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Mittwoch, 19. Dezember 2018

Film-Rezensionen: Bumblebee

 Man hat es nicht leicht als Teenager, dem das Leben so gar nichts zu bieten scheint und man sich fühlt, als gehöre man nirgendwo so richtig dazu. Es ist das Jahr 1987, Charlie Watson lebt in einer kalifornischen Kleinstadt, ihr Vater ist verstorben, der Stiefvater zwar bemüht, aber weder er noch ihre Mutter scheinen sie richtig zu verstehen, und der kleine Stiefbruder nervt.   Geld für ein eigenes Auto gibt es auch nicht, bis Charlie an ihrem 18. Geburtstag auf einem Schrottplatz einen alten knallgelben VW Käfer entdeckt. Sie liebt es, an Autos herumzuschrauben, ein Hobby, das sie mit ihrem verstorbenen Vater geteilt hat, und so holt sie den Käfer heim, um ihn wieder auf Vordermann zu bringen. 

Was sie nicht weiß ist, dass es sich bei dem Gefährt um den Autobot B-127 handelt, der von seinem Anführer Optimus Prime auf die Erde geschickt wurde, um dort nach dem verlorenen Kampf um Cybertron eine neue Basis aufzubauen. Aber B-127 hatte einen schlechten Start, eine Armeeeinheit um Agent Burns (John Cena) und ein kurzes Scharmützel mit dem hinterhergereisten Decepticon Blitzwing hat ihn arg ramponiert. Vor allem hat er seine Stimme verloren und ist ziemlich verängstigt und verstört, als Charlie bei ihrem Versuch, den gelben Käfer zu reparieren, auf sein Geheimnis stößt und der Autobot plötzlich in seiner ganzen (auseinandergefalteten) Größe vor ihr steht. Nachdem beide ihren anfänglichen Schrecken überwunden haben, entwickelt sich schnell eine rührende Beziehung zwischen ihnen, ohne dass es allzu kitschig wird.

Als Vorgeschichte zu den späteren Transformers-Abenteuern angelegt, erfahren wir hier, wie B-127 zu seinem Namen und zu seiner Radiosprache kommt, aber der Film ist mehr als ein Prequel, das Fragen beantwortet, die nie gestellt wurden. Es ist der Versuch, aus der actionlastigen und stellenweise als sexistisch verschrienen Bombastreihe ein familientaugliches Abenteuer mit Seele zu machen, und der Versuch darf als gelungen angesehen werden. Die Protagonistin Hailee Steinfeld  füllt ihre Rolle überzeugend aus und eröffnet der Filmreihe aufgrund ihrer schauspielerischen Qualitäten eine neue ungekannte Dimension.
„Bumblebee“ ist ein charmanter Ausflug in die zur Zeit so angesagten 80ger Jahre und die Geschichte um Charlie und Bumblebee erlaubt sich augenzwinkernd jede Menge musikalische oder filmische Anspielungen auf diese Zeit. Daneben gibt es nette King-Kong-Momente, aber mehr noch steckt in Bumblebee ein heimatloser, verängstigter E.T., der jede Menge Zuwendung braucht, und die Älteren werden sich hin und wieder an Herbie, den „tollen Käfer“ erinnern, wenn Charlie und Bumblebee die Straßen unsicher machen. Absolutes Highlight sind bezeichnenderweise nicht die Tranformers-Kampfsequenzen, von denen es auch hier ein paar gibt, sondern der neugierige, aber absolut tapsige und ungeschickte Bumblebee, der ein Wohnzimmer zerlegt, das einfach nicht auf seine Körpermaße zugeschnitten ist.

So machen die „Transformers“ wieder Spaß, ein Wohlfühlfilm für alle Generationen!



 Regie: Travis Knight
Drehbuch: Christina Hodson
Kamera: Enrique Chediak
Production Design: Sean Haworth
Musik: Dario Marianelli

Darsteller:
Hailee Steinfeld, Dylan O'Brian, Megyn Price

FSK 12
113 min
Deutscher Kinostart: 20. Dezember 2018



Mittwoch, 12. Dezember 2018

Film-Rezensionen: Mortal Engines

Wenn Peter Jackson sich daran macht – wenn auch, wie in diesem Fall nur als Produzent und Drehbuchschreiber – fantastische Welten zu erschaffen, dann ist die Erwartung hoch, dass Großes auf uns zu kommt. Die Geschichte von "Mortal Engines" geht auf eine Jugendbuchreihe zurück und der Film wurde bewährterweise in Neuseeland gedreht.

