Die Menschheit hat sich in einem 60 Minuten dauernden Krieg
mit einer neuen Superwaffe fast komplett vernichtet und brauchte ein paar
Jahrhunderte, um sich davon einigermaßen zu erholen. Die Erde ist nun zum
größten Teil öde und leer, auf der Suche nach überlebensnotwendigen Ressourcen
fahren gigantische Städte auf Rädern umher, walzen panzergleich alles platt und
verschlingen kleinere Städte, um sich alles Brauchbare – Mensch und Material –
einzuverleiben und den unverdaulichen Rest auszuscheiden. Eine der mächtigsten
dieser Städte ist London, und gleich zu Beginn werden wir Zeuge einer
Städtejagd, beeindruckend und in faszinierenden Bildern in Szene gesetzt, das macht
Spaß und Lust auf mehr. Als Gegenpart zu den Raubstädten gibt es irgendwo in
der Ferne hinter einer riesigen Mauer eine Kolonie von Widerständlern gegen
diese Art der Städteplanung, sogenannte Anti-Traktionisten, sesshafte
Freigeister, die sich widersetzen.
Und es gibt eine spezielle Rebellin, Hester Shaw (Hera
Hilmar), deren tapfere Mutter von
einem Bösewicht ermordet wurde. Hester ist
wild und verwegen und trägt als äußeres Zeichen dessen eine ungezähmte Haarpracht sowie eine Narbe im Gesicht, die ihr bei dem Mord an ihrer Mutter
zugefügt wurde. Ihr Ziel ist es, deren Mörder zu töten, dafür muss sie nach
London, wo sie auf den braven Historiker Tom (Robert Sheehan) trifft. Beide
werden hineingestoßen in eine Schicksalsgemeinschaft – in Toms Fall im wahrsten
Sinne des Wortes – von demselben Schurken (Hugo Weaving), den es zu bekämpfen
gilt, bis zum leider in allen Facetten vorhersehbaren Ende.
Die Geschichte ist so konventionell erzählt, dass der
Zuschauer an manchen Stellen die Dialoge mitsprechen könnte, und die Figuren
und Handlungsstränge gehorchen einer Dramaturgie, die sich bis ins Detail an
jedes, wirklich jedes Klischee dieses Genres hält. So muss am Ende wieder
einmal ein tödlicher Countdown buchstäblich in letzter Sekunde gestoppt werden,
und als beim unvermeidlichen Showdown als besondere Überraschung ein
vermeintlich großes Geheimnisses aufgedeckt wird, ist dies ein weiteres
unglückliches Glied in der Kette von platten Versatzstücken, bei dem das
Publikum im Saal nur gequält aufstöhnen kann.
So gehen die
ansonsten guten Ansätze leider unter, wie das mit viel Liebe gestaltete Innenleben
der rollende Stadt London, die neben ihrer Kommandozentrale ein wunderbar
altmodisches Bild bietet, mit Bibliothek und Museum, wo all das aufbewahrt,
aufgearbeitet und wiederhergestellt werden soll, was der Menschheit durch ihren
zerstörerischen letzten Krieg und ihre Lebensweise davor beinahe verloren
gegangen ist.
Die zahlreichen Nebenfiguren helfen ebenfalls nicht, die
dünne Geschichte aufzuwerten, auch sie können sich nicht aus ihrer
schablonenhaften Rolle lösen, obwohl sie Potential für Größeres gehabt hätten,
wie zum Beispiel die taffe Widerstandskämpferin Anna Feng (Jihae). Einzig der
unheimliche Shrike (Stephen Lang), eine Menschmaschine ohne Herz, aber mit
Seele, hat ansatzweise den vielschichtigen Charakter, den man allen anderen
Figuren auch gewünscht hätte, damit dieser Film mit so viel Potential zu einem
wirklich großen Ereignis hätte werden können.
Fraglich ist schließlich, ob es in Zeiten des Brexits eine
glückliche Entscheidung war, London als Protagonisten auftreten zu lassen, es
wirkt aktuell wenig pietätvoll, wenn man dabei zusieht, wie eine honorige und
verdienstvolle Stadt bei dem Versuch, sich zu Großem aufzuschwingen, krachend
scheitert…
Regie: Christian Rivers
Drehbuch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Peter Jackson,
b/a Romanen von: Philip Reeve
Kamera: Simon Raby
Produktionsdesign: Dan Hennah
Musik: Tom Holkenborg
Produzenten: Zane
Weiner, Amanda Walker, Deborah Forte,
Fran Walsh, Peter Jackson
Darsteller: Hugo Weaving, Hera Hilmar, Robert Sheehan,
Jihae, Ronan Raftery,
Leila George, Patrick
Malahide und Stephen Lang
Universal Pictures
International Germany
FSK 12
129 min.
Deutscher Kinostart:
13. Dezember 2018
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