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Mittwoch, 26. April 2023

Im Kino: Evil Dead Rise

Ellie (Alyssa Sutherland) lebt mit ihren drei Kindern Bridget, Danny und Kassie in einem abbruchreifen Appartementhaus in Los Angeles. Während Ellies Schwester Beth (Lily Sullivan) zu Besuch ist, gibt es ein Erdbeben, in der Tiefgarage öffnet sich der Boden und Danny (Morgan Davies) befördert ein unheimliches Buch zusammen mit einer alten Tonaufnahme an die Oberfläche, ein schrecklicher Fehler, wie sich bald herausstellen wird, denn plötzlich bricht ein Alptraum über die Familie und ihre Nachbarn herein, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint. Und wie passt eigentlich der Anfang des Filmes in das Gesamtbild?

Die Evil-Dead-Horror-Franchisereihe begann 1981mit dem lange indizierten „Tanz der Teufel“ („The Evil Dead“), der zwei Fortsetzungen bekam, bis es 2013 mit „Evil Dead“ eine Neuverfilmung gab. Im Unterschied zu den Vorgängern verlegt „Evil Dead Rise“ nun seine Handlung von den Wäldern in die Stadt, ähnlich wie es die Scream-Reihe mit dem aktuellen Film macht, in dem Ghostface sich durch New York metzelt, allerdings spielt die Stadt letztlich keine wirkliche Rolle , denn die blutige Handlung bleibt mehr oder weniger auf das Innere des Hauses beschränkt.

Wer nur ein bisschen zartbesaitet ist, sollte um „Evil Dead Rise“ einen großen Bogen machen, alle übrigen werden an diesem Horrorfilm ihren Spaß haben (Achtung: Spaß bedeutet natürlich nicht: lustig), denn es geht schonungs- und erbarmungslos zur Sache. Optisch und akustisch sehr beeindruckend umgesetzt, treibt hier das Böse sein ebensolches Spiel und das Grundvertrauen, das Kinder in ihre Mütter normalerweise haben sollten, wird hier brutal zerstört. Es fließt das Blut in Strömen, zwischen den grausigen Schnetzelszenen gibt es kaum eine Verschnaufpause, und wer bis zum Ende durchgehalten hat, bekommt dann endlich auch die Auflösung für den zunächst rätselhaften Beginn, der so gar keine Verbindung zum Rest des Films zu haben schien.

Alles in allem hat hier Lee Cronin als würdiger Nachfolger Sam Raimis einen exzellent inszenierter Horrorstreifen mit Gore- und Splatter-Elementen abgeliefert, der sich seine FSK-18 Banderole redlich verdient hat.

 


 Regie: Lee Cronin

Drehbuch: Lee Cronin

Kamera: Dave Garbett

Schnitt: Bryan Shaw

Musik: Stephen McKeon

 

Besetzung:

Mirabai Pease, Richard Crouchley, Anna-Maree Thomas, Lily Sullivan, Noah Paul, Alyssa Sutherland, Morgan Davies, Gabrielle Echols, Nell Fisher

 

New Line Cinema/Renaissance Pictures/ Warner Bros. Pictures

2023

 97 min.

FSK 18

Deutscher Kinostart: 27. April 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=dl_b_g-tLS4&t=1s (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=BqQNO7BzN08 (Englisch)

Dienstag, 25. April 2023

Im Kino: The Whale

Charlie (Brendan Fraser) hat sich aus Kummer über eine verlorene Liebe so viel Fett angefressen, dass er praktisch nicht mehr in der Lage ist, sein Apartments zu verlassen. Seinen Job als Literaturdozent übt er online aus, allerdings mit ausgeschalteter Webcam, Pizza wird ihm an die Tür geliefert und eine befreundete Krankenschwester (Hong Chau) kümmert sich um ihn. Ihre täglichen Warnungen, dass seine körperliche Verfassung ihn in ein frühes Grab bringen wird, ignoriert er. Da tauchen plötzlich verschiedene Besucher bei ihm auf, ein junger Mann mit evangelikalem Missionseifer (Ty Simpkins), seine entfremdete 17-jährige Tochter Ellie (Sadie Sink) sowie Ex-Frau Mary (Samantha Morton), die ihn scheinbar zurück ins Leben holen, aber reicht das, um ihn zu retten?