Die Menschheit hat sich in einem 60 Minuten dauernden Krieg mit einer neuen Superwaffe fast komplett vernichtet und brauchte ein paar Jahrhunderte, um sich davon einigermaßen zu erholen. Die Erde ist nun zum größten Teil öde und leer, auf der Suche nach überlebensnotwendigen Ressourcen fahren gigantische Städte auf Rädern umher, walzen panzergleich alles platt und verschlingen kleinere Städte, um sich alles Brauchbare – Mensch und Material – einzuverleiben und den unverdaulichen Rest auszuscheiden. Eine der mächtigsten dieser Städte ist London, und gleich zu Beginn werden wir Zeuge einer Städtejagd, beeindruckend und in faszinierenden Bildern in Szene gesetzt, das macht Spaß und Lust auf mehr. Als Gegenpart zu den Raubstädten gibt es irgendwo in der Ferne hinter einer riesigen Mauer eine Kolonie von Widerständlern gegen diese Art der Städteplanung, sogenannte Anti-Traktionisten, sesshafte Freigeister, die sich widersetzen.

Und es gibt eine spezielle Rebellin, Hester Shaw (Hera Hilmar), deren tapfere Mutter von
einem Bösewicht ermordet wurde. Hester ist wild und verwegen und trägt als äußeres Zeichen dessen eine ungezähmte Haarpracht sowie eine Narbe im Gesicht, die ihr bei dem Mord an ihrer Mutter zugefügt wurde. Ihr Ziel ist es, deren Mörder zu töten, dafür muss sie nach London, wo sie auf den braven Historiker Tom (Robert Sheehan) trifft. Beide werden hineingestoßen in eine Schicksalsgemeinschaft – in Toms Fall im wahrsten Sinne des Wortes – von demselben Schurken (Hugo Weaving), den es zu bekämpfen gilt, bis zum leider in allen Facetten vorhersehbaren Ende.


Die Geschichte ist so konventionell erzählt, dass der Zuschauer an manchen Stellen die Dialoge mitsprechen könnte, und die Figuren und Handlungsstränge gehorchen einer Dramaturgie, die sich bis ins Detail an jedes, wirklich jedes Klischee dieses Genres hält. So muss am Ende wieder einmal ein tödlicher Countdown buchstäblich in letzter Sekunde gestoppt werden, und als beim unvermeidlichen Showdown als besondere Überraschung ein vermeintlich großes Geheimnisses aufgedeckt wird, ist dies ein weiteres unglückliches Glied in der Kette von platten Versatzstücken, bei dem das Publikum im Saal nur gequält aufstöhnen kann.

So gehen die ansonsten guten Ansätze leider unter, wie das mit viel Liebe gestaltete Innenleben der rollende Stadt London, die neben ihrer Kommandozentrale ein wunderbar altmodisches Bild bietet, mit Bibliothek und Museum, wo all das aufbewahrt, aufgearbeitet und wiederhergestellt werden soll, was der Menschheit durch ihren zerstörerischen letzten Krieg und ihre Lebensweise davor beinahe verloren gegangen ist.

Die zahlreichen Nebenfiguren helfen ebenfalls nicht, die dünne Geschichte aufzuwerten, auch sie können sich nicht aus ihrer schablonenhaften Rolle lösen, obwohl sie Potential für Größeres gehabt hätten, wie zum Beispiel die taffe Widerstandskämpferin Anna Feng (Jihae). Einzig der unheimliche Shrike (Stephen Lang), eine Menschmaschine ohne Herz, aber mit Seele, hat ansatzweise den vielschichtigen Charakter, den man allen anderen Figuren auch gewünscht hätte, damit dieser Film mit so viel Potential zu einem wirklich großen Ereignis hätte werden können.

Fraglich ist schließlich, ob es in Zeiten des Brexits eine glückliche Entscheidung war, London als Protagonisten auftreten zu lassen, es wirkt aktuell wenig pietätvoll, wenn man dabei zusieht, wie eine honorige und verdienstvolle Stadt bei dem Versuch, sich zu Großem aufzuschwingen, krachend scheitert…




Regie: Christian Rivers
Drehbuch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Peter Jackson, b/a Romanen von: Philip Reeve
Kamera: Simon Raby
Produktionsdesign: Dan Hennah
Musik: Tom Holkenborg
Produzenten: Zane Weiner, Amanda Walker, Deborah Forte,
Fran Walsh, Peter Jackson
Darsteller: Hugo Weaving, Hera Hilmar, Robert Sheehan, Jihae, Ronan Raftery,
Leila George, Patrick Malahide und Stephen Lang
 

Universal Pictures International Germany
FSK 12
129 min.
 Deutscher Kinostart: 13. Dezember 2018