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Montag, 4. September 2017

Film-Rezensionen: Meine Cousine Rachel (My Cousin Rachel)


England in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts: Der elternlose Philip Ashley (Sam Claflin) wird als Kind von seinem älteren unverheirateten Cousin Ambrose aufgenommen und wächst auf dessen Landgut in einem frauenlosen Haushalt auf. Als Philip Anfang 20 ist, reist der gesundheitlich angeschlagene Ambrose wegen des besseren Klimas die nächsten Winter über nach Italien.

Im dritten Winter lernt er eine Frau – eine entfernte Cousine – namens Rachel (Rachel Weisz) kennen und lieben. In seinen Briefen an Philip schwärmt Ambrose von dieser Frau, bis schließlich die Nachricht kommt, dass beide geheiratet haben. Einige Zeit danach erreichen Philip ein paar düstere Briefe und es klingt an, als trachte Rachel ihrem frischgebackenen Ehemann nach dem Leben. Besorgt reist Philip daraufhin nach Italien, aber Reisen in dieser Zeit sind lang und mühselig und als er schließlich in Florenz eintrifft, ist Ambrose bereits verstorben, angeblich an einem Hirntumor, was auch seine verworrenen letzten Briefe erklären würde.

Durch den Anwalt Guido Rainaldi erfährt Philip, dass die verwitwete Rachel Hals über Kopf abgereist ist, daraufhin kehrt Philip nach England zurück, ergriffen von tiefem Schmerz über den Verlust aber auch voller Hass gegenüber der unbekannten Ehefrau. Zu Hause angekommen erfährt er, dass nicht, wie vermutet Rachel, sondern er selbst Ambroses Erbe geworden ist, damit entfällt das Motiv für einen Mord am Ehemann. Allerdings soll Philip dieses Erbe erst an seinem 25. Geburtstag antreten, bis dahin wird es von seinem Paten und Vormund Nick Kendall (Iain Glen) verwaltet.

Eines Tages kündigt Rachel überraschend ihren Besuch in England an. Sofort flammen Philips Hassgefühle gegenüber dieser unbekannten Frau wieder auf, von dem Verdacht, dass sie etwas mit Ambroses Tod zu tun haben könnte, hat er sich nie befreien können. Für ihn ist sie ein verabscheuungswürdiges Monster und in seinen Fantasien entwickelt er immer neue Szenarien, was er bei ihrer ersten Begegnung am liebsten mit ihr machen 
würde. Aber dann steht plötzlich eine anziehend schöne Frau vor ihm. Philip, der über keinerlei Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht verfügt, erliegt ihrem Charisma vom ersten Augenblick an und entwickelt ganz neue Fantasien darüber, was er am liebsten mit ihr machen würde. Liebeskrank und grenzenlos naiv wirbt er um ihre Gunst, was sein Vormund Kendall und vor allem auch dessen Tochter Louise (Holiday Granger) mit wachsender Sorge beobachten. Mit Louise ist Philip praktisch aufgewachsen, für sie hegt er nicht mehr als geschwisterliche Gefühle, während sie seit langem in ihn verliebt ist.

Philip steigert sich immer tiefer in seine Gefühle hinein, und zu seiner grenzenlosen Freude erhört Rachel ihn tatsächlich, woraufhin bei Philip alle Dämme brechen. Er schenkt ihr zum Entsetzen von Nick Kendall und Louise eine wertvolle Halskette aus
Familienbesitz, ist dabei ihr Haus und Hof zu vermachen, als er 25 wird und über sein Erbe verfügen kann. Rachel bleibt undurchschaubar, mal weist sie seine Geschenke zurück, dann ihn, was seinen Liebeswahn nur noch weiter anfacht. Als er fiebernd und delirierend darniederliegt, pflegt ihn Rachel und versorgt ihn mit selbstgebrautem Heiltee, bis in ihm der alte Verdacht wieder aufkeimt, dass sie nunmehr ihm nach dem Leben trachtet, für Philip eine ausweglose Situation, aus der er sich nur auf sehr dramatische Weise retten zu können glaubt…


Die Frage, ob Rachel eine Mörderin und Erbschleicherin ist oder nicht, bleibt am Ende offen, es ist dem Zuschauer überlassen, sich hierüber ein Urteil zu bilden. Reicht das Geschehene, um in ihr eine eiskalte Verbrecherin zu sehen, oder ist sie einfach eine Frau, in die sich Männer verlieben und dann, wenn sie sich mit ihnen einlässt, ohne sich ihnen zu unterwerfen, wie es sich in damaligen Zeiten geziemte ihren Hass auf sich zieht. Ist es die Schuld der Frau, dass sie verdächtigt und verurteilt wird, nur weil Männer falsche Erwartungen haben?

Die Romanvorlage von Daphne du Maurier wurde 1951 verfasst, deren Handlung liegt auch
da schon etwa hundert Jahre in der Vergangenheit. Der Film versucht, diese längst vergangene Zeit wiederauferstehen zu lassen, in wunderschönen Bildern und in atmosphärischer Kulisse. Der Kontrast zwischen dem heiteren hellen Florenz und dem teilweise sehr düsteren, verstaubten englischen Landsitz mit den nur durch Kerzenlicht erhellten Zimmern und Sälen geben Aufschluss über die beiden Charaktere Philip und Rachel. Er der grüblerische, eigenbrötlerische junge Mann, sie die mondäne, an Licht und Sonne gewöhnte Frau – eine von Anfang an zum Scheitern verurteilte Beziehung. Doch schafft es der Film nicht ganz, den Zuschauer tiefer in die Geschichte hineinzuziehen, Auge und Ohr sind viel zu oft in den Bildern und der fast schon betörenden Musik gefangen, während das Interesse an den Figuren an der Oberfläche bleibt. Regisseur Roger Michell, der auch das Drehbuch verfasst hat, gelingt es nicht durchgehend, die der Geschichte immanente Spannung aufzunehmen und dramaturgisch aufzubereiten. Dass der Film dennoch reizvoll ist, liegt vor allem an der wunderbaren Rachel Weisz, die der geheimnisvollen Rachel die ansonsten fehlende Tiefe verleiht. 




Regie: Roger Michell
Drehbuch: Roger Michell basierend auf einer Romanvorlage von Daphne du Maurier
Kamera: Mike Eley 
Musik: Rael Jones 
Darsteller: Rachel Weisz, Sam Claflin, Holliday Granger, Iain Glen, Pierfrancesco Favino, Simon Russell Beale, Vicki Pepperdine



Fox Searchlight Pictures
101 min. 
Deutscher Start: 07. September 2017

Trailer: youtu.be/Dq6QPnL9QBw

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