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Freitag, 28. Juli 2017

Film-Rezensionen: Alibi.com


Der smarte Jungunternehmer Greg (Philippe Lacheau) betreibt mit zwei Partnern ein Unternehmen, das treulosen Ehepartnern, aber auch jedem anderen, der es braucht, ein wasserdichtes Alibi verschafft. Gregs Team arbeitet professionell und die Geschäfte laufen gut, denn ihre Dienstleistungen sind sehr gefragt.

Es hätte alles perfekt sein können, wenn sich Greg nicht eines Tages in die attraktive Flo (Elodie Fontan) verliebt hätte, die ihm gleich zu Beginn erklärt, wie verabscheuungswürdig sie Männer findet, die lügen. Damit ist der Weg für Greg verstellt, ihr zu offenbaren, was er beruflich tatsächlich macht und er gibt sich als Flugbegleiter aus, ein Umstand, für den er später seine eigenen Alibi-Dienste in Anspruch nehmen muss. Zu allem Überfluss stellt sich bei der ersten Begegnung mit Flos Eltern (Nathalie Baye und Didier Bourdon) heraus, dass deren Vater Gérard ein guter Kunde von Alibi.com ist…

Aus dieser Ausgangssituation über die bewährten Themen Liebe, Ehebruch und Lügen macht der Regisseur Philippe Lacheau, der auch gleichzeitig am Drehbuch mitgewirkt und die Hauptrolle übernommen hat, eine überraschend witzige und gelungene Komödie. Es gibt ein Feuerwerk an Gags und irrwitzigen Situationen im Stil der Farrelly-Brüder („Verrückt nach Mary“), oft haarscharf am Rande des guten Geschmacks, aber gerade deshalb erfrischend, weil nicht bei jedem Witz die inzwischen so unsäglich strapazierte Political Correctness ihr griesgrämiges Haupt erhebt. So werden fröhlich Tiere und kleine Kinder zu Opfern, frei nach der alten W. C. Fields-Wer-Hunde-und-kleine-Kinder-hasst-kann-kein-ganz-schlechter-Mensch-sein-Philosophie, erwartbare Gags nehmen eine unerwartete Wendung und Eltern haben zum Entsetzen der Kinder noch ein Sexleben. Dabei bleiben die Filmfiguren trotz der prekären Situationen, in die sie geraten, immer sympathisch und liebenswert. 

Nebenher bauen die Filmemacher schamlos ihre eigenen Vorlieben wie die Musik der 80er und Action-Helden wie Jean-Claude Van Damme ein, sie streuen munter Film-Zitate, und es ist ihnen gelungen, eine Reihe von in Frankreich bekannten Stars wie Kad Merad, die Rapper Joeystarr und La Fouine für Cameo-Auftritte zu gewinnen.

Trotz all der Situationskomik und Versatzstücke ist es am Ende eine Komödie wie aus einem Guss geworden und damit ein gelungener Kinospaß für den Sommer.


Regie: Philippe Lacheau
Drehbuch: Philippe Lacheau, Julien Arruti, Pierre Dudan 
Kamera: Dominique Colin 
Produzentin: Alexandra Fechner
Darsteller: Philippe Lacheau, Elodie Fontan, Julien Arruti, Tarek Boudali, Nathalie Baye, Didier Bourdon, Nawell Madani, Medi Sadoun

Frankreich, 90 Minuten 
Deutscher Kinostart: 03. August 2017

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=9vBf6DPNKbo
STUDIOCANAL Germany

Dienstag, 4. Juli 2017

Film-Rezensionen: Die Erfindung der Wahrheit (Miss Sloane)


In Deutschland setzen sich Berufsverbände für ihre Mitglieder ein, um Einfluss auf Politiker und Gesetzgebung zu nehmen. Diese Lobbyisten arbeiten im Verborgenen, aber ihre Macht ist riesengroß. In den USA gibt es Kanzleien, die gegen entsprechendes Honorar bei dieser Arbeit helfen.


Elisabeth Sloane (Jessica Chastain) ist Lobbyistin, und sie ist eine der besten. Hat sie einen Auftrag angenommen, verbeißt sie sich erbarmungslos in die Aufgabe, bis sie erreicht hat, was man von ihr erwartet. Lobbyarbeit bedeutet für sie, die Pläne des Gegners vorherzusehen und immer einen Schritt schneller zu sein. Sie ist hart gegen andere und hart gegen sich selbst, ihr Privatleben reduziert sich auf regelmäßige Treffen mit einem Callboy (Jake Lacy).

