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Mittwoch, 15. April 2020

Heimkino: The Farewell


Großmutter Nai Nai (Zhao Shuzhen) hat Krebs im Endstadium, aber um sie zu schonen, verschweigt man ihr die Diagnose. Damit alle sie noch einmal sehen können, kommt die in alle Winde zerstreute Familie zusammen, als Vorwand dient eine hastig arrangierte Hochzeit zwischen einem jungen Paar, das sich noch gar nicht lange kennt. Auch die in den USA geborene und in New York lebende Billi (Awkwafini) reist mit ihren Eltern nach China, aber sie kann sich lange nicht mit der von allen mitgetragenen Lüge arrangieren, gerade weil sie sich Nai Nai sehr verbunden fühlt.

Was sich wie ein Melodram anhört, ist eine zarte Komödie mit vielen wunderbaren Momenten, die sich ohne Aufdringlichkeit mit der Frage beschäftigt, ob es gute Lügen gibt und wenn ja, ob diese legitim sind. Hierbei spielt der kulturelle Hintergrund nur eine untergeordnete Rolle, auch wenn gesagt wird, dass es gerade in China üblich ist, einen Todkranken durch Verschweigen der Diagnose zu schützen, denn nicht die Krankheit und der Tod sind das Schreckliche, sondern die Angst vor beidem.

Neben diesem Konflikt werden aber noch, wie nebenbei, andere Fragen aufgeworfen, wenn der eine Sohn Nai Nais, der in den USA lebt, Wert darauf legt, Amerikaner zu sein, er habe schließlich einen amerikanischen Pass, während der andere, der in Japan lebt, genauso überzeugend die Einstellung vertritt, er bleibe immer Chinese, egal mit welchem Pass. In der Figur der Billi wird diese Zerrissenheit am deutlichsten, sie, die fast 30-Jährige, deren Leben bisher eher mäßig erfolgreich verläuft, fühlt sich, obwohl in den USA geboren und der chinesischen Sprache nicht mehr richtig mächtig, der alten Heimat gleichzeitig fremd und verbunden, was sich vor allem in der Beziehung zu ihrer Nai Nai (dem Kosewort für die Goßmutter väterlicherseits) widerspiegelt. 

Und gerade die Nähe beider zueinander macht den Zwiespalt so deutlich, zu entscheiden, ob ein Todkranker das Recht auf die Wahrheit hat, oder ob man ihn unbeschwert sein Leben zu Ende leben lässt. Billi fügt sich schließlich der Familie, und am Ende hat man das Gefühl, sie tut dies nicht mehr widerwillig, sondern aus innerer Überzeugung und hat damit einen wichtigen Schritt hin zu ihrer eigenen Identität getan.

Ein Film, der seinem Thema die Last nimmt, ohne es auf die leichte Schulter zu nehmen, sehr zu empfehlen, gerade in diesen Tagen.




Regie: Lulu Wang
Drehbuch: Lulu Wang
Kamera: Anna Franquesa Solano
Schnitt: Matt Friedman, Michael Taylor
Musik: Alex Weston

Darsteller:
Zhao Shuzhen, Awkwafina, X Mayo, Diana Lin, Tzi Ma,

DCM/ Universum Spielfilm
FSK 12
DVD-/Blu-ray-Veröffentlichung: 17. April 2020

Details DVD:
Laufzeit: ca. 96 min.
Bildformat: 2,40:1 (16:9 anamorph)
Ton: DD 5.1
Sprachen: Deutsch, Englisch/Mandarin
Untertitel: Deutsch, Englisch
EAN: 4061229124102

Details Blu-ray:
Laufzeit: ca. 100 min.
Bildformat: 2,40:1 (1080p/24)
Ton: DD 5.1
Sprachen: Deutsch, Englisch/Mandarin
Untertitel: Deutsch, Englisch
EAN: 4061229124119

Trailer:

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