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Mittwoch, 21. August 2024

Im Kino: Horizon (Horizon: An American Saga – Chapter 1)

Mitte des 19. Jahrhunderts stehen die bis dahin bereits existierenden Vereinigten Staaten von Amerika vor einem Bürgerkrieg, der droht, alles wieder auseinanderzureißen. Der Westen dagegen ist noch weit und größtenteils leer, zumindest nach Auffassung von Heerscharen weißer Siedler, die auf dem Weg sind, um ihren Traum von einer eigenen Ranch auf dem eigenen Land wahrzumachen. Dass dort bereits Menschen leben, interessiert nicht, was im Folgenden zu heftigen Kämpfen führt – die Geburt einer Nation war immer schon schmerzhaft und getränkt mit dem Blut vieler Männer, Frauen und Kinder…

Regisseur Kevin Costner folgt, ebenso wie die Siedler, einem Traum und hat dafür größtenteils sein eigenes Geld eingesetzt. Nach seinem Mega-Erfolg „Der mit dem Wolf tanzt“ aus dem Jahr 1990 und der ebenfalls erfolgreichen Western-Serie „Yellowstone“ setzt er diesmal, so scheint es, alles auf eine Karte, um seine Sicht auf die Besiedlung des nordamerikanischen Kontinents in epischer Breite aufzufächern.

Herausgekommen ist ein Western, der sich an bekannten Bildern, Figuren und Mustern orientiert, dabei aber weit über das Bekannte hinausreicht, indem er die Rolle der indigenen Völker und deren Grausamkeiten gegenüber den weißen Eindringlingen in Bezug setzt zu einer in ihren Grundfesten angegriffenen und sich verteidigenden Gesellschaft, was so sicher auch nicht zum ersten Mal gezeigt wird, aber auf jeden Fall nicht den ikonischen Filmen dieses Genres entspricht, wie sie einst so geliebt wurden.

Fraglich ist, ob es für ein solches Epos, wie Costner es hier auf die Leinwand bringt, noch ein genügend breites Publikum gibt, das bereit ist, sich über drei Stunden in dieser Form mit der amerikanischen Vergangenheit zu beschäftigen, zumal es damit ja noch nicht getan ist, denn es sollen noch drei weitere Filme folgen, um die in diesem ersten Teil begonnenen Handlungsstränge schließlich irgendwann zu ihrem jeweiligen Ende zu bringen.

Manche werden in diesem Mammutprojekt ein Meisterwerk sehen, andere werden es als langatmig und aus der Zeit gefallen ablehnen. Wer allerdings noch einmal einen „richtigen“ Western auf der großen Leinwand genießen möchte, sollte sich diesen Film nicht entgehen lassen, und dies wegen seiner wuchtigen Bilder in der unvergleichlichen Landschaft des amerikanischen Westens natürlich im Kino und nicht auf dem heimischen Bildschirm (oder Schlimmerem).

Vielleicht hilft der Film sogar auch, die für Europäer manchmal so fremd anmutende amerikanische Seele ein wenig besser zu verstehen, der Waffenfetisch und die damit verbundene Fixierung auf die Verteidigung von Haus und Hof mögen ihren Ursprung in diesen wilden Zeiten der Besiedlung des Westens haben…

 


 Regie: Kevin Costner

Drehbuch: John Baird, Kevin Costner, Mark Kasdan

Kamera: J. Michael Muro

Schnitt: Miklos Wright

Musik: John Debney

 

Besetzung:

Kevin Costner, Sienna Miller, Sam Worthington, Jena Malone, Owen Crow Shoe, Tatanka Means, Ella Hunt, Giovanni Ribisi, Danny Huston, Tom Payne, Abby Lee

 

Warner Bros. Company/ New Line Cinema/ Tobis

USA 2024

181 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 22.08.2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=-FZBohjgBPk (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=X5yOSu4R2ts (Englisch)

 

Mittwoch, 14. August 2024

Im Kino: Nur noch ein einziges Mal – It ends with us (It ends with us)

Gerade als sich Lily Bloom (Blake Lively) den Traum eines eigenen Blumenladens erfüllt, lernt sie den attraktiven Ryle (Justin Baldoni) kennen. Beide verlieben sich, heiraten und alles scheint perfekt zu sein, aber dann entdeckt sie an Ryle Seiten, die das Glück trüben und als Lily auch noch ihrer ersten großen Liebe wiederbegegnet, steht sie vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens…

Vordergründig ist der Film, basierend auf einem Buch der amerikanischen Bestsellerautorin Colleen Hoover, eine süßliche Liebesgeschichte, die, bevölkert von schönen Menschen, virtuos auf der Klaviatur der großen Gefühle spielt. Dann aber wird die Fassade aufgebrochen und hinter dem schönen Schein zeigt sich ein hässliches Gesicht, das wahrscheinlich in viel mehr äußerlich intakt scheinenden Familien verborgen gehalten wird, als man es sich vorstellen mag.