Vorlage für den Film ist ein Theaterstück und allzu theaterhaft entwickelt sich dann auch die Handlung. Personen treten nacheinander auf und wieder ab, und alle haben ein Problem, das in langen Gesprächen jeweils an die Oberfläche gebracht wird, wobei die Hauptperson mit ihrem schwergewichtigen Problem immer im Zentrum bleibt. Eine gescheiterte Ehe und eine unerfüllte Liebschaft liegen hinter dem Protagonisten Charlie, dies allein schien nicht genug Potential zu haben, daher musste letztere auch noch eine gleichgeschlechtliche sein, ohne dass dieser Aspekt für die Handlung tatsächlich entscheidend wäre.

Der doppeldeutige Titel des Films, der zunächst Assoziationen zu Charlies Leibesfülle weckt, bezieht sich auf Herman Melvilles Roman „Moby Dick“ und einen Essay darüber, aus dem immer wieder zitiert wird und dessen Autor erst am Ende endgültig klar wird. Dazwischen leidet Charlie an sich und seiner Leibesfülle und den damit verbundenen Schwierigkeiten, immer einen Atemzug vom Herzinfarkt oder einem fatalen Sturz entfernt, und lässt uns dabei fast körperlich mitleiden.

Brendan Fraser ist es zu verdanken, dass die peinlichsten Momente immer wieder aufgefangen werden und der stellenweise arg anstrengende Film einigermaßen erträglich bleibt. Er spielt seine Figur ergreifend und mit Würde und sorgt sogar für einige humoristische Elemente in dem ansonsten über weite Strecken zermürbenden Werk. Seine Leistung wurde sicher zu Recht mit einem Oscar belohnt, allerdings im Zusammenspiel mit der Abteilung „Maske“, die hier gleichermaßen Schwerstarbeit geleistet hat und verdientermaßen ebenfalls ausgezeichnet wurde.

Wer ergreifende Dramen mag, wird hier voll auf seine oder ihre Kosten kommen, allerdings bleibt am Ende die Frage, ob die Dramatik auch auf anderem Weg, z.B. mit einem anderen Problem oder einer anderen tödlichen Erkrankung hätte erreicht werden können, oder ob nicht doch letztlich der voyeuristische Aspekt um die unheimliche Leibesfülle eines Menschen zu dramaturgischen Zwecken missbraucht wird.

 


Regie: Darren Aronofsky

Drehbuch: Samuel D. Hunter, b/a seinem Theaterstück

Kamera: Matthew Libatique

Schnitt: Andrew Weisblum

Musik: Rob Simonsen

 

Besetzung:

Brendan Fraser, Sadie Sink, Ty Simpkins, Hong Chau, Samantha Morton, Sathia Sridharan

 

A24/ Protozoa Pictures

2022

117 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 27. April 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=2MJt4IkKElM (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=nWiQodhMvz4 (Englisch)

 

Mittwoch, 19. April 2023

Im Kino: Empire of Light

Hilary (Olivia Colman) ist eine nicht mehr ganze junge, alleinstehende Frau, die in einer kleinen englischen Stadt am Meer in einem altehrwürdigen Kino, dem „Empire“, arbeitet. Ihre Kollegen und Kolleginnen bilden trotz ihrer Verschiedenheit eine verschworene Gemeinschaft, fast schon so etwas wie eine Familie. Als Hilary in psychischen Problemen zu versinken droht und von ihrem Chef (Colin Firth) sexuell ausgebeutet wird, findet sie in dem jungen Stephen (Micheal Ward), einem Mitarbeiter mit dunkler Hautfarbe, der sich im England der 1980ger Jahre rassistischer Angriffen ausgesetzt sieht, nicht nur einen Verbündeten, sondern über ihren Altersunterschied hinweg, eine verwandte Seele. Zwischen beiden Außenseitern entwickelt sich eine Liebesbeziehung, der allerdings keine Zukunft beschieden ist…

Star des Films ist neben der wie immer großartigen Olivia Colman eindeutig der wunderschöne Kinopalast, der in pompöser Erhabenheit über dem Seestädtchen thront, mit beeindruckender Lobby und weit geschwungenen Treppenaufgängen, opulent und plüschig, bis hin zu einem nicht mehr genutzten Saaltrakt unter dem Dach, trauriges Überbleibsel alter Größe. Hier steckt auf jeden Fall eine wehmütige Liebeserklärung an das Kino früherer Tage, die Regisseur Mendes genüsslich erzählt.

