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Montag, 20. November 2017

Film-Rezensionen: Battle of the Sexes - Gegen jede Regel

Die Amerikanerin Billie Jean King (Emma Stone) ist 1973 eine der erfolgreichsten Tennisspielerinnen der Welt. Leider wird sie, wie die anderen Spielerinnen auch, vom männerdominierten Tennisverband mit einem Bruchteil der Preisgelder abgespeist, die ihre männlichen Kollegen erhalten. In den siebziger Jahren ist die sexuelle Revolution in vollem Gange, überall kämpfen Frauen um ihre Rechte und so nutzen auch die Sportlerinnen ihren Erfolg, um auf gleiche Bezahlung zu bestehen. Als ihnen dies unter Hinweis auf die mangelnde Attraktivität des Frauensports verwehrt wird, gründen sie kurzerhand einen neuen Verband und organisieren ihre eigene Tour, was von den einflussreichen Funktionären milde belächelt wird. Den von King gegründeten Verband WTA gibt es übrigens bis heute.


Der Erfolg von Billie Jean und ihren Kolleginnen sorgt für Furore und weckt die Aufmerksamkeit des ehemaligen Tennisprofis Bobby Riggs (Steve Carell), einem Champion der 30ger und 40ger Jahre. Mittlerweile ist er Mitte fünfzig und mit einer wohlhabenden Ehefrau verbandelt, die ihm ein finanziell unabhängiges Leben bietet. Leider ist Riggs ein notorischer Zocker, der aus allem ein Spiel macht, und so kommt ihm eine interessante Idee: Er möchte noch einmal antreten, Billie Jean King auf dem Tennisplatz besiegen und damit die männliche Dominanz ein für alle Mal unter Beweis stellen. Allerdings stehen für ihn wohl mehr die gigantische Werbeaktion und ein ebensolches Geschäft im Vordergrund. King verweigert den Showkampf zunächst, sieht sich jedoch einem Druck ausgesetzt, der ihr keine andere Wahl zu lassen scheint, und so findet das Spektakel unter dem plakativen Titel „Battle of the Sexes“ schließlich vor den Augen von weltweit 90 Millionen TV-Zuschauern statt.



In Szene gesetzt hat den Film das Regie-Ehepaar Jonathan Dayton und Valerie Faris, bekannt unter anderem durch den charmanten Film „Little Miss Sunshine“ Den beiden ist ein weiteres sehenswertes Werk gelungen, in dem sie mit leichter Hand ein ernstes Thema unterhaltsam und vergnüglich umsetzen, eingebettet in die nostalgischen Bilder der wilden siebziger Jahre, in denen die Aufbruchsstimmung der Sechziger auf alle gesellschaftlichen Ebenen übergreift.



Emma Stone gelingt es dabei wunderbar, Billie Jean King in all ihren Facetten zu zeigen. Sie ist dominant und willensstark bei ihrem Sport, aber auch verletzlich und unsicher im privaten Bereich. Sie zeigt den in damaliger Zeit noch leidvolleren Weg, sich vor sich selbst und dann auch vor der Welt zu ihrer eigenen sexuellen Orientierung zu bekennen, ein Kampf, der erkennbar schwerer ist, als ihre Erfolge auf dem Tennisplatz.



Steve Carell brilliert einmal mehr, auch sein Bobby Riggs ist kein eindimensionaler Charakter, hinter der Fassade des mediengeilen Clowns steckt ein von seinen Dämonen Getriebener, der dennoch immer liebenswert bleibt, so dass ihm sogar seine Frau die ständigen Eskapaden verzeiht.


Auch wenn nach vierzig Jahren das Hauptthema des Films – gleiche Bezahlung von Männern und Frauen – leider immer noch Relevanz hat, macht es Spaß, einen Blick zurück zu werfen in eine Zeit, in der Frauen gemeinsam aufbrachen, um für einen gerechteren Anteil an der Gesellschaft zu kämpfen, ein Prozess, der immer noch andauert, bis wir hoffentlich eines Tages wiederum mit nostalgischem Blick zurückblicken und uns fragen, warum das alles so lange gedauert hat. 


Regie: Jonathan Dayton, Valerie Faris 
Drehbuch: Simon Beaufoy
Darsteller: Emma Stone, Steve Carell, Andrea Riseborough, Sarah Silverman, Bill Pullman, Alan Cumming, Elisabeth Shue, Austin Stowell, Natalie Morales

Fox Searchlight Pictures
121 min.
Kinostart: November 23, 2017


















Dienstag, 7. November 2017

Film-Rezensionen: Murder on The Orient Express (Mord im Orient-Express)


Der berühmte belgische Meisterdetektiv Hercule Poirot (Kenneth Branagh) ist Reisender in Sachen Verbrechensaufklärung. Im Jahr 1934 löst er zunächst einen verzwickten Fall in Jerusalem, in den ein Rabbi, ein Priester und ein Imam verwickelt sind. Danach werden seine Dienste in London benötigt, und so macht er sich auf den Weg nach Istanbul, um dort den gleichfalls berühmten Orient-Express zu besteigen, der ihn quer durch Europa nach Calais bringen soll. Obwohl der luxuriöse Zug so gut wie ausgebucht ist, bekommt er von dem befreundeten Eisenbahndirektor Bouk (Tom Bateman) noch einen Platz, nach einem Halt in Belgrad sogar ein eigenes Schlafwagenabteil. Bei den anderen Reisenden seines Wagens handelt es sich um eine bunt gemischte und illustre Gesellschaft, deren Mitglieder auf den ersten Blick nichts miteinander gemein haben. 
 
