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Dienstag, 6. April 2021

Heimkino: Pelikanblut

Wiebke (Nina Hoss) lebt mit Adoptivtochter Nikolina (Adelia-Constance Ocleppo) auf ihrem Pferdehof, wo sie eine Reiterstaffel der Polizei trainiert. Nikolina stammt aus einem bulgarischen Weisenhaus und eines Tages erhält Wiebke die Gelegenheit, ein zweites Mädchen, die kleine Raya (Katerina Lipovska), von dort zu bekommen. Ihr Glück scheint vollkommen, aber das niedliche Mädchen entpuppt sich bald als unkontrollierbarer Problemfall, dessen Wutanfälle und Aggressionen das Leben für alle immer unerträglicher machen, bis Wiebke, am Ende ihrer Kraft, sich zu einer ganz besonderen Therapie entschließt.

Ähnlich wie in dem vielbeachteten Werk „Systemsprenger“ von Nora Fingscheidt
bringt ein unangepasstes Kind die Erwachsenen um sich herum an ihre Grenzen. Bei allem Verständnis für die traumatischen Erlebnisse der kleinen Raya scheint es keinen Weg zu geben, zu dem Mädchen durchzudringen, nicht mit Liebe, nicht mit Strenge. Aber genau das kann und will die im Umgang mit störrischen und verstörten Pferden geschulte Wiebke einfach nicht wahrhaben, und es ist aufwühlend, mit anzusehen, wie sie sich und ihr Umfeld quält, obwohl ihr auch Fachleute zum Aufgeben raten. Ist es eine tief verwurzelte Mutterliebe, die ihr keine Wahl lässt, als auch das nicht leibliche Kind bedingungslos und bis zur Selbstaufgabe zu umsorgen, so wie es, der Legende nach Pelikanmütter mit ihren bereits toten Küken machen, oder ist es der eigene brennende Ehrgeiz, sich und aller Welt als starke und unbeugsame Frau zu beweisen, die nie aufgibt, wenn sie eine Aufgabe übernommen hat? Für letzteres sprechen die durchaus gewollten Parallelen zu ihrer Arbeit, bei der sie „Problempferde“ ebenfalls mit unendlicher Geduld führt und trainiert, auch wenn es aussichtslos scheint.

Dass sie, um Raya zu retten, am Ende auch vor irrationalen Methoden nicht zurückschreckt, ist konsequent, aber für den Zuschauer etwas schwer verdaulich. Man kann es als Taschenspielertrick des Films sehen, die offensichtlich ausweglose Situation doch noch zu aufzulösen, oder als Metapher dafür, dass es immer einen Weg gibt, auch wenn es fragwürdig bleibt, ob man diesen wirklich gehen sollte, denn alles hat seinen Preis. Was dies für Wiebke und ihre Familie bedeutet, bleibt letztlich offen, es gibt aber Zeichen für ein gutes Ende.

Der Film bewegt sich in einem durchaus spannenden Cross-Genre zwischen Drama und Horror und lebt von der bewegenden Darstellung seiner Protagonisten Nina Hoss und der sensationellen kleinen Katerina Lipovska. Beide sorgen für eine emotionale Achterbahnfahrt und wer bereit ist, sich auf beide Ebenen einzulassen, erlebt einen spannenden Film, der noch eine Weile nachwirkt.



 Regie: Katrin Gebbe

Drehbuch: Katrin Gebbe

Kamera: Moritz Schultheiß

Schnitt: Heike Gnida

Musik: Johannes Lehniger

 

Darsteller:

Nina Hoss, Murathan Muslu, Katerina Lipovska, Adelia-Constance Ocleppo, Yana Marinova, Daniela Holtz

 

 DCM

D/ BGR 2019

FSK 16

VÖ: EST 02. April 2021; DVD, Blu-ray & digital ab 09. April 2021

 

 Details DVD:

Laufzeit: ca. 122 min.

Bildformat: 2,39:1 (16:9 anamorph)

Audio: DD 5.1

Sprache: Deutsch

Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte

Bonus: Trailer

EAN: 4061229150200

 

Details Blu-ray:

Laufzeit: ca. 127 min.

Bildformat: 2,39:1 (1080p/24)

Audio: DTS-HD MA 5.1

Sprache: Deutsch

Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte

Bonus: Trailer

EAN: 4061229150217

 

Trailer: https://youtu.be/8M8Zq4wgmzE

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