Die andere Liebesgeschichte zwischen den Protagonisten kommt etwas holpriger daher, und obwohl durchaus von einer anrührenden Zartheit geprägt, wird sie leider von weiteren Themen des Films überschattet. Da ist zum einen die psychische Krankheit Hilarys – offensichtlich einer bipolaren Störung –, die Regisseur Mendes eigenen Angaben zufolge ein wichtiges, weil persönliches Anliegen war. Daneben gibt es die sexuelle Ausbeutung durch den Arbeitgeber, der die seelische Situation seiner Angestellten schamlos ausnutzt und last but not least den ebenfalls thematisierten Rassismus. Alle diese Elemente stehen sich immer wieder gegenseitig im Weg und verhindern so leider am Ende eine runde und homogen Erzählung, hier wäre weniger wohl mehr gewesen.

Wenn man über diese den zu vielen Themenansätzen geschuldeten Holprigkeiten hinwegsieht, ist es dennoch ein durchaus schöner und anrührender Film geworden, der sich am Ende vor allem auf die Ausdrucksstärke seiner beiden Stars Olivia Colman und dem wunderbaren „Empire“ verlassen kann, beide eine Hommage an das Kino, sowohl der vergangenen als auch der aktuellen Zeiten.

 


 Regie: Sam Mendes

Drehbuch: Sam Mendes

Kamera: Roger Deakins

Schnitt: Lee Smith

Musik: Trent Reznor, Atticus Ross

 

Besetzung:

Olivia Colman, Micheal Ward, Colin Firth, Toby Jones, Tom Brooke, Tanya Moodie

 

 

Searchlight Pictures/The Walt Disney Company Germany

2022

115 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 20. April 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=XuS-iYX_jS4 (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=HdMPTgYi-0w (Englisch)

Im Kino: Infinity Pool

Der Schriftsteller James (Alexander Skarsgård) verbringt mit seiner Frau Em (Cleopatra Coleman) einen sonnigen Urlaub mit allen Annehmlichkeiten in einem luxuriösen Insel-Resort, das von der Welt der Einheimischen rigoros abgeschottet ist. Die Bekanntschaft mit anderen Urlaubern, allen voran der dominant auftretenden Gabi (Mia Goth), reißt das Paar aus seiner Lethargie und verführt zu Unternehmungen voller Spannung und Abenteuer, aber nach einem Unfall auf der Insel verwandelt sich die anfängliche Idylle in eine höllischen Achterbahnfahrt, aus der es kein Entkommen zu geben scheint, bis etwas Unglaubliches geschieht…

Wenn der Regisseur eines Films den Namen Cronenberg trägt, weckt dies spezielle Erwartungen, und auch wenn hier nicht Vater David, sondern Sohn Brandon verantwortlich zeichnet, verlangt es doch die Familientradition, dass der Film bestimmte Kriterien erfüllt, dazu gehören ein gerüttelt Maß an Gewalt und Leidenschaft, gepaart mit Horror- und gegebenenfalls Science-Fiction-Elementen.

Der besondere Twist, der das ausschweifende Handeln der Protagonisten erst möglich macht, soll hier nicht verraten werden, Cronenberg nutzt diesen jedenfalls, um eine bestimmte (Geistes)Haltung anzuprangern, die eine gewisse mit viel Geld gesegnete und durch ebenso viel Langeweile gequälte Gesellschaftsschicht dazu treibt, sich ungehemmt ihrem Vergnügen hinzugeben, und das möglichst an in ihren Augen unberührten Orten, ohne Rücksicht auf einheimische Menschen oder Strukturen, einfach, weil es Spaß macht und man es kann. Bitter kann es werden, wenn man sich am Ende selbst als Opfer vorgeführt sieht, weil es immer andere Menschen gibt, die sich noch cleverer und skrupelloser verhalten und noch mehr Befriedigung daraus ziehen, sogar vermeintlich ihresgleichen vorzuführen, um am Ende des Urlaubs vom Alltag, dabei von allem angerichteten Schaden unberührt, wieder in das langweilige Luxusleben im eigenen Heim zurückkehren – bis zum nächsten Sommer.

