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Donnerstag, 8. Februar 2018

Film-Rezensionen: Alles Geld der Welt (All the Money in the World)


Anfang der 70ger Jahre des vorigen Jahrhunderts galt der amerikanische Öl-Tycoon J. Paul Getty als der reichste Mensch der Welt, er war bereits Milliardär, als viele andere noch versuchten, in den Kreis der Millionäre zu gelangen. Sein unglaublicher Reichtum weckte Begehrlichkeiten und so wurde 1973 einer seiner Enkel – John Paul Getty III – in Rom entführt. Für dessen Freilassung sollte der Großvater 17 Millionen Dollar zahlen, der Film von Ridley Scott – basierend auf John Pearsons Buch „Painfully Rich: The Outrageous Fortunes and Misfortunes of the Heirs of J. Paul Getty“ – arbeitet die Geschichte dieser Entführung akribisch auf. 

Obwohl es die farbigste Phase des Films ist, lässt Ridley Scott den 16-jährigen Paul (Charlie Plummer) zu Beginn in schwarz-weißen Bildern sorglos durch das Nachtleben des quirligen Roms jener Zeit flanieren, bis er bei einem seiner Streifzüge in einen Lieferwagen gezerrt und entführt wird. Ab diesem Moment kehrt zwar die Farbe in den Film zurück, die durchgehend fahle und bleierne Atmosphäre jedoch schafft Bilder, die viel farbloser wirken, als die schwarz-weißen zuvor.


Der Junge harrt irgendwo auf dem Land in einer erbärmlichen Arrestzelle auf seine Rettung, diese ist jedoch nicht in Sicht, denn der alte Getty (Christopher Plummer) weigert sich strikt, auch nur einen Cent des geforderten Lösegelds zu zahlen. Nach seiner Auffassung liegt die Schwierigkeit nicht darin, viel Geld zu machen, sondern dieses viele Geld auch zu behalten und da er noch 13 weitere Enkel hat, fürchtet er um sein Vermögen, wenn seine Zahlung Nachahmer auf den Plan ruft. Außerdem macht er sich mehr als bereitwillig die These seines Sicherheitsberaters, des Ex-CIA-Agenten Fletcher Chase (Mark Wahlberg) zu eigen, nach dem die Entführung nur inszeniert wurde, um dem jungen Paul, dessen Vater nicht zu den erfolgreichen Vertretern der Familie Getty gehört, vorzeitig zu seinem Erbe zu verhelfen.


Einzig die verzweifelte Mutter Gail (Michelle Williams) setzt alle Hebel in Bewegung, um ihren Jungen zurückzuholen, dabei hat sie weder Geld noch die nötigen Beziehungen, um zum Erfolg zu kommen, aber das macht sie mit Herzblut und übermächtigem Engagement wett. Obwohl Fletcher Chase ihr schließlich hilft und sie gegen den alten Getty unterstützt, stocken die Verhandlungen mit der für die Entführung verantwortlichen kalabrischen ’Ndrangheta ein ums andere Mal und es vergehen Wochen und Monate, in denen die Situation für den jungen Paul immer auswegloser wird, da der Fall auf Tatsachen beruht, ist es allerdings kein Geheimnis, dass Paul am Ende (fast) unversehrt nach Hause zurückkehrt.

Fasziniert und angewidert zugleich zeichnet Ridley Scott das Porträt eines reichen, geizigen alten Mannes, dem Kunst und Kunstwerke mehr bedeuten als menschliche Nähe. Menschen neigen in seinen Augen dazu, unaufrichtig, geldgierig und faul zu sein und so widmet er sich, ganz in seinen Landsitz und seinen Luxus vergraben, den zwei Dingen, die seinem Leben Sinn geben, dem Geldverdienen und den schönen Künsten. Letzteres lässt ihn zu einem bedeutenden Kunstsammler und –mäzen werden. Ob ihm das Leben seines entführten Enkels am Herzen liegt, ist nicht erkennbar, denn er hat es gegen alle Eindringlinge fest verschlossen. Dass seine Kälte und Griesgrämigkeit die Figur nicht zu einer bösen Karikatur geraten lassen, liegt an dem grandiosen Christopher Plummer, der die Rolle kurzfristig übernommen hat, nachdem der Regisseur Scott sich entschlossen hatte, aufgrund des Skandals um Kevin Spacey, der ursprünglich verpflichtet worden war, diesen komplett aus dem fast fertigen Film herauszuschneiden und sämtliche seiner Szenen mit Plummer nachzudrehen. Überragend ist außerdem Michelle Williams, die sich in ihrer kafkaesken Lage, in der andere Menschen, die Entführer, der alte Mann, die erfolglose Polizei, über das Schicksal ihres Sohnes bestimmen wollen, all ihre Kräfte mobilisiert und letztlich auch Erfolg hat.
Dass der Film trotz des dramatischen Inhalts und der herausragenden Darsteller nicht über 132 Minuten fesseln kann, liegt nicht daran, dass die Geschichte und damit das Ende bekannt ist. Vielmehr fehlt es an einer straffen Erzählweise, die die Handlung konsequent vorantreibt. Ein paar unnötige Rückblenden, die langwierigen Szenen, die den Entführern gewidmet werden, deren Charaktere nicht viel hergeben sowie die überflüssige Geschichte rund um den farblosen FBI-Mann Chase lassen die durchaus aufkommende Spannung leider immer wieder abflauen und der Film quält sich seinem Ende entgegen, an dem nicht nur das Entführungsopfer dankbar ist, als es vorbei ist.



Regie: Ridley Scott
Drehbuch: David Scarpa, John Pearson b/a seiner Buchvorlage
Kamera: Dariusz Wolski
Musik: Daniel Pemberton
Darsteller: Michelle Williams, Christopher Plummer, Charlie Plummer, Romain Duris, Mark Wahlberg, Timothy Hutton



USA 132 min.
Deutscher Kinostart: 15. Februar 2018















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