Die (fiktive) Kleinstadt Ebbing irgendwo in Missouri, USA,
ist einer dieser Orte…
Das Städtchen unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht
von jedem anderen Nest, das man bei kurzer Durchfahrt als klein, vielleicht
idyllisch, aber nichtssagend einordnen würde. Hinter der harmlosen Fassade
schlummert jedoch der ein oder andere Abgrund.
Es hat ein schreckliches Verbrechen gegeben, eine junge Frau
ist ermordet und vergewaltigt worden und der Täter konnte nicht ermittelt
werden. Die Mutter des Opfers, Mildred Hayes (Frances McDormand), verhärmt und
verbittert, kann sich nicht damit abfinden und mietet eines Tages drei riesige
Werbetafeln am Ortsrand, um auf die Untätigkeit der Polizei hinzuweisen, ein
Aufschrei und eine öffentliche Anklage, bei der sie den Polizeichef Willoghby
(Woody Harrelson) persönlich für die Unfähigkeit der Polizei verantwortlich
macht, die sich in ihren Augen mehr auf die Jagd auf schwarze Jugendliche
konzentriert, als auf die Aufklärung wirklicher Straftaten.
Besonders der tumbe
Jason Dixon (Sam Rockwell) steht für das Versagen der Staatsmacht, ein
unkontrolliert marodierender rassistischer Polizist mit Alkoholproblem, der bei
seiner ebenso rassistischen Mutter lebt. Auch für ihn hat Mildred nur
Verachtung übrig, dabei wird ihr Kreuzzug für Gerechtigkeit im Laufe des Films
selbst immer fragwürdiger. Ihre Radikalität ist zwar für die Mutter eines
Verbrechensopfers verständlich, mit rechtsstaatlichen Prinzipien aber nicht
immer kompatibel. Um diesen Kern von Protagonisten kreisen noch weitere schräge
Figuren, so Mildreds Ex-Ehemann Charlie, der inzwischen mit einem 19-jährigen
Dummchen herumzieht und ein kleinwüchsiger Verehrer Mildreds (Peter Dinklage),
der ihr bei einer ihrer völlig aus dem Ruder gelaufenen Aktionen beisteht.
Mit dem neugierigen Blick eines Insektenforschers erschafft
Regisseur McDonagh ein Biotop der Monstrositäten. Es ist kein Abbild der
(amerikanischen) Gesellschaft an sich, vielmehr bekommt der Zuschauer einen
Blick hinter die Fassade einer Familie, deren Mitglieder untereinander zutiefst
zerstrittenen sind, dann aber doch wieder zusammenhalten, weil man eben
irgendwie zusammengehört. Man geht nicht zimperlich miteinander um, die
teilweise grobschlächtige Sprache ist oft verletzend und meistens so gemeint,
manchmal vermittelt sie aber auch eine Intimität, die es eben nur in Familien
gibt, die zusammenhalten, egal, welche Prüfungen das Schicksal bereit hält.
Die Akteure handeln brutal, sind aber auch gleichzeitig
verletzlich, und erst die tröstenden und weisen Worte eines Toten, die dieser
in mehreren Abschiedsbriefen an seine Schäfchen richtet, gibt manchem von ihnen
eine neue Perspektive und den entscheidenden Denkanstoß, dass die ganze Wut,
die sich durch alle ihre Handlungen zieht, nur noch größere Wut erzeugt. Die
fragwürdige Läuterung des Rassisten Dixon wird so nachvollziehbar, und wenn er
sich am Ende mit seiner größten Widersacherin zusammentut, um einen Fremden zu
bestrafen, der zwar leider nicht als Mörder von Mildreds Tochter in Frage
kommt, aber offensichtlich ein anderes Verbrechen auf dem Kerbholz hat, haben
die beiden immer noch nicht die ganze Lektion gelernt, aber es besteht Hoffnung, es ist noch nicht alles verloren in Ebbing, Missouri.
Regie: Martin McDonagh
Drehbuch: Martin McDonagh
Kamera: Ben Davis
Musik: Carter Burwell
Darsteller: Frances Mc Dormand, Woody Harrelson; Sam
Rockwell, Caleb Landry Jones, Peter Dinklage, Sandy Martin, Lucas Hedges, John
Hawkes, Darrell Britt-Gibson
20th Century Fox; Fox Searchlight Pictures
USA, 115 min.
FSK 12
Im Kino
seit 25. Januar 2018
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