Wer den Film so und damit als Gesellschaftskritik versteht, wird eine gewisse Befriedigung und keinesfalls Mitleid mit den handelnden Figuren und ihrer Armseligkeit empfinden, dabei gilt es, die teilweise drastischen Sex- und Gewaltexzesse als notwenigen Teil der Geschichte zu akzeptieren. Der besondere Twist, der hier nicht verraten wird, hätte es allerdings verdient gehabt, sich noch etwas näher mit ihm zu beschäftigen, hier bleiben einige Fragen offen, die man gerne beantwortet gehabt hätte, was interessanter gewesen wäre, als einige andere Sequenzen, die man ruhig etwas kürzer hätte abhandeln können.

Alles in allem schon ein echter Cronenberg, wenn auch noch nicht in jeder Hinsicht den großen Fußstapfen des Meister-Vaters angepasst, hier ist sicher noch Potential für Entwicklung.

 


 Regie: Brandon Cronenberg

Drehbuch: Brandon Cronenberg

Kamera: Karim Hussain

Schnitt: James Vandewater

Musik: Tim Hecker

 

Besetzung:

Cleopatra Coleman, Alexander Skarsgård, Mia Goth, Thomas Kretschmann, Dunja Sepcic, Adam Boncz, Jalil Lespert,

 

Universal Pictures International

2023

117 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 20. April 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=9KUCwmtKWWc (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=260jJN__zOM (Englisch)

 

 

 

Dienstag, 18. April 2023

Im Kino: Brady’s Ladies (80 for Brady)

Vier beste Freundinnen um die 80 versammeln sich seit Jahren vor dem Fernseher, um das Highlight der Footballsaison, den Superbowl, zusammen anzuschauen. Dabei gilt ihr besonderes Augenmerk Tom Brady, dem besten Quarterback aller Zeiten, und um ihn wenigstens einmal live zu sehen, beschließen sie, zum Endspiel zu reisen, nicht ahnend, wie viele Irrungen und Wirrungen ihre Fahrt dorthin für sie bereit hält...

Die Damen Lou (Lily Tomlin), Trish (Jane Fonda), Maura (Rita Moreno) und Betty (Sally Field) dürfen in diesem Film mit Wohlfühlcharakter alle Register ziehen und es macht Spaß, ihnen bei ihrer Tour zum Sportevent des Jahres zuzusehen. Auch wer mit dem amerikanischen Football nicht so vertraut ist, wird schnell von der Leidenschaft angesteckt, die man sich Gott sei Dank auch im fortgeschrittenen Alter noch erhalten kann, wenn man es nur zulässt, und wie schön zu sehen, dass man auch mit 80 Jahren noch ein Fangirl sein darf, das seinem Idol hinterher reist.

Mag manches auf den ersten Blick vielleicht etwas überzogen wirken, es passt alles wunderbar zu dem Gesamtcharakter des Films, der einfach nur Spaß und Mut machen will, nicht mehr, aber auch nicht weniger, und es gelingt beides, weil auch die absurdesten Situationen nicht halbherzig, sondern konsequent durchgezogen werden, wenn schon, denn schon, und am Ende wird es natürlich auch noch ein wenig sentimental, aber auch das gehört zu einer guten Komödie dazu, die neben Herz immer auch ein klein wenig Schmerz bereithält, denn erst eine Prise Salz rundet den süßen Kuchen ab, aber wirklich nur eine Prise!

Ein Film nicht nur für die angepeilte Zielgruppe der Senioren, sondern für alle, die noch nicht zu abgebrüht sind, um sich nicht hin und wieder auch eine leichte, aber gelungene Sommerkomödie zu gönnen.

