben noch 24 Stunden, um dieses Schicksal abzuwenden. Aber an Schicksal glaubt der Teenager nicht, ganz im Gegensatz zu Daniel Bae (Charles Melton), Sohn koreanischer Einwanderer. Er soll die hohen Erwartungen seiner Eltern erfüllen, die in ihm einen zukünftigen Mediziner sehen, während er lieber Dichter werden möchte. Als er und Natasha im hektischen und geschäftigen New York aufeinandertreffen und er sich sofort in sie verliebt, ist für ihn klar, dass dies nur Bestimmung sein kann, die einem höheren Plan folgt. Hiervon versucht er, Natasha in ihrer verbleibenden gemeinsamen Zeit zu überzeugen, eine schwierige Aufgabe, weil Natasha eher an Zahlen und Fakten glaubt als an diffuse Gefühle. Wird Daniel sie überzeugen können, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt?

Der Film, der auf einem vielfach ausgezeichneten Jugendbuch beruht, ist keine kitschige Teenagerromanze, auch wenn es ein paar gefühlige Kuss-Momente gibt. Vielmehr führt er in immer neuen Variationen vor Augen, wie wenig es braucht, damit aus einem Leben ein völlig anderes wird, ein Augenblick, eine kurze Begegnung, ein Moment, der alles entscheidend verändert. Jede Zufälligkeit kann eine Bedeutung haben, manche Menschen glauben fest daran, während andere keinen tieferen Sinn darin sehen, als dass das Leben von vielen nicht beeinflussbaren Momenten bestimmt wird. Solche Elemente ziehen sich durch den ganzen Film, geschickt wird mit zufälligen Ereignissen gespielt, die wenn nicht für den einen, dann vielleicht für jemand ganz anderen eine Bedeutung bekommen und je nachdem wird sich der Daniel in uns fragen: „Was wäre gewesen, wenn…“ oder: „Was hätte sein können...", und die Natasha in uns wird feststellen: „Was geschieht, geschieht, und wir können gar nichts daran ändern“, wir leben ein ganzes Leben, das im Lauf des Universums, in dem die Sonne auch nur ein Stern ist, nicht mehr ist als ein einziger Tag, machen wir das Beste daraus!

“We are like butterflies who flutter for a day and think it is forever.”(Carl Sagan)




Regie: Ry Russo-Young
Drehbuch: Tracy Oliver, b/a Roman von Nicola Yoon
Kamera: Autumn Durald
Schnitt: Joe Landauer
Musik: Herdís Stefánsdóttir

Darsteller:
Yara Shahidi, Charles Melton, Keong Sim, Jake Choi, John Leguizamo
 
Warner Brothers
120 min.
Deutscher Kinostart: 16. Mai 2019


Film-Rezensionen: Das Familienfoto (Photo de Famille)


Die Geschwister Gabrielle (Vanessa Paradis), Elsa (Camille Cotin) und Mao (Pierre Deladonchamps) wurden als Kinder bei der Scheidung ihrer Eltern Claudine (Chantal Lauby) und Pierre (Jean-Pierre Bacri) aufgeteilt, die Schwestern lebten beim Vater und Mao bei der Mutter. In den Ferien kamen sie immer bei den Großeltern auf dem Land in dem kleinen Dorf Saint Julien zusammen. Bei der Beerdigung des Großvaters trifft sich die Familie nun nach längerer Zeit einmal wieder, weiß aber zunächst wenig miteinander anzufangen, denn die Lebenswege aller haben sich ziemlich voneinander entfernt. Als sich herausstellt, dass die nun verwitwete Großmutter hochgradig dement ist, ist klar, dass man sich um sie wird kümmern müssen, allerdings kommt gerade jeder mit seinem eigenen Leben nicht besonders gut zurecht.

