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Mittwoch, 7. Dezember 2022

Im Kino: Weißes Rauschen (White Noise)

Jack Gladney (Adam Driver) ist Professor an einem amerikanischen Kleinstadtcollege. Er führt mit seiner aktuellen Frau Babbette (Greta Gerwig) und dem gemeinsamen Sohn sowie drei Kindern aus früheren Beziehungen ein leicht chaotisches Patchworkfamilienleben. Als nach dem Zusammenstoß eines Gefahrguttransporters mit einem Güterzug eine toxische Wolke heranwabert, muss die Stadt kurzzeitig evakuiert werden, aber das ist nicht das einzige Ereignis, das das Leben der Gladneys gehörig durcheinander bringt…

Weißes Rauschen wird in der Physik als das „Rauschen mit einem konstanten Leistungsdichtespektrum in einem bestimmten Frequenzbereich“ definiert, für den Laien klingt dies ebenso kryptisch und rätselhaft wie der ganze Film, der auf dem eigentlich als unverfilmbar geltenden Buch des amerikanischen Autors Don DeLillo basiert. Es gibt satirische Elemente, philosophische und gefühlvolle Momente, apokalyptisches Geschehen mit Einsprengseln absurden Theaters, ein knallbuntes Panoptikum des American Way of Life, zwischen Hitler, (Jack Gladneys Spezialgebiet) und Elvis (Spezialgebiet von Gladneys Kollegen Murray Siskind), wo riesige Supermärkte als die Kathedralen von heute die spirituellen Bedürfnisse des modernen Menschen auf ein profanes Level resublimieren. Auf einem eben solchen profanen Level bietet der Film auch eine handfeste Ehekrise nebst schrägem Liebhaber – von Lars Eidinger launig interpretiert – der den an sich eher braven Collegeprofessor zum Äußersten treibt, und über allem schwebt die Angst vor dem Tod, der einzigen Konstante im Leben aller.

Getragen wird der Film von den beiden Hauptdarstellern und der Virtuosität der Bilder, letzteres als Gegenpol zur Kakophonie der Tonspur mit sich überlappenden Gesprächen und Gesprächsfetzten, die manchmal über das Erträgliche hinausgehen, aber so ist das eben mit dem weißen Rauschen... Das Ganze mag nicht jedermanns Sache sein und sicher nicht den Geschmack eines Massenpublikums bedienen, aber wer sich darauf einlässt und zumindest ein wenig Sinn für die Absurditäten des Lebens, des Universums und des ganzen Rests besitzt, wird am Ende doch gut unterhalten und findet dabei genug Anregungen und Gesprächsstoff für die Zeit nach dem Kinobesuch, was den Film auf jeden Fall aus dem Einheitsbrei der üblichen Blockbuster heraushebt.

 


Regie: Noah Baumbach

Drehbuch: Noah Baumbach, b/a dem Roman von Don DeLillo

Kamera: Lol Crawley

Schnitt: Matthew Hannam

Musik: Danny Elfman

 

Besetzung:

Greta Gerwig, Adam Driver, Don Cheadle, Lars Eidinger, Sam Nivola, Raffey Cassidy

 

Netflix Studios

136 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 08. Dezember 2022

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=UpcHGuHTNUs

 

 

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