 


 Regie: Kyle Marvin

Drehbuch: Sarah Haskins, Emily Halpern

Kamera: John Toll

Schnitt: Colin Patton

Musik: John Debney

 

Besetzung:

Lily Tomlin, Jane Fonda, Rita Moreno, Sally Field, Tom Brady, Billy Porter, Harry Hamlin, Guy Fieri, Alex Moffat, Rob Corddry, Bob Balaban, Jimmy O. Yang, Matt Lauria, Sara Gilbert, Sally Kirkland, Patton Oswalt

 

Paramount Pictures

2023

98 min.

FSK o.A.

Deutscher Kinostart: 20. April 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=GuO_dQmN7BE (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=g64xvFBot1g (Englisch)

 

 

Mittwoch, 12. April 2023

Im Kino: Die drei Musketiere: D’Artagnan (Les trois mousquetaires: D'Artagnan)

Als der junge D’Artagnan (François Civil) aus der Gascogne nach Paris kommt, ist sein sehnlichster Wunsch, ein Musketier des Königs zu werden. In seinem jugendlichen Überschwang verliebt er sich bereits kurz nach seiner Ankunft in Constance (Lyna Khoudri), eine Vertraute der Königin (Vicky Krieps), und handelt sich drei Duelle ein, ausgerechnet mit Athos (Vincent Cassel), Porthos (Pio Marmaï) und Aramis (Romain Duris), drei Vertretern der Musketier-Gattung, zu der er unbedingt dazugehören möchte. Aber durch politische und private Verwicklungen werden alle vier alsbald zu Verbündeten, als es gilt, Athos vor dem Galgen und die Königin vor einer Intrige am Hof zu bewahren, bei der die zwielichtige Lady de Winter (Eva Green) eine Rolle spielt.

Es dürfte wohl niemanden geben, der die klassische Geschichte von Alexandre Dumas nicht zumindest in groben Zügen kennt und wenigstens eine der zahlreichen Verfilmungen irgendwann in seinem Leben gesehen hat. Dennoch ist es angemessen, den Stoff immer mal wieder aufzubereiten und dem Ganzen vielleicht doch den ein oder anderen neuen Aspekt hinzuzufügen – oder einfach einer neuen Generation von Kinogängern und -gängerinnen das Mantel-und-Degen-Abenteuer im Kino zu präsentieren.

Dieser Film, dessen Story immerhin eine in der französischen Geschichte angesiedelte Handlung hat – es geht um Krieg gegen die Protestanten und England – , wurde mit einem fast ausschließlich französischen Cast in Frankreich gedreht, damit unterscheidet er sich auf jeden Fall von der ein oder anderen internationalen Produktion mit ebensolcher Besetzung. Im Gegensatz zu der vielleicht bekanntesten Adaption des Briten Richard Lester, deren Schauplätze und Figuren farbenfroh und bunt gewandet waren, werden hier wesentlich düsterere Bilder präsentiert. Alles ist erdiger, selbst der Wald trägt nicht Grün, sondern schmuddeliges Braun, und wer muntere Fechtspiele in bunten Gewändern erwartet, wird sicher enttäuscht, dafür wirkt aber alles realistischer und nicht so operettenhaft, wenngleich es einen eindringlichen Soundtrack gibt.

Der junge D’Artagnan ist temperamentvoll und verwegen wie es sich gehört, es fehlt ihm vielleicht nur ein klein wenig die notwendige Strahlkraft, seine drei Mitstreiter dürfen ihre unterschiedlichen Charaktere zeigen, was ihre drei Darsteller auch souverän erledigen. Es wird gekämpft, gestritten und gefeiert was das Zeug hält, hier bietet der Film eine solide und ansehnliche Show, wenn auch vielleicht der letzte Schwung fehlt, um ihn wirklich mitreißend zu machen.

Da die Intrige um das sogenannte Halsband der Königin bereits in diesem Film abgehandelt wird, der jedoch erkennbar als erster Teil einer Fortsetzung angelegt ist, darf man dennoch auf den zweiten Teil gespannt sein, der Ende des Jahres mit dem Titel „Die drei Musketiere: Mylady“ in die Kinos kommen soll, bis dahin: Alle für einen und einer für alle!

