Am 27. Juni 1976 kapern vier Terroristen eine Air France Maschine auf dem Weg von Tel Aviv nach Paris bei einer Zwischenlandung in Athen und entführen sie nach Entebbe, Uganda.
An Bord befinden sich 239 Passagiere, darunter 83 israelische,
für deren Freilassung die Terroristen neben einem Lösegeld den Austausch von
palästinensischen Gefangenen fordern und der israelischen Regierung hierfür ein
Ultimatum von sieben Tagen stellen. Die Maxime Israels ist es, niemals mit
Terroristen zu verhandeln, dennoch wird zwischen den Entscheidern auch diese
Option diskutiert. Vor allem Premierminister Yitzhak Rabin (Lior Ashkenazy)
zieht sie in Erwägung, während sein Verteidigungsminister Shimon Peres (Eddie
Marsan) einen Befreiungsschlag befürwortet. Die Auseinandersetzung zwischen
beiden, bei der auch persönliche und berufliche Ambitionen eine Rolle spielen,
bildet die eine Ebene der Handlung, während sich auf der anderen die Situation
der Geiseln in der klaustrophischen Enge des Flughafengebäudes in Entebbe immer
mehr zuspitzt, bis es tatsächlich zum spektakulären Einsatz eines israelischen
Befreiungskommandos kommt.
Es ist die vierte Verfilmung des Stoffes, und José Padilha
schildert die Ereignisse, an denen auch die deutschen RAF-Mitglieder Wilfried
Böse (Daniel Brühl) und Brigitte Kuhlmann (Rosamund Pike) beteiligt sind, mit
einem erkennbaren Anspruch an Authentizität. Er hat für den auf ein
Entführungsdrama eingestellten Zuschauer allerdings einen ungewöhnlichen
Einstieg gewählt: Die Batsheva Dance Company probt den „Stuhltanz“ aus dem
Tanztheater „Echad Mi Yodea“, bei dem die Tänzer, gekleidet im Stil
ultraorthodoxer Juden, auf Stühlen in einem Halbkreis agieren. Der symbolische
Tanz, der sich in immer wieder gegengeschnittenen Szenen durch den ganzen Film
zieht, entwickelt eine Wucht und Kraft, die dem Film an sich leider fehlt.
Die Erstürmung des Flughafens in Entebbe unter der Führung
von Yoni Netanyahu, Bruder des amtierender Ministerpräsidenten Benjamin
Netanyahu und einziges Todesopfer der israelischen Einheit, ging als grandioser
militärischer Erfolg in die Geschichte ein. Der Film macht daraus ein solides
Drama, dessen Thema auch heute noch, über vierzig Jahre später, nichts von
seiner Aktualität eingebüßt hat, nicht weniger, aber leider auch nicht mehr.
Die Akteure haben viel Zeit und Gelegenheit, ihre Motive
unter- und auch gegeneinander zu diskutieren, genug Ansatz für eigene
Reflektion angesichts der aktuellen politischen Lage, sowohl in Israel, aber
auch in der übrigen Welt. Es gibt nach wie vor keine Antwort darauf, ab wann
ein Freiheitskämpfer zum Terroristen wird, oder ob beides nicht immer
unausweichlich zusammengehört, je nachdem, von welcher Seite aus man es
betrachtet.
Bei den beiden deutschen Terroristen steht eindeutig im Vordergrund,
wie es sich anfühlt, wenn man sich auf der richtigen Seite glaubt, wenn man
irgendwann den Schritt vom Reden zum Kampf gemacht hat, und dann plötzlich als
Deutscher, der dem Nazistaat zu Hause den Krieg erklärt hat, dabei ist,
jüdische Passagiere zu selektieren. Rosamund Pike zeigt hierbei eine großartige
Leistung, ihre Darstellung der Entwicklung von einer kompromisslosen Kämpferin
zur zweifelnden, gebrochenen Figur ist packend und überzeugend, während Daniel
Brühl gewohnt farblos bleibt, ihm fehlt das Charisma, um seiner Figur die
letzte Tiefe zu geben.
Das Duell der beiden Gegenspieler Rabin und Peres, den
beiden Männern, die das Schicksal ihres Landes so maßgeblich beeinflusst haben,
ist überzeugend, wenn man davon absieht, dass deren Gespräche in der
Originalfassung auf Englisch mit israelischem Akzent stattfinden, sicher eine
Konzession an die Vermarktbarkeit des Films, aber ein Bruch mit der
angestrebten Authentizität.
Nebenfiguren wie Idi Amin (Nonzo Anozie), der französische
Bordingenieur Lemoine (Denis Menochet) und der junge israelische Soldat Zeev
(Ben Schnetzer), der als Freund einer der Tänzerinnen aus der Tanzkompanie den
inneren Konflikt Israels repräsentiert, der kämpft, damit sie tanzen kann, sind
solide, können aber keine größeren Akzente setzen und die finale Stürmung des
Flughafens durch das israelische Kommando, laut eigenem Credo schnell und
überraschend durchzuführen, läuft aus dramaturgischen Gründen in Slow Motion
ab, ein Anachronismus für die einzige wirkliche Actionszene in einem insgesamt
etwas wortlastigen Film.
Drehbuch: Gregory Burke
Kamera: Lula Carcalho
Musik: Rodrigo Amarante
Darsteller: Daniel Brühl, Rosamund Pike, Eddie
Marsan, Lior Ashkenazi, Denis Menochet
entertainmentOne
USA/UK 2018
107 min
Kinostart: 03. Mai 2018
FBW Prädikat "Besonders wertvoll"
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen