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Mittwoch, 12. Juni 2019

Film-Rezensionen: The Dead Don’t Die

Die Erdachse hat sich verschoben und plötzlich gibt es merkwürdige Phänomene zu beobachten. So öffnen sich in der amerikanischen Kleinstadt Centerville die Gräber und Zombies überfluten die Straßen. Die Sheriffs Chief Cliff Robertson (Bill Murray) und Officer Ronnie Peterson (Adam Driver) beobachten die Lage mit Sorge, während die örtliche Bestatterin (Tilda Swinton), nachdem sie einige der Untoten elegant enthauptet hat, mit einem plötzlich auftauchenden Raumschiff entschwindet. Was wie absurdes Theater klingt, ist es auch.

Die Werke von Jim Jarmusch leben oft von absonderlichen, ungewöhnlichen Situationen und schrägen oder lakonischen Charakteren –wer könnte zum Beispiel einen lakonisch agierenden Sheriff besser verkörpern als Bill Murray? Dass an diesem auch im übrigen hochkarätig besetzten Film am Ende nichts zu stimmen scheint, mag ein Stilmittel sein, ebenso wie immer wieder eingestreute Wechsel auf die Metaebene, die jedoch ein wenig plump daherkommen. Ansonsten fehlt der Geschichte, bei der ganze Handlungsstränge ins absolute Nichts führen, leider das Gerüst, das sie zusammenhält, und – was noch schlimmer ist – der Humor, der Jarmuschs Filme sonst auszeichnet, zündet diesmal überhaupt nicht. Alles in allem bleibt der Zuschauer ratlos zurück und fragt sich, was er gerade gesehen hat. Für einen Horrorfilm ist es nicht gruselig genug (obwohl an etlichen Bürgern von Centerville herumgeknabbert wird), für eine Komödie nicht witzig und für eine Gesellschaftskritik nicht bissig genug (trotz der erwähnten angeknabberten Bürger). Man kann sich Gedanken darüber machen, ob hier die ultimative Endzeit zu sehen ist, in der alle Menschen wie Zombies auf der Suche nach einem Netz mit ihren Handys über die Straßen wanken, welche von Untoten bevölkert werden, die aussehen wie Iggy Pop (oder umgekehrt). Man kann es aber auch lassen.


  
Regie: Jim Jarmusch 
Drehbuch: Jim Jarmusch
Kamera: Frederick Elmes
Schnitt: Affonso Gonçalves
  
Darsteller:
Bill Murray, Adam Driver, Steve Buscemi, Tilda Swinton, Chloe Sevigny, Selena Gomez, Danny Glover, Tom Waits, Caleb Landry Jones, Eszter Balint, Iggy Pop


Universal Pictures
105 min.
Deutscher Kinostart: 13. Juni 2019




Film-Rezensionen: Britt-Marie war hier (Britt-Marie var här)

Das Leben von Britt-Marie (Pernilla August) ist streng durchgetaktet. Abweichungen von ihrer Tagesroutine erlaubt sie sich nicht, sie versorgt Mann und Haushalt vorbildlich, allerdings ohne jegliche erkennbare Emotion. Ob sie glücklich ist, weiß man nicht, ihr Mann ist es offensichtlich nicht, denn nach 40 Jahren Ehe entdeckt Britt-Marie, dass er sie betrügt. Plötzlich fällt die Fassade ihrer Existent in sich zusammen, aber ebenso konsequent, wie sie ihr Leben bisher geführt hat, bricht sie nun daraus aus. Sie sucht sich Arbeit und landet als Kinderbetreuerin in einem Nest namens Borg, wo sie trotz ihrer stoischen und sperrigen Art zur Überraschung aller, einschließlich ihrer selbst, für frischen Wind sorgt, indem sie sich zunächst mit dem, was sie beherrscht – strukturieren, putzen, kümmern – an die Arbeit macht. Am Ende sind Borg und Britt-Marie nicht mehr dieselben und sie kann sich an den nächsten Schritt ihrer Emanzipation wagen, bevor sie – vielleicht – eines Tages zu ihrem Mann zurückkehrt.

Die spröde Britt-Marie, von Pernilla August intensiv und anrührend dargestellt, ist die weibliche Weiterentwicklung des griesgrämigen Ove in Fredrik Backmans Roman und gleichnamiger schwedischen Verfilmung „Ein Mann namens Ove". Das plakative Thema: „Es ist nie zu spät für ein neues Leben", das jeder Zuschauer sofort erkennt, sollte dieser nicht leichtfertig als trivial abtun, denn die Wenigsten schaffen es tatsächlich, aus eingefahrenen Bahnen auszubrechen. Dass ausgerechnet einer Frau wie Britt-Marie, mit der man zunächst nur Mitleid empfindet, das gelingt, wovon viele vielleicht träumen, wegzugehen, um anzukommen, zeigt dieser Film, ein wenig sperrig vielleicht, aber dennoch liebenswert und mit leisem Humor.



Regie: Tuva Novotny
Drehbuch: Tuva Novotny, Anders August, Øystein Karlsen, b/a Roman von Fredrik Backman
Kamera: Jonas Alarik
Schnitt: Morten Egholm, Frederik Strunk, Håkan Karlsson
Musik: Ginge Anvik

Darsteller:
Pernilla August, Peter Haber, Anders Mossling, Malin Levanon, Stella Oyoko Bengtsson,
Lance Ncube, Olle Sarri, Vera Vitali, Mahmut Suvakci

Schweden 2019
Prokino
97 min.
Deutscher Kinostart: 13. Juni 2019