 


 Regie: Martin Bourboulon

Drehbuch: Alexandre de la Patellière und Matthieu Delaporte, b/a dem Werk von Alexandre Dumas

Kamera: Nicolas Bolduc

Schnitt: Célia Lafitedupont

Musik: Guillaume Roussel

 

Besetzung:

François Civil, Vincent Cassel, Romain Duris, Pio Marmaï, Eva Green, Louis Garrel, Vicky Krieps, Lyna Khoudri, Jacob Fortune-Lloyd

 

Chapter 2/ Pathé/ Constantin

2023

121 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 13. April 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=xD6BuGi9I2Q (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=D7w_-hTbbYo (Französisch)

 

Im Kino: Im Taxi mit Madeleine (Une Belle Course)

Als Madeleine (Line Renaud), eine resolute alte Dame, in sein Taxi steigt, ist Charles (Dany Boon) nicht begeistert. Sein Leben läuft gerade nicht rund, Geldsorgen, Eheprobleme und ein beim nächsten Verkehrsverstoß drohender Führerscheinverlust haben seine Frustrationstoleranz extrem abgesenkt, und nun soll er diese Dame einmal quer durch Paris chauffieren. Aber auf der langen Fahrt kommen die beiden sich näher, Madelaines Lebensgeschichte, die sie nach und nach vor ihm ausbreitet, enthält so manch Überraschendes, und auch Charles öffnet sich ungewollt immer mehr …

Der Film ist eine Mischung aus Kammerspiel und Roadmovie, wobei die Enge des Schauplatzes, eben das Innere eines Taxis, immer wieder durch kleine Ausflüge in die Außenwelt und Rückblenden aufgebrochen wird. Dabei wird das Leben der alten Dame in kleinen Häppchen dargereicht, verklärte Erinnerungen an eine großen Liebe und die brutale Wirklichkeit einer unglücklichen Ehe, während der Taxifahrer Charles auf der anderen Seite nach und nach beginnt, sich auch seinen Kummer und seine Nöte von der Seele zu reden.

Trotz der Tragik, die dabei in Vielem steckt, gibt es immer auch heitere Momente, und mit feinem Humor wird, wie so oft in französischen Filmen, die Schwere eines Themas aufgefangen. Wenn man dann noch auf so großartige Darsteller und Darstellerinnen zurückgreifen kann wie hier, entgeht man dann der Kitsch- und Klischeefalle, in die hineinzutappen man sonst immer Gefahr liefe. So bieten die großartige Line Renaud und der bestens aufgelegte Dany Boone eine berührende Vorstellung, während die dritte Hauptrolle die Stadt Paris übernommen hat, erwartungsgemäß ebenfalls ohne Fehl und Tadel, eine wunderbare Kulisse, die Lust macht, einmal wieder dorthin zu reisen.

Alles in allem ein leichter Film mit Tiefgang, was in diesem Fall keinen Widerspruch darstellt!

 

 

Regie: Christian Carion

Drehbuch: Cyril Gely, Christian Carion

Kamera: Pierre Cottereau

Schnitt: Loïc Lallemand

Musik: Philippe Rombi

 

Besetzung:

Line Renaud, Dany Boon, Alice Isaaz, Jérémy Laheurte, Gwendoline Hamon, Julie Delarme, Thomas Alden

 

Pathé/ Studiocanal

2022

91 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 13. Aprile 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=Oh02cYDhs9o (Deutch)

https://www.youtube.com/watch?v=xWEUoDs3hyQ (Französisch)

 

Donnerstag, 6. April 2023

Im Kino: The Pope’s Exorcist

Gabriele Amorth (Russell Crowe) ist ein Priester mit der Lizenz zum Teufel austreiben. Vom Papst (dargestellt von Alt-Django Franco Nero…) höchstselbst beauftragt, ist er immer dann zur Stelle, wenn unerklärliche Phänomene auf einen Angriff des Bösen hindeuten. Nicht jede Person, die sich merkwürdig verhält, ist auch vom Teufel besessen, aber Gabriele meistert alle Situationen souverän. Diesmal allerdings wartet auf ihn seine schwerste Aufgabe: In einem spanischen Dorf scheint sich ein besonders mächtiger Dämon eines kleinen Jungen bemächtigt zu haben, der den Exorzisten Amorth herausfordert und an seine Grenzen bringt, dabei kommen Dinge ans Licht, die die katholische Kirche bis heute verschweigt...

