Wer im Umfeld eines Schriftstellers lebt, muss immer damit
rechnen, dass er in dessen Werken auftaucht. Wenn man Glück hat, verfremdet der
Autor seine Figuren, so dass sie in ihrem Umfeld nicht sofort erkennbar sind.
Diese Mühe macht sich Léonard (Vincent Macaigne) nicht, so dass sich gerade
nach gescheiterten Beziehungen seine Verflossenen ziemlich eindeutig in seinen
Werken wiederfinden. Sein Verleger Alain (Guillaume Canet) stößt sich bei
Léonards letztem Roman nicht nur daran, er befindet sich mit seinem Verlag
gerade in einem Umbruch und vor die Frage gestellt, ob Gedrucktes neben
Digitalem, E-Books, Blogs und Hörbüchern, überhaupt noch zeitgemäß ist.
Hierüber wird sowohl im Verlag als auch in privaten Gesprächen gerade sehr viel
diskutiert, dabei sind auch Alains Frau Selena (Juliette Binoche), eine
erfolgreiche Bühnenschauspielerin, die sich gerade in einer TV-Rolle versucht,
und Alains junge Mitarbeiterin für Digitales, Laure (Christa Théret), Léonards
Frau Valérie (Nora Hamzawi) hingegen ist als Wahlkampfhelferin eines Politikers
im Dauereinsatz und scheint von vielen Dingen nichts mitzubekommen.
Während man sich in intellektuellen Gesprächen und
Diskussionen gepflegt die Köpfe heiß redet, brodeln dahinter aber immer noch
die gleichen Gefühle und Verwirrungen wie vor der digitalen Revolution: Selena
hat ein Verhältnis mit Léonard und Alain mit seiner jungen Mitarbeiterin. Als
Alain Léonard eröffnet, dass er sein neuestes Buch nicht verlegen wird, ist
nicht klar, ob er in der weiblichen Hauptfigur nicht doch seine Frau erkannt
hat, obwohl sich Léonard diesmal redlich Mühe gegeben hat, diese zu verfremden,
und auch Selena wird misstrauisch, wenn Alain wieder einmal Überstunden macht.
So werden die Gespräche immer ambivalenter und zwischen den Zeilen lässt sich
stets etwas anderes heraushören, als offen gesagt wird.
Mit dieser Doppelbödigkeit spielt der Film auf amüsante Art
und macht den Zuschauer zum Komplizen, der stets mehr als die Protagonisten zu
wissen glaubt, aber auch nicht ganz sicher sein kann, inwieweit diese das Spiel
mit dem Lesen zwischen den Zeilen inzwischen beherrschen. Wer Spaß an
dialogreichen und intellektuellen Verwicklungen hat, wird sich bei diesem
gekonnt und mit leichter Hand inszenierten Film gut unterhalten, um vielleicht
am Ende das Fazit zu ziehen, dass sich manche Dinge auch im digitalen Zeitalter
so schnell nicht ändern...
Regie: Olivier
Assayas
Drehbuch:
Olivier Assayas
Kamera: Yorick
Le Saux
Schnitt: Simon
Jacquet
Darsteller:
Guillaume Canet,
Juliette Binoche, Vincent Macaigne, Nora Hamzawi, Christa Théret, Pascal
Greggory,
Alamode Film
107 min.
Deutscher Kinostart:
06. Juni 2019
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