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Donnerstag, 26. April 2018

Film-Rezensionen: HERRliche Zeiten



Claus Müller-Todt (Oliver Masucci) ist Schönheitschirurg und bewohnt mit seiner Frau Evi (Katja Riemann) eine luxuriöse Villa in bester Lage. Leider lässt die Qualität der beschäftigten Haushaltshilfen zu wünschen übrig, so schaltet Claus eines Abends in Rotweinstimmung eine Stellenanzeige: „Sklave/Sklavin“ gesucht.

Auf die Lack- und Ledergestalten, die sich danach in Scharen einfinden, ist er nicht vorbereitet, das Missverständnis wird aber schnell geklärt und er und seine Gattin haben das Ganze fast schon als amüsante Episode abgetan, da wird ein gewisser Bartos (Samuel Finzi) vorstellig. Gepflegt, eloquent und gebildet bietet er dem überraschten Claus ohne Bezahlung, nur gegen Kost und Logis, ein Herr-Knecht-Dienstverhältnis an. Seine sogleich abgelieferte Arbeitsprobe als Butler und Koch ist tadellos, für Wellness sorgt bald zu den gleichen Bedingungen seine Frau Lana (Lize Feryn) und zusammen lesen sie den Müller-Todts jeden Wunsch von den Augen ab. Deren zunächst schlechtes Gewissen weicht bald einem genießerischen Wohlfühlerlebnis und schnell werden die neuen Annehmlichkeiten unentbehrlich. Aber wie zu erwarten kippt die heitere Stimmung bald, spätestens mit der Ankunft eines Trupps bulgarischer Arbeiter, die zu äußerst günstigen Konditionen den schon lange angestrebten Pool im Garten ausheben sollen, wird es für die Müller-Todts ungemütlich und Bartos und seine Frau sind nicht ganz die, für die sich ausgegeben haben…

 Der Film ist erkennbar als Gesellschaftssatire angelegt, der die Frage in den Raum stellt, wie schnell aus dem normalen Spießer von nebenan der ausbeuterische Herrenmensch wird, der schwer schuftende Menschen in seinem Vorgarten mit ein paar Euro Stundenlohn abspeist, und sein schlechtes Gewissen sofort beruhigen lässt, wenn man ihm versichert, dass diese Leute solche Arbeitsverhältnisse gewöhnt sind. Figuren wie der Diktatorensohn in der Nachbarvilla (Yasin El Harrouk), der dort römische Orgien nachstellen lässt, sich mit dem Herrschen und Unterdrücken aufgrund seines familiären Hintergrundes bestens auskennt und Claus seine Freundschaft und Dienste andient, liefern durchaus einen zuweilen grotesken Witz. Aber das sich gleichzeitig langsam steigernde Unwohlsein sowohl bei den Protagonisten als auch beim Zuschauer steuert leider auf eine Auflösung hin, die enttäuscht, weil die Motive von Bartos und Gattin sich als ganz andere entpuppen, als es zunächst den Anschein hat. Spätestens hier kippt die Story, aus der Parabel wird ein banaler Krimi, der am Ende den einzig wirklichen Schockmoment ausblendet und ein Gefühl hinterlässt wie beim Anblick eines prall gefüllten Luftballons, der nicht spektakulär platzt, sondern Luft verliert, bis er schlaff in sich zusammenfällt.

Die Akteure geben ihr Bestes, Katja Riemann gewinnt ihrer Figur reizvolle Nuancen ab, Oliver Masucci pflegt den rheinischen Zungenschlag – oft ein Zeichen jovialer Harmlosigkeit – ohne dass sein Claus zur Karikatur wird, Samuel Finzi gibt den glatten und servilen Diener gewohnt professionell und Yasin El Harrouk kommt wunderbar selbstironisch daher.

Alles in allem ein durchaus unterhaltsamer Film, der allerdings den geweckten Erwartungen an eine bissige Satire nicht gerecht wird und mit einer Auflösung aufwartet, die enttäuscht.







Regie: Oscar Roehler 
Drehbuch: Jan Berger, frei nach Motiven des Romans „Subs“ von Thor Kunkel 
Kamera: Carl-Friedrich Koschnick
Musik: Martin Todsharow 
Darsteller: Katja Riemann, Oliver Masucci, Samuel Finzi, Lize Feryn, Yasin El Harrouk, Margarita Broich, Andrea Sawatzki, Alexander Beyer, Katy Karrenbauer, Aslan Aslan, Gottfried Vollmer

Concorde Filmverleih 
110 min 
Kinostart: 03. Mai 2018








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