Dieser Film beschäftigt sich nicht mit den Missbrauchsskandalen in aller Welt, bei deren Aufarbeitung die katholische Kirche sich noch immer so unendlich schwer tut, nein, angelehnt an die in zahlreichen seiner Bücher veröffentlichten Geschichten des echten Priesters Amorth, der tatsächlich ab 1986 als offizieller Exorzist der Diözese Rom tätig war, geht es um eine in Spanien durchgeführte Teufelsaustreibung. Für die Kirche ist die Existenz des Bösen in Gestalt von Dämonen und bösen Geistern bis hin zu ihrem obersten Vertreter Satan eine ernste Angelegenheit und wesentlicher Bestandteil des Glaubenskonstrukts. Dennoch mag es überraschen, dass dies zur Ernennung von offiziellen Teufelsaustreibern geführt hat, aber Priester Amorth war tatsächlich lange Zeit einer von ihnen.

Es ist nicht einfach, bei diesem Thema die Balance zwischen der Darstellung eines ernsthaften Rituals und einer möglicherweise ins Lächerliche abdriftenden, überzeichneten operettenhaften Inszenierung zu halten. Konnte der Urahn aller Exorzisten-Filme, William Friedkins „The Exorcist“ in den 1970gern Jahren noch mit zu der Zeit neuen Schockeffekten aufwarten, sind aktuelle Zuschauer und auch Zuschauerinnen wesentlich schockresistenter, und mit einfachen Gruseleffekten lockt man das abgebrühte Publikum von heute nicht mehr so leicht hinter dem Ofen hervor, was für einen Film wie diesen eher schade ist, verfügt er doch durchaus über seinen eigenen Charme.

Russell Crowe gibt als jovialer, aber auch von sich selbst überzeugter Priester, der im Vorbeigehen schon mal neckisch ein paar Nonnen erschreckt und auf seiner Vespa durch die Straßen Roms braust, seinem Affen Zucker, und er tut dies mit sichtlicher Freude am Spiel. Dagegen fallen die anderen Darsteller ein wenig ab, bis auf den Dämon, der in den kleinen Jungen gefahren ist, der sich (in der Originalfassung mit der Stimme von Ralph Ineson) ebenfalls so richtig austoben darf. Bei dem Duell zwischen den beiden, ergänzt um den assistierenden jungen Priester Esquivel (Daniel Zovatto), funktioniert die oben beschriebene Balance nicht immer, aber alles in allem gibt es doch durchaus leichte bis mittlere Gruseleffekten, die bei der einen mehr, dem anderen weniger für Gänsehaut sorgen werden.

Insofern ist die Zielgruppe nicht ganz einfach zu bestimmen, wer einen blutrünstigen Horrorschocker erwartet, wird sicher enttäuscht, wer etwas sensibler gestimmt ist, interessiert sich vielleicht nicht für die Thematik, aber für alle Zuschauer dazwischen ist es ein durchaus unterhaltsamer Film geworden - wenn man dies bei dem Thema sagen darf - der zudem mit einem interessanten Gedankenspiel aufwartet, welches die Geschichte der Inquisition in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt.

