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Mittwoch, 25. Oktober 2017

Film-Rezensionen: Gauguin


Wer den Namen Paul Gauguin hört hat wahrscheinlich sogleich farbenfrohe Bilder von Palmen und blumengeschmückten jungen Frauen im Kopf, von Tahiti, diesem Sehnsuchtsort inmitten der weiten Südsee, von dem viele Menschen auf der ganzen Welt träumen. 

Der französische Maler Gauguin (Vincent Cassel) wird inmitten der Pariser Tristesse immer wieder von diesem Traum heimgesucht. Ursprünglich aus einem bürgerlichen Leben kommend hat er sich ganz und gar der Malerei verschrieben, aber wie so vielen Kollegen bleibt ihm der Erfolg verwehrt und irgendwann wird die Idee vom einfachen Leben, von Freiheit und künstlerischer Inspiration unter südlicher Sonne immer drängender. Es gelingt ihm nicht, einen einzigen seiner Malerkollegen dafür zu begeistern, mit ihm nach Tahiti zu reisen, auch seine dänische Frau Mette und seine fünf Kinder sind für dieses Abenteuer nicht zu haben. Weil er aber das Gefühl hat, zu ersticken und nach eigener Aussage „keine Landschaft und kein Gesicht mehr findet, die es verdienen, gemalt zu werden“, macht er sich 1891 allein auf den Weg in die Südsee, dorthin, wo man nach seiner Vorstellung mit wenig Geld glücklich werden kann.

Wie so viele Auswanderer holt ihn die Realität sehr schnell ein, das exotische Paradies entpuppt sich als grüne Hölle, in der seine romantischen Vorstellungen schnell zerplatzen. Der Film bietet eindrucksvolle Bilder, allerdings keine bunten und fröhlichen von Sonne, Sand und Palmen, die Landschaft zerfließt vielmehr graugrün im Regen und die Menschen singen und tanzen auch nicht ständig, sie haben sich nach Kolonialisierung und Christianisierung von ihrem ursprünglichen Leben bereits weit entfernt. Gauguin geht es, von Krankheit und Armut gezeichnet, bald so mies wie in Paris und er muss erkennen, dass er, wie alle zugewanderten Weißen, seinen Beitrag dazu leistet, die Ursprünglichkeit und Unbefangenheit der Tahitianer für immer zu zerstören. Um der neuerlichen Tristesse zu entfliehen zieht er, mit einem Pferd und wenigen Vorräten, dafür mit reichlich Farben und Leinwänden versehen, finanziert vom Geld, das er von seiner Frau aus Frankreich erhält, immer tiefer hinein in den Urwald, ausgezehrt, verhärmt – und endlich frei?

Er lebt zusammen mit der jungen Tahitianerin Tehura (Tuhei Adams), die seine Muse und Gefährtin wird, sie verewigt er immer und immer auf seinen später weltbekannten Bildern. Aber ihre Beziehung ist, wie so Vieles in seinem Leben, zum Scheitern verurteilt. Auch eine Rückkehr in die Stadt, wo Gauguin trotz seiner angeschlagenen Gesundheit einen Job im Hafen annimmt, um sich und Tehura durchzubringen, hilft nicht, irgendwann geht Tehura zu ihrer Familie zurück und Gauguin erkennt sein Scheitern im Paradies. Desillusioniert, krank und in einem desolaten Zustand fährt er zunächst heim nach Frankreich, kehrt dann noch einmal nach Polynesien zurück, wo er stirbt, ohne den Ruhm und die Anerkennung zu erleben, die seinen Werken später zuteil wurden.

Der Film basiert auf einem Reisebericht Gauguins mit dem Titel „Noa Noa“, den dieser selbst verfasst hat. Sowohl Bericht als auch Film haben keinen dokumentarischen Charakter, tatsächliche Ereignisse mischen sich mit fiktionalen Elementen. Wie in seinen Bildern hat Gauguin auch in „Noa Noa“ seine eigene Welt erschaffen und als Zeuge einer untergehenden Zivilisation gemalt, was sich gerade auflöste. Es wird einmal mehr klar, dass jeder, der sich auf die Suche nach dem Paradies macht, dieses mit seinem Eintreffen dort dem Untergang weiht.

Regisseur Edouard Deluc orientiert sich an der wahren Lebensgeschichte Gauguins, nimmt sich aber auch künstlerische Freiheiten heraus. So gibt es reale Figuren, aber in Tehura verdichten sich mehrere Frauen, die Gauguin geliebt hat, und auch die dramatische Beziehung eines Liebes-Trios zwischen Gauguin, Tehura und einem jungen Tahitianer hat es so nicht gegeben. Aber es ist ein ambitioniertes Werk, getragen von einem großartigen, tief in seine Figur eintauchenden Vincent Cassel, der mit jeder Faser seines Körpers leidet, um in seinen Bildern das zu schaffen, was es so nicht gibt: Reinheit, Schönheit und ewiges Glück.

Regie: Edouard Deluc 
Drehbuch: Edouard Deluc, Etienne Comar, Thomas Lilti, Sarah Kaminsky, frei adaptiert nach „Noa Noa, Voyage de Tahiti“ von Paul Gauguin 
Produktion: Bruno Levy
Kamera: Pierre Cottereau 
Originalmusik: Warren Ellis 
Darsteller: Vincent Cassel, Tuhei Adams, Malik Zidi, Pua-Tai Hikutini, Pernille Bergendorff

101 min. 
Deutscher Kinostart: 02. November 2017

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