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Donnerstag, 3. Oktober 2024

Im Kino: Joker: Folie à Deux

Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) sitzt nach den von ihm verübten Morden in Arkham und wartet auf seinen Prozess. Seine Anwältin versucht, ihn als gespaltene Persönlichkeit und somit schuldunfähig darzustellen, aber dann lernt Arthur Lee Quinzel aka Harley Quinn (Lady Gaga) kennen, die davon rein gar nichts hält. Zusammen entwickeln sie eine „Folie à Deux“, also einen Wahnsinn zu zweit, bei der der zeitweilig von Medikamenten heruntergeregelte Arthur sich wieder in den von vielen als Held verehrten Joker verwandelt…

 

Wer auf eine Fortsetzung des düsteren Joker-Psychogramms aus Teil eins gewartet hat, der bekommt hier eine zumindest zwiespältige Fortsetzung, die sich dann in eine völlig neue Richtung bewegt, den durchaus gelungenen Bildern in 1980ger-Jahre-Optik wird eine stellenweise grellbunte, wenngleich nicht unbedingt spektakulär inszenierte Musicalhandlung gegenübergestellt, denn, ja: Es wird permanent gesungen!

 

Für eine Folie à Deux wird leider nicht immer klar, wessen Wahnvorstellung gerade bespielt wird, ist es tatsächlich eine gemeinsame, oder bekommt nicht vielleicht sogar Harley Quinn mehr und mehr die Oberhand – dies ist auch Lady Gaga geschuldet, die in ihrer Rolle mindestens ebenbürtig wirkt, nicht überdreht, wie man Quinn auch schon präsentiert bekommen hat, sondern einen ruhig-bedrohlichen Wahn ausstrahlt, als Kontrapunkt zu dem bisweilen hysterisch-lauten Joker. War dieser im ersten Teil bereits eher ein kraftloses, weinerliches Würstchen, wird er in der Fortsetzung endgültig zur lächerlichen Gestalt, der seine brutalen Ausbrüche nur noch in seiner Fantasie auslebt, ansonsten aber zu einem singenden Clown mutiert.

 

Es fehlt am Ende leider all das, was die Handlungen des Jokers immer so verstörend gemacht hat, dessen kaltblütige Bösartigkeit, gepaart mit einem gepflegten Wahn, übrig geblieben ist ein gestörtes Muttersöhnchen, das sich von starken Frauen an die Wand spielen lässt.

 

Ob daher der von Fans so herbeigesehnte Film deren Erwartungen erfüllen kann, bleibt abzuwarten, wer ein Musical erwartet hat (hat das ernsthaft jemand?) kommt vielleicht auf seine Kosten, denn die nostalgischen Songs sind durchweg gut gewählt, aber man sollte darauf vorbereitet sein: Dies ist Joker – Das Musical, eine völlig neue Interpretation des Sujets!

 


 

 

Regie: Todd Phillips

Drehbuch: Scott Silver, Todd Philips, b/a Charakteren von Bob Kane, Bill Finger, Paul Dini, Bruce Timm, Jerry Robinson

Kamera: Lawrence Sher

Schnitt: Jeff Groth

Musik: Hildur Guðnadóttir

 

Besetzung:

Joaquin Phoenix, Lady Gaga, Catherine Keener, Brendan Gleeson, Harry Lawtey, Jacob Lofland, Steve Coogan

 

 

Warner Bros. Pictures Germany

2024

138 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 03. September 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=_4FtwFaGR88 (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=lTEXKIq3tlU (Englisch)

 

 

Im Kino: Memory

Als Sylvia (Jessica Chastain), eine offensichtlich vom Leben ermüdete Frau, sich durchringt, ein Klassentreffen zu besuchen, interessiert sich dort niemand für sie, außer einem Mann (Peter Sarsgaard), der sie unentwegt anstarrt und ihr, als sie fluchtartig den Saal verlässt, nach Hause folgt. Aber der vermeintliche Stalker ist gar keiner, er heißt Saul und ist nur jemand, der an beginnender Demenz leidet. Als Sylvia beginnt, sich um ihn zu kümmern, entwickeln sich zwischen den beiden Gefühle, bis plötzlich ein ungeheurer Verdacht im Raum steht…

Der Film ist düster und grau, wie das beginnende Herbstwetter, es gibt nur wenige Lichtblicke, und die aufkeimende Liebesgeschichte kann die trostlose Stimmung nicht wirklich aufhellen. Chastain und Sarsgaard geben ihren Figuren zwar eine gewisse Tiefe, aber man bekommt keinen wirklichen Zugang zu ihnen. So ist der Verdacht, dem sich Saul ausgesetzt sieht, zwar schwerwiegend, aber plötzliche Zweifel an Sylvias Urteilsfähigkeit stellen alles wieder in Frage.
 
Eine Liebe ohne Zukunft, viel Trauma und viel Traurigkeit, vielleicht vermag der/die ein oder andere darin dennoch ein Fünkchen positiver Energie entdecken, wer sich damit auseinandersetzen mag, ist hier richtig, wer einen unbeschwerten Kinoabend sucht, eher nicht.
 

 


 

Regie: Michel Franco

Drehbuch: Michel Franco

Kamera: Yves Cape

Schnitt: Óscar Figueroa, Michel Franco

 

Besetzung:

Jessica Chastain, Peter Sarsgaard, Brooke Timber, Elsie Fisher, Josh Charles

 

MUBI

USA 2023

103 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 03. September 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=OR7fHlioBWY (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=Hbh862--Iy8 (Englisch)