Gabrielle hat einen Job als „Lebende Statue" für Touristen, nicht gerade eine brillante Karriere, und kämpft um ihren halbwüchsigen Sohn Solal, der plötzlich beschließt, bei ihrem Ex-Mann leben zu wollen. Elsa versucht verzweifelt schwanger zu werden, was Probleme in ihrer Ehe auslöst, und Mao ist zwar ein erfolgreicher Entwickler von Videospielen, hat aber leider kein Glück bei Frauen, was bei ihm zu einer depressiven Grundstimmung führt. Claudine, von Beruf Psychotherapeutin, gleitet auch bei Gesprächen mit ihren Kindern immer wieder in die Therapeutinnenrolle und Pierre wird noch einmal Vater, nachdem seine junge Geliebte von ihm schwanger ist.

Von all dem bekommt die Großmutter gnädigerweise nicht viel mit, ihre Gedanken kreisen immer wieder um den Sehnsuchtsort Saint Julien, aber bevor sie sich endgültig auf den Weg dorthin macht, nimmt das Schicksal eine andere Wendung.

Der Film spielt mit den Neurosen und Problemen seiner Akteure, die Geschwister sind zwar erwachsen, erwecken teilweise den Anschein, immer noch in ihrer Kindheit verfangen zu sein, während die Eltern versuchen, mit Nonchalance ihrem Leben eine Bedeutung zu geben. Der einzig Erwachsene scheint Gabrielles Sohn Solal zu sein, er durchblickt, was den anderen aufgrund ihrer Beschäftigung mit sich selbst verborgen bleibt. Die einzige Rettung könnte der Weg zurück nach Saint Julien sein, wo man einst glücklich war, und von wo man irgendwie und irgendwann falsch abgebogen ist. Vielleicht lässt sich dies noch korrigieren, indem man dorthin zurückkehrt, wobei ein altes Familienfoto eine besondere Rolle spielt.

Die Geschichte wird mit der für französische Filme so typischen Leichtigkeit erzählt, die das Schwere nicht ausspart, aber mit Humor und liebevoll gezeichneten Charakteren ein positives Gefühl erzeugt, das auch nach dem Verlassen des Kinos anhält.




Regie: Cécilia Rouaud
Drehbuch: Cécilia Rouaud
Kamera: Alexis Kavyrchine
Schnitt: Fabrice Rouaud
Musik: Alexandre Lier, Sylvain Ohrel, Nicolas Weil

Darsteller:
Vanessa Paradis, Camille Cottin, Pierre Deladonchamps, Jean-Pierre Bacri, Chantal Lauby, Laurent Capelluto, Marc Ruchmann, Claudette Walker, Jean Aviat, Emilie Cazenave

Alamode Film
98 min.
Deutscher Kinostart: 16. Mai 2019


Mittwoch, 8. Mai 2019

Film-Rezensionen: Stan & Ollie


Wer kennt es nicht, das Komikerduo, das auf deutschen Fernsehmattscheiben als „Dick und Doof“ zunächst in unzähligen Stummfilmsketchen und später auch in Spielfilmlänge mit absurden, vorhersehbaren und gerade deswegen so brüllend komischen Szenen für Schenkelklopfen und Lachsalven sorgte, Inbegriff der Ära, als die Bilder laufen lernten.

Der Film „Stan & Ollie“ führt uns allerdings
in ihre Spätphase, als Laurel und Hardy Anfang der 50ger Jahre noch einmal auf einer Bühnentournee durch England an ihre alten Filmerfolge anzuknüpfen versuchen. In dieser Zeit sind sie fast vergessen, aber mit ihrer kindlichen Freude an Chaos und Anarchie, dabei stets liebenswert und tollpatschig, gelingt es ihnen schließlich noch einmal, ihr Publikum für sich zu begeistern. Dabei ist ihre persönliche Beziehung zueinander ist nicht immer konfliktfrei und von Gegensätzen geprägt. Stan Laurel ist der aktivere und die Projekte vorantreibende Part, dem es immer wieder gelingt, Hardy mitzuziehen, selbst als dieser bereits gesundheitlich angeschlagen eigentlich nicht mehr auf der Bühne stehen kann. Aber ihrer beider Leidenschaft und vor allem ihre letztlich tiefe und anrührende Freundschaft lassen die beiden nicht nur auf der Bühne, sondern auch in ihrem Privatleben zu einer Einheit zusammenwachsen, die nichts und niemand, nicht einmal ihre beiden Frauen, trennen kann.

