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Donnerstag, 5. April 2018

Film-Rezensionen: Das Etruskische Lächeln (The Etruscan Smile)

Die Äußeren Hebriden vor der Westküste Schottlands sind eine unwirtliche Gegend. Der knorrige Rory MacNeil (Brian Cox) hat dort sein ganzes Leben auf einer kleinen Insel namens Vallasay verbracht. Die raue Natur und die Abgeschiedenheit haben ihn geprägt, er ist eigensinnig, eigenbrötlerisch und aufgrund einer uralten Fehde mit dem Campbell-Clan dem gleichaltrigen Alaistar Campbell (Clive Russell) in tiefer Feindschaft verbunden. Beide sind in den 70gern, es geht ihnen gesundheitlich schlecht, aber Rory hat den Ehrgeiz, Alaistar um jeden Preis zu überleben. Nur aus diesem Grund macht er sich auf den Weg, seinen Sohn Ian (JJ Feild), dessen Frau Emily (Thora Birch) und Baby Jamie (Oliver und Elliot Epps) im weit entfernten San Francisco zu besuchen, um dort einen richtigen Arzt statt des heimischen Veterinärs aufzusuchen.

Rory und Ian sind sich, nicht nur aufgrund der räumlichen Entfernung, fremd geworden, und die Großstadt ist nicht Rorys Revier. Ian ist als Souschef in einem angesagten Restaurant der Stadt mit seiner Molekularküche sehr erfolgreich, seine Frau Emily arbeitet als PR-Managerin, beide bewohnen ein schickes Appartement im 15. Stock eines Hochhauses, Ians Leben könnte sich nicht drastischer von dem einfachen Leben seiner Kindheit unterscheiden.
Unaufgearbeitete alte Familiengeschichten lassen Vater und Sohn immer wieder aneinander geraten, zu Emily findet Rory auch keinen rechten Zugang, einzig zwischen ihm und Baby Jamie gibt es von Anfang an eine innige und zärtliche Verbindung. Ihm kann Rory alles von Vallasay und den Traditionen und Werten erzählen, die ihm so wichtig sind, und Jamie scheint alles zu verstehen…

Ian und Emily besorgen Rory einen Termin bei einem Spezialisten und während der Tage, die er auf die Ergebnisse der ärztlichen Untersuchungen wartet, trifft er in einem Museum vor einer Gruppe von etruskischen Terrakotta-Statuen auf Claudia (Rosanna Arquette), die ihm das Geheimnis der Statuen erklärt, welche im Sterben ein geheimnisvolles Lächeln auf ihren Lippen tragen und damit Hoffnung auf einen glücklichen Tod machen. Zwischen beiden entwickelt sich eine Liebesgeschichte, zusammen mit den Gefühlen für seinen Enkel Jamie entdeckt Rory noch einmal spät auf seinem Lebensweg tiefgehende neue Seiten an sich.

Außerdem gerät er durch Zufall in eine Universitätsstudie, ein Professor (Peter Coyote) ist ganz entzückt, jemanden gefunden zu haben, der das aussterbende Gälisch spricht und Rory braucht nichts weiter zu tun, als zu reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, während eine Gruppe von interessierten Wissenschaftlern seine Geschichten für die Nachwelt aufnimmt.

Schließlich liegt die Diagnose des Arztes vor, Rory hat Krebs im Endstadium und wird bald sterben. So grotesk es für alle anderen klingt, erst als er hört, dass sein alter Widersacher Alastair Campbell in Vallasay vor ihm gestorben ist, ist Rory bereit, sich mit seinem eigenen Tod auseinander zu setzen. Nun kann er auch wieder auf Ian zugehen, er beginnt, dessen Lebensstil zu akzeptieren, aber es ist Baby Jamie, auf den er seine Hoffnungen projiziert. Ihm will er die alte Heimat nahe bringen, die Ian so lange Zeit abgelehnt hat, und bei einer gemeinsamen Reise zu viert dorthin scheint ein Funke überzuspringen, der die drei Generationen wieder miteinander versöhnt und Rory kann in Ruhe sterben.
Der Film, produziert von dem sechsfachen Oscar®-Gewinner Arthur Cohn, basiert auf dem Bestseller-Roman „La Sonrisa Etrusca“ von José Luis Sampedro und ist der erste Spielfilm des Regieduos Mihal Brezis und Oded Binnun. Es ist eine anrührende Geschichte voller Emotionen, die Gefühl und Seele anspricht, ohne kitschig zu werden oder in Klischees zu verfallen, mit grandiosen Landschaftsbildern und einem wunderbaren Brian Cox, der den störrischen Rory sperrig und mit zerknautschtem Gesicht zum Leben erweckt. Ein Wunder sind auch die Darsteller des kleinen Jamie. Kaum ein Jahr alt, schauen sie verschmitzt und gleichzeitig unglaublich wissend in die Welt und auf den alten Mann und lassen ihrer beider heimliche Komplizenschaft so glaubwürdig wirken, als hätten sie tatsächlich heimlich das Drehbuch gelesen.


Regie: Mihal Brezis, Oded Binnun
Drehbuch: Michael McGowan, Michal Lali Kagan, Sarah Bellwood b/a gleichnamigen Roman von José Luis Sampedro
Kamera: Javier Aguirresarobe
Musik: Frank Ilfman 
Produktion: Arthur Cohn 
Darsteller: Brian Cox, Rosanna Arquette, JJ Feild, Thora Birch, Tim Matheson, , Peter Coyote, Treat Williams

Constantin Film, 107 min. 
Kinostart: 12. April 2018







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