Sollte der Film beim Publikum ankommen, wird außerdem gleich noch der Grundstein für eine Vielzahl an Fortsetzungen gelegt…

 

 

Regie: Julius Avery

Drehbuch: Michael Petroni, Evan Spiliotopoulos, b/a Story von Michael Petroni, R. Dean McCreary, Chester Hastings, b/a den Büchern „An Exorcist tells his story“ + „An Exorcist: More Stories“ von Gabriele Amorth

Kamera: Khalid Mohtaseb

Schnitt: Matt Evans

Musik: Jed Kurzel

 

Besetzung:

Russell Crowe, Daniel Zovatto, Franco Nero, Ralph Ineson, Alex Essoe, Peter DeSouza-Feighoney, Laurel Marsden

 

Screen Gems/ Sony Pictures

2023

103 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 6. April 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=xEd_MpQrEws (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=Ty0MUvAY2Iw (Englisch)

 

Dienstag, 4. April 2023

Im Kino: Air: Der große Wurf (Air)

In den 1980ger Jahren ist die Firma Nike reichlich uncool und nur mit Joggingschuhen erfolgreich, überall sonst hat die Konkurrenz die Nase vorn, allen voran Adidas und Converse. Das soll sich nach dem Willen von Nike-Gründer Phil Knight (Ben Affleck) ändern, und so hat der den Basketball-Bereich betreuende Sonny Vaccaro (Matt Damon) die zündende Idee, alles auf eine Karte zu setzen und den aufstrebenden Spieler Michael Jordan mit einem extra für ihn konzipierten Schuh zu ködern. Leider steht der junge Mann so gar nicht auf Nike, aber Sonny lässt nicht locker und macht Jordans Mutter (Viola Davis) ein verlockendes Angebot, jetzt liegt es an ihr, ihren Sohn zu überzeugen, dabei entwickelt sie einen erstaunlichen Geschäftssinn…

Eine Businessakquise mit Verhandlungen unter Geschäftspartnern und solchen, die es werden sollen, das klingt wie eine staubtrockene Angelegenheit, aber überraschender- und auch glücklicherweise entpuppt sich das Ganze ziemlich schnell als unterhaltsamer und spannender Film, der sich darüber hinaus einmal mehr mit dem Etikett „beruht auf einer wahren Begebenheit“ schmücken kann.

Was Affleck, der hier wieder einmal auf dem Regiesessel Platz genommen hat, abliefert, ist eine gekonnt inszenierte amerikanische Erfolgsstory, wie sie das Publikum liebt, dabei kann er sich einmal mehr auf seinen alten Kumpel Matt Damon verlassen, wie damals, als die beiden ihre eigene Erfolgstory in Hollywood starteten und für den gemeinsam entwickelten Film „Good Will Hunting“ gleich mit einem Oscar für das beste Originaldrehbuch belohnt wurden.

Dabei präsentiert sich Damon hier recht uneitel, als unsportlicher Mittvierziger mit leichter Wampe, der zwar alles über seinen Lieblingssport Basketball weiß, selbst aber bis zum Schluss irgendwelchen körperlichen Aktivitäten nichts abgewinnen kann. Wie er jedoch hartnäckig und mit einer gehörigen Portion Chuzpe sein Ziel gegen alle internen Widerstände verfolgt, damit wird er auch Zuschauer und Zuschauerinnen überzeugen, die ansonsten zunächst mit den beiden Thematiken – Business und Sport – nicht so viel anfangen können.

Die Geschichte rund um Taktiken und Finessen in der Businesswelt und wie man mit maßgeschneiderten Werbekonzepten eine Goldgrube für alle Beteiligten schafft, wird auch von dem übrigen Cast getragen, vielleicht sind es insgesamt ein paar Akteure zu viel, aber alle füllen ihre Rollen mit Leib und Seele aus, und deshalb ist ein gelungener Film herausgekommen, der trotz der teilweise sehr amerikanischen Attitüden auch einem hiesigen Publikum Spaß bereiten dürfte, unterstützt von einem geschickt eingewobenen 1980ger-Jahre-Flair einschließlich des dazu passenden Soundtracks, was im Moment sowieso ziemlich angesagt ist.

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Regie: Ben Affleck

Drehbuch: Alex Convery

Kamera: Robert Richardson

Schnitt: William Goldenberg

 

Besetzung:

Matt Damon, Ben Affleck, Viola Davis, Jason Bateman, Chris Messina, Chris Tucker, Matthew Maher, Gustaf Skarsgård

 

Amazon Studios/ Warner Bros. Pictures Germany

2023

112 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 6. April 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=jBdYZeu58MY (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=Ss8dY6xXNtI (Englisch)