Die Erkenntnis, dass nichts für die Ewigkeit ist, dass jedem Höhepunkt bereits Verlust und Niedergang innewohnen und wie man damit einigermaßen würdevoll umgeht, diese Grundstimmung durchzieht den ganzen Film, aber vor allem den beiden genialen Darstellern Steve Coogan und John C. Reilly, ist es zu verdanken, dass Stan und Ollie, die Helden einer längst vergangenen Zeit, für 97 Minuten wiederauferstehen, die uns mitnehmen auf eine nostalgische Zeitreise und den Film zu einer bittersüßen und melancholischen Reminiszenz an alte Kinotage machen, die berührt und Spaß macht. 



   Regie: John S. Baird
Drehbuch: Jeff Pope
Kamera: Laurie Rose
Schnitt: Úna Ní Dhongahaíle, Billy Sneddon
Musik: Rolfe Kent
 Darsteller 
Stan Laure: Steve Coogan
Oliver Hardy: John C. Reilly
Nina Arianda, Shirley Henderson, Danny Huston, Rufus Jones

 Square 1 One Entertainment
97 min.
Deutscher Kinostart: 09. Mai 2019
 




Film-Rezensionen: Kleine Germanen – Eine Kindheit in der Rechten Szene


Der Dokumentarfilm von Mohammad Farokhmanesh und Frank Geiger beleuchtet auf zwei Ebenen rechte Strukturen in Deutschland.

Zum einen geht es um die Lebensgeschichte des Mädchens Elsa, dessen Weltbild von klein auf durch ihren Großvater mit rechter Ideologie und rechtem Gedankengut geprägt wird, so dass sie sich auch als Erwachsene weiter in diesem Umfeld bewegt, bis ihr eines Tages nach einigen Schlüsselerlebnissen der schwierige Ausstieg gelingt. Erzählt wird diese Geschichte als animierte Story in grob gezeichneten Bildern, was eine gewisse Distanz erzeugt.

Zum anderen kommen in Interviewszenen Akteure der rechten Szene zu Wort, hier vor allem die Aushängeschilder der Neuen Rechten, der Verleger und Publizist Götz Kubitschek sowie dessen Ehefrau Ellen Kositza, ihrerseits Journalistin und Publizistin. Der Zuschauer kann sich aus den Aussagen dieser und weiterer Aktivisten sein eigenes Bild von deren Gedankenwelt machen, zu Wort kommen daneben Experten der rechten Szene sowie Aussteiger, die ihren Weg hinein und vor allem wieder hinaus aus diesem Umfeld kommentieren.

Die Filmemacher enthalten sich bei ihren Interviews jeglicher Wertung und Kommentare, sie lassen die dort verbreiteten Aussagen für sich stehen und für sich wirken und es bleibt gerade deshalb am Ende das Gefühl der Ohnmacht gegenüber so offen vorgetragener rassisch verbrämter Ideologie, die sich unterschwellig und fast unmerklich und gerade deswegen so gefährlich auszubreiten scheint. Ein wichtiger Film, der als Dokumentarfilm leider nur ein begrenztes Publikum erreichen wird, aus diesem Stoff ließe sich sicher auch einmal ein packender Spielfilm für ein größeres Publikum machen, um mehr Menschen für dieses brisante Thema zu sensibilisieren.




Regie: Mohammad Farokhmanesh, Frank Geiger
Drehbuch: Mohammad Farokhmanesh, Frank Geiger, Armin Hofmann
Kamera: Marcus Winterbauer
Schnitt: Andrew Bird, Frank Geiger, Habiba Laout
Musik: Siegfried Friedrich


Little Dream
85 min.
Deutscher Kinostart: 09. Mai 2019