Dieses Tabu aufzudecken und – viel wichtiger noch –, die Kette ein für alle Mal zu unterbrechen, die von Generation zu Generation immer wieder neu aufgezogen wird, ist das eigentliche Thema der Geschichte, wie es der englische Titel um einiges Treffender umschreibt als der deutsche.

Leider hält sich der Film sehr dabei zurück, irgendetwas zu zeigen, was die offensichtlich anvisierte Zielgruppe übermäßig verschrecken könnte, und Regisseur Boldoni lässt den Hauptdarsteller Boldoni, auch nachdem die Maske gefallen ist, noch etwas zu gut wegkommen – verständlicherweise. Aber vielleicht hätte es zum Schluss, nach Lilys stärkster Szene, gleichzeitig auch dem stärksten Moment des Films, eines gleichwertigen Abgangs von Ryle bedurft, um dem Film die immer etwas zu liebliche Note auszutreiben und ihn damit zu einer wirklich ernstzunehmenden Anklage gegen häusliche Gewalt werden zu lassen.

 

 

Regie: Justin Baldoni

Drehbuch:Christy Hall, b/a Buch von Colleen Hoover

Kamera: Barry Peterson

Schnitt: Oona Flaherty, Robb Sullivan

Musik: Duncan Blickenstaff, Rob Simonsen

 

Besetzung:

Blake Lively, Justin Baldoni, Jenny Slate, Brandon Sklenar, Hasan Minhaj, Alex Neustaedter, Isabela Ferrer, Amy Morton, Kevin McKidd

 

 Sony Pictures/ Columbia

2024

130 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart:

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=mQZqBTzgAvE (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=DLET_u31M4M (Englisch)

Mittwoch, 7. August 2024

Im Kino: Touch

Der isländische Student Kristófer (Palmi Kormákur) kommt in den Swinging Sixties zum Studium nach London, aber bald schon reißt ihn die besondere Stimmung dieser Zeit mit. Anstatt zu studieren heuert in einem japanischen Restaurant an und verliebt sich in Miko (Kôki), die Tochter des Hauses. Eines Tages verschwindet sie wortlos aus seinem Leben, erst der alte, unheilbar kranke Kristófer (Egill Ólafsson) macht sich 50 Jahre später unter den erschwerten Bedingungen der Corona-Beschränkungen auf die Suche nach seiner Miko (jetzt: Yôko Narahashi), und wieder einmal stellt sich die Frage, was wäre gewesen, wenn…

In ruhigen Sepiabildern entfaltet sich die Handlung auf ihren zwei Zeitebenen, der Vergangenheit, in der sich die Liebe zwischen dem schüchternen Kristófer und der japanisch-zurückhaltenden Miko entwickelt, und der Gegenwart, in der ein alter Mann sich gegen jeden Widerstand – Alter, Krankheit, Corona – auf seine wahrscheinlich letzte Reise macht, um etwas zu Ende zu bringen, was er als unbeschwerter junger Mann in einer fernen Zeit begonnen hat.

Seinen besonderen Reiz zieht der Film aus den drei unterschiedlichen Kulturen, in denen sich die Figuren bewegen. Der lockere britische Lebensstil der 1960ger Jahre bildet dabei lediglich den Rahmen, im Fokus stehen die Annäherung zweier eher durch Zurückhaltung geprägten, ansonsten aber völlig unterschiedlichen Lebensweisen, jeweils unter den erschwerten Umständen des Exils in einem fremden Land. Es ist berührend zu sehen, wie das junge Liebespaar sich bis zu einem gewissen Grad über diese Schwierigkeiten hinwegsetzen, aber am Ende doch daran scheitert.

Ein Melodram im besten Sinne, eine Liebesgeschichte mit ganz viel Gefühl, der man sich gerne hingibt, bei der die Traurigkeit über ein verpasstes Glück am Ende durch die bittersüßen Bilder aus der Vergangenheit übermalt wird, und das Leben, das beide stattdessen geführt haben, hatte sicher auch seine schönen Seiten, aber das ist nicht Thema dieses Films.

 



 Regie: Baltasar Kormákur

Drehbuch: Baltasar Kormákur, Olaf Olafson b/a seinem Roman

Kamera: Bergsteinn Björgúlfsson

Schnitt: Sigurður Eyþórsson

Musik: Högni Egilsson

 

Besetzung:

Egill Ólafsson, Kóki, Palmi Kormákur, Yóko, Narahashi, Masahiro Motoki

 

Universal Pictures

2024

121 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 08. August 2024

 

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=UIBL_I4MX-E (Deutsch/ Japanisch/ Isländisch)

https://www.youtube.com/watch?v=tSnfOMsyJfs (Englisch/ Japanisch/ Isländisch)