Mein ziemlich kleiner Freund (Un homme à la hauteur)
Dass die Franzosen ernste Themen unterhaltsam in eine
Komödie verpacken können weiß man nicht erst seit „Ziemlich beste Freunde“. Nun
startet „Mein ziemlich kleiner Freund“ (Originaltitel: „Un homme à la hauteur),
ein Film, der auf leichte Art eine Liebesgeschichte unter schwierigen Umständen
erzählt.
Diane (Virginie Efira) ist erfolgreiche Anwältin, die nach
der Trennung von ihrem Mann die gemeinsame Kanzlei mit ihm weiterführt, wobei
es aufgrund der persönlichen Spannungen zwischen den beiden immer wieder zu
heftigen Auseinandersetzungen kommt. Nach einem anstrengenden Tag, kehrt sie
erschöpft in ihre Wohnung zurück, als sie den Anruf eines sympathisch
klingenden Mannes erhält. Er ist der Finder ihres Handys, das sie – passend zum
Tag – nach einem Streit mit ihrem Ex in einem Bistro liegen gelassen hat.
Alexandre – so stellt er sich vor – überredet sie zu einem Treffen, mittags,
man weiß ja nicht, mit wem man es zu tun hat… Allerdings klingt seine Stimme
angenehm und so geht Diane mit einem guten Gefühl zu dem Treffen, neugierig auf
diesen Mann, der so charmant zu plaudern weiß.
Als er dann erscheint, weiß sie allerdings nicht, wie sie
sich verhalten soll, denn Alexandre (dargestellt von Jean Dujardin) ist
Architekt, kultiviert, bestens gekleidet – und misst lediglich 1,36 m. Diane
hat in ihrem Verhaltenskodex offensichtlich kein Muster, das sie abrufen könnte
und so lässt sie sich zögernd auf ihn ein, überrumpelt von seinem umwerfenden
Charme und seiner Hartnäckigkeit. Er arrangiert für sie spannende und
außergewöhnliche Treffen, bis sie mehr und mehr seine geringe Körpergröße zu
vergessen scheint und in ihm nur noch den Mann sieht, der nach allen Regeln der
Kunst um sie wirbt.
Dass Diane und Alexandre ein ungewöhnliches Paar sind, wird,
wie zu erwarten, immer dann zum Problem, wenn sie nicht alleine sind. Es kommt
zu einigen unangenehmen bis peinlichen Situationen, die beide zwar würdevoll
meistern, aber es wird klar, dass sie in ihrer Beziehung mit mehr
Schwierigkeiten zu kämpfen haben, als die meisten Paare üblicherweise zu
bewältigen haben.
Dianes Fähigkeit, sich diesen Schwierigkeiten zu stellen
wird immer wieder auf die Probe gestellt. Sie scheint sich zu fragen, was sie
von einem Mann erwartet: Soll er nicht groß und stark sein, sie beschützen und
buchstäblich auf Händen tragen, oder ist sie so emanzipiert, zu akzeptieren,
dass seine Größe und Stärke eben auf anderem Gebiet liegen?
Es ist nicht so sehr offene Ablehnung dessen, was außerhalb
der gewohnten Norm steht, mit der sie zu kämpfen haben, sondern es sind die
kleinen scheinbar selbstverständlichen Dinge, die durch die Abweichung von
dieser Norm nicht mehr so selbstverständlich erscheinen. Es ist eine Sache,
Toleranz aus der Ferne zu üben, hautnah herangerückt wird diese immer wieder
auf die Probe gestellt.
Neben diesem durchaus ernsten Anliegen des Film ist es
dennoch eine Komödie, die auch vor einigen Slapstick-Momenten nicht
zurückschreckt, hierfür sorgen ein großer Hund, aber auch vor allem die
glänzend besetzten Nebenrollen in Gestalt von Dianes Mutter, ihrer Sekretärin
und auch ihrem Ex-Mann, während Alexandres erwachsener Sohn (César Domboy), der
ein wenig ziellos durch sein Leben irrt, für ein paar schöne Vater-Sohn-Momente
sorgt.
Dem Film gelingt es, immer wieder anrührend zu zeigen, wie
Alexandres – sicherlich hart erkämpftes – Selbstbewusstsein Risse bekommt, wenn
er sich für Diane öffnet und ihr seine Verletzlichkeit zeigt, die niemand sonst
zu sehen bekommt. Dies liegt vor allem an dem hervorragenden Jean Dujardin, dem
George Valentin aus dem oscarprämierten Überraschungshit „The Artist“, der
bereits in diesem kongenialen Stummfilm zeigen konnte, dass es nicht vieler
Worte bedarf, um als Darsteller zu glänzen. Virginie Efira überzeugt ebenfalls
als schöne und gleichermaßen emanzipierte Frau, die sich auf ein Abenteuer
einlässt, dessen Ausgang ungewiss bleibt. Aber das trifft schließlich auf alle
Liebesgeschichten zu.
„Mein ziemlich kleiner Freund“ – das Remake eines argentinischen Films „Corazón de León“ von
Marcos Carnevale – startet am 01. September 2016 in den deutschen Kinos.
Regie: Laurent Tirard
Drehbuch: Laurent Tirard, Grégoire Vigneron
Kamera: Jérôme Alméras
Musik: Eric Neveux
Originalsongs: Emilie Gassin
Darsteller: Jean Dujardin, Virginie Efira, Cédric
Kahn, Stéphane Papanian, César Domboy, Edmonde Franchi
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