Als eines Tages Vertreter der Waffenhersteller vorstellig werden, denen sehr daran gelegen ist, ein anstehendes Gesetz zu verhindern, in dem geregelt werden soll, dass Waffenkäufer registriert und persönlich überprüft werden müssen, scheint Elisabeth genau die Richtige, um diesen Job zu übernehmen.

Aber zur Überraschung aller und zum Entsetzen ihres Seniorpartners George Dupont (Sam Waterston) lehnt Elisabeth diesen Auftrag nicht nur ab, sondern wechselt die Seiten, indem sie bei der sehr viel kleineren Agentur Peterson Wyatt anheuert, die es sich auf die Fahne geschrieben hat, das Gesetz auf den Weg zu bringen. Ihr neuer Chef Rodolfo Schmidt (Mark Strong), kann sein Glück nicht fassen, als er nicht nur Elisabeth selbst auf seine Seite bekommt, sondern einen Teil ihres alten Teams, das sie in einer bemerkenswerten Aktion überredet, ihr zu folgen. Lediglich ihre engste Mitarbeiterin Jane (Alison Pill) sieht die Chance gekommen, sich von Elisabeth zu emanzipieren und entscheidet sich gegen sie.
 
Sechzig Senatoren müssen für das Gesetz stimmen. Ein Teil hat sich bereits festgelegt, um jeden Unentschlossene wird mit allen Mitteln und in mühevoller Kleinarbeit gekämpft. Elisabeth kennt alle Tricks und hat keine Scheu, sie anzuwenden. Aber ihre alten Kollegen sind nun ihre Gegner und da diese ebenfalls nicht zimperlich sind, gelingt es, Elisabeth mit Interna aus ihrem vorherigen Job zu kompromittieren. Plötzlich sieht sie sich auf der Anklagebank in einem Korruptionsverfahren unter der Leitung des ehrenwerten Senators Sperling (John Lithgow), eine mindestens fünfjährige Haftstrafe droht. Allerdings ist der Senator nicht ganz so ehrenwert, und ob am Ende ein Sieg oder eine Niederlage steht, ist ein spannendes Spiel, bei dem die Karten immer wieder neu gemischt werden…
 
Der Film ist hart und kalt wie seine Protagonistin, ein politisches Katz- und Mausspiel mit überraschenden Wendungen, in dem die Akteure Ideen und Worte in einem zeitweise atemberaubenden Tempo abfeuern. Das Geflecht von Politik und Wirtschaft wird als der Sumpf präsentiert, den man sich genau so vorstellt. Dennoch ist der Film hochspannend, als Zuschauer ist man hin- und hergerissen zwischen Bewunderung für das hochprofessionelle Engagement aller und Abscheu über die eingesetzten Mittel.

Jessica Chastain verleiht Elisabeth Sloane eine intensive Präsenz, aber es ist schwer, sich für sie zu erwärmen. Wir erfahren nicht wirklich, warum sie sich zu einer vehementen Gegnerin der Waffenlobby macht, ob es ihre persönliche Einstellung ist, oder doch nur die Herausforderung in einer aussichtlos scheinenden Sache als Siegerin vom Platz zu gehen.

Obwohl Chastain den Film gnadenlos dominiert, ist dies natürlich kein Frauenfilm. Die Figur Elisabeth Sloane zeichnet das Porträt eines Machtmenschen, der es beruflich ganz nach oben bringen will und auf dem Weg dahin müssen Männer wie Frauen offensichtlich dieselben Mechanismen bedienen. Wer ein hochgestecktes Ziel erreichen will, so die Botschaft, muss hart und skrupellos sein, möglichst ohne private Bindungen, reicht die erforderliche Energie nicht aus, gibt es entsprechende Pillen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der angestrebte Erfolg verwerflich, gerechtfertigt oder ethisch neutral ist, entscheidend ist, alles dafür zu geben.


Regie: John Madden 
Drehbuch: Jonathan Perera 
Kamera: Sebastian Blenkov
Produktion: Ariel Zeitoun 
Darsteller: Jessica Chastain, Mark Strong, Sam Waterston, Gugu Mbatha-Raw, Alison Pill, John Lithgow, Jake Lacy, Michael Stuhlbarg
 
USA 132 Minuten 
Deutscher Start: 06. Juli 2017
http://www.die-erfindung-der-wahrheit-film.de/