Gleich zu Beginn schlägt Poirot das Angebot des ungehobelten amerikanischen Geschäftsmanns Edward Ratchett (Johnny Depp) aus, der den Detektiv als Bodyguard engagieren möchte, weil er Drohbriefe erhält und um sein Leben fürchtet. Seine Sorgen erweisen sich als berechtigt, denn schon bald wird Ratchett in seinem Abteil ermordet. Als der Zug auf dem Weg durch das winterliche Jugoslawien vor der Stadt Brod auf freier Strecke durch eine Lawine gestoppt wird, bittet Direktor Bouk – um den Ruf seiner Eisenbahnlinie besorgt – Poirot um Ermittlung des Täters, bevor der Zug von langsam heran heranrückenden Hilfstruppen wieder flott gemacht werden kann.

 Also macht sich der Detektiv an die Arbeit, befragt seine verbliebenen zwölf Mitreisenden sowie den Schlafwagenschaffner und entdeckt zu seiner Überraschung, dass diese sich gar nicht so fremd sind, wie es zunächst den Anschein hatte, was ihn zu einer höchst abenteuerlichen Theorie über die Identität des Mörders bringt…

„Mord im Orientexpress“ ist einer der bekanntesten Romane der Krimiautorin Agatha Christie und wurde bereits mehrfach verfilmt, u.a. 1974 von Sidney Lumet mit beachtlichem Staraufgebot. Hier hat sich auch Kenneth Branagh, der nicht nur den Poirot darstellt, sondern auch für die Regie verantwortlich zeichnet, mächtig ins Zeug gelegt, ihm steht ebenfalls ein namhaftes Ensemble zur Seite, die Stars laufen allerdings ein wenig Gefahr, von dem imposanten Schnurrbart, den sich Branagh hat verpassen lassen, an die Wand gespielt zu werden…
 
Gefilmt wurde in 65 mm, ein im digitalen Zeitalter kaum noch verwendetes Format, das eine weite, detailreiche Bebilderung erlaubt, und so schwelgt der Film in schönen Bildern, und auch wenn es sich bei den imposanten Aufnahmen des Zuges und der Landschaft größtenteils um Spezialeffekte handelt, ist zum Beispiel die Ausfahrt des Luxuszuges aus Istanbul ein Augenschmaus, ebenso wie die übrige Ausstattung des Films.

Bei der Aufklärung des Rätsels um den toten Rachett lässt Branagh den Zuschauer dann allerdings mehr und mehr im Stich. Sein Poirot bedient sich der bewährten Methode, am Ende den Beteiligten, die selbstverständlich alle gleichermaßen als Mörder in Frage kommen, die Auflösung des Falles zu präsentieren. Dass diese, wie auf dem Gemälde des letzten Abendmahls, an einer langen Tafel seinen Ausführungen lauschen, ist befremdlich. Befremdlicher noch ist aber, dass Poirot die von ihm gefundenen Spuren und Hinweise, die ihn zu der Lösung des Falles geführt haben, seltsam vage präsentiert und nicht alle losen Enden präzise miteinander verknüpft. Noch schwerer wiegt aber, dass Branaghs Poirot auf einen eigentlich entscheidenden Punkt der Story überhaupt nicht eingeht, stattdessen liefert er einen furiosen Schlussmonolog, der ihm und seiner eigenen Befindlichkeiten als Rechtfertigung dient. Poirot wird von Branagh als eine Frühform des Nerds gezeichnet, der extremen Wert auf Symmetrie legt und den jede Abweichung von der vorgegebenen Ordnung maßlos irritiert, so dass es am Ende dieses gewaltigen Kraftaktes bedarf, um seine gestörte Welt wieder gerade zu rücken. Die Frage nach Schuld und Sühne spielt für die Handlung zwar eine wichtige Rolle, vielleicht hätte es für die Auflösung des Dilemmas aber eine elegantere Lösung gegeben. 
 

Regie: Kenneth Branagh
Drehbuch: Michael Green b/a Roman von Agatha Christie 
Produziert von: Ridley Scott, Mark Gordon, Simon Kinberg, Kenneth Branagh, Michael Schaefer, Judy Hofflund 
Darsteller: Kenneth Branagh, Tom Bateman, Penélope Cruz, Willem Dafoe, Judi Dench, Johnny Depp, Josh Gad, Derek Jacobi, Leslie Odom jr., Michelle Pfeiffer, Daisy Ridley

20thCenturyFox
114 min. 
Kinostart: 09. November 2017