Der Name „Udo Lindenberg“ dürften den Meisten ein Begriff sein, aber wie er wurde, was er ist – Musiker, Phänomen, lebende Legende – wissen vielleicht die Wenigsten. Dieser Film widmet sich mit Verve dem Leben Lindenbergs von der Kindheit in den piefigen 1950ger Jahren im westfälischen Gronau bis zum Startschuss seiner Karriere durch einen entscheidenden ersten Bühnenauftritt 1973.
Vater Lindenberg (Charly Hübner), der seine musikalischen Ambitionen nie ausleben durfte, macht ihm früh klar, dass die Lindenbergs Klempner sind und immer bleiben, aber damit will sich Sohn Udo (Jan Bülow) auf keinen Fall abfinden. Er träumt von einer großen Karriere als Rockstar, doch seine Absicht, deutsche Texte zu singen hält jeder für spinnert, wie auch den ganzen Typen. Allerdings hat er das Wort "aufgeben" nicht in seinem Vokabular, und so erleben wir den jungen Udo als begabten (Jazz)Schlagzeuger, als Studiomusiker, als unermüdlichen Trommler auf dem Hamburger Kiez und folgen ihm bei einem bizarren Engagement mit den US-Truppen auf eine Militärbasis in der libyschen Wüste. Es gibt diverse amouröse Abenteuer, bei denen ihm immer mal geniale Textzeilen für seine späteren Songs einfallen („…und Paula aus Sankt Pauli, die sich immer auszieht") und dass er es schließlich trotz aller Widrigkeiten schafft, ist ein schönes Beispiel für die vielzitierte Phrase „Lebe deinen Traum“ oder „Du kannst alles schaffen, wenn du es nur willst“ oder alle weiteren Variationen dieser schönen, aber auch banalen Lebensweisheit. Es entsteht allerdings auch der Eindruck, dass es jemandem, der partout und ausschließlich „sein Ding“ machen will, nur um sich selbst geht, weniger um ein Team, eine Band oder Freunde.
Der Film ergründet dabei das Phänomen Lindenberg nicht wirklich und liefert keine schlüssige Erklärung für Lindenbergs jahrzehntelangen Erfolg. Trotz der vielleicht noch nicht bekannten biographischen Details aus Kindheit und Jugend wird der Mensch hinter der Kunstfigur nicht fassbarer, ein schärferer Blick hinter die Fassade dieses skurrilen Nuschelkünstlers hätte vielleicht gut getan. Auch sonst werden einige Klischees in erwartbarer Weise bedient, Detlev Buck darf als Plattenlabelboss hemmungslos chargieren und die Damen sind willig, sogar ein „Cougar“ macht sich an den naiven Jüngling Udo heran.
Dass der Film dennoch funktioniert und Spaß macht, liegt an der Gesamtinszenierung, an der Reise in die verschiedenen Zeiten, die nicht chronologisch erzählt wird, sondern die einzelnen Ebenen sich immer wieder überlappen lässt, hier das triste Gronau der 1950ger, dort das bunte und chaotische Kiezleben auf der Hamburger Reeperbahn Anfang der 1970ger Jahre, und dabei jeweils den aus heutiger Sicht exotisch anmutenden Zeitgeist wunderbar einfängt. Vor allem aber sind es die Darsteller, die mit sichtbarem Vergnügen bei der Sache sind, die mitreißen und über viele der genannten Kritikpunkte einfach hinweg spielen, allen voran Jan Bülow, der die Figur des jungen Rebellen in all seinen Widersprüchen lebt und mitreißend rüberbringt. Für Udo-Fans, die den Film noch nicht im Kino gesehen haben, ein Muss, ihn sich jetzt nach Hause zu holen, aber auch für alle anderen ein spaßiges Sommervergnügen fürs Heimkino.
Regie: Hermine Huntgeburth
Drehbuch: Alexander M. Rümelin, Christian Lyra, Sebastian Wehlings
Kamera: Sebastian Edschmid
Schnitt: Ueli Christen, Eva Schnare
Musik: Oli Biehler
Darsteller:
Jan Bülow, Detlev Buck, Max von der Groeben, Charly Hübner, Julia Jentsch, Martin Brambach, Ruby O. Fee, Christoph Letkowski, Ella Rumpf, Jeanette Hain, Saskia Rosendahl
D 2019
dcm
FSK 12
Ab 21. August 2020 auf DVD, Blu-ray und als Digibook
Details DVD:
Laufzeit: ca. 129 Min.
Bildformat: 2,40:1
Sprachen: Deutsch
Ton: DD 5.1
Untertitel: Deutsch
EAN: 4061229131902
Details Blu-ray:
Laufzeit: ca. 134 Min.
Bildformat: 2,40:1
Sprachen: Deutsch
Ton: DTS HD MA 5.1
Untertitel: Deutsch
EAN: 4061229131919
Details Digibook:
Laufzeit DVD: ca. 129 Min.
Laufzeit Blu-ray: ca. 134 Min.
Bildformat: 2,40:1
Sprachen: Deutsch
Ton (DVD/BD): DD 5.1/DTS HD MA 5.1
Untertitel: Deutsch
EAN: 4061229131964
Extras in allen Versionen:
- Audiokommentar mit Regisseurin Hermine Huntgeburth & Produzent Michael Lehmann
- Premierenclip
- Musik
- Interview mit Cast und Crew
- Featurette
- Deutsche barrierefreie Fassung
Trailer: youtu.be/CDpFfseEG1E
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