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Mittwoch, 17. April 2024

Heimkino: Ripley

Der Kleinkriminelle Thomas Ripley (Andrew Scott) lebt im New York der 1960ger Jahre mehr schlecht als recht von Gaunereien, die wenig einbringen. Als ihn ein reicher Geschäftsmann bittet, dessen Sohn Dickie (Johnny Flynn), mit dem Tom vermeintlich befreundet ist, in Italien aufzuspüren und zur Heimkehr nach Amerika zu bewegen, bekommt er unerwartet die Chance auf ein Leben, das seinen Ambitionen eher entspricht. Tom reist nach Italien und ist schnell fasziniert von der Welt der reichen und schönen Nichtstuer und er beschließt, die Seiten zu wechseln…

Der auf der ikonischen Romanreihe der Krimiautorin Patricia Highsmith basierende Stoff wurde bereits mehrfach filmisch verarbeitet. Aber im Gegensatz zu gerade der gerne zum Vergleich herangezogenen Version mit Matt Damon aus dem Jahr 1999, stellt die aktuelle Miniserie in den Vordergrund, was der Titel des ersten Romans verspricht, nämlich das Talent des Protagonisten. Dabei wird gründlich mit einem Missverständnis aufgeräumt, denn Tom Ripleys Talent besteht nicht darin, zu morden, das, und vor allem die unangenehme und äußerst mühevolle Beseitigung von Leichen, bereitet ihm eher Mühe, aber er ist ein Meister darin, sich schnell in neue Situationen einzufinden.

Andrew Scott versteht es meisterlich – im Gegensatz zu dem sich durch den Film grinsenden, unbedarft wirkenden Damon – diese Fähigkeit Ripleys mimisch und mit kleinen aber wirkungsvollen Gesten deutlich zu machen. Schnell und fast unmerklich wird er, nachdem er, sichtlich verloren und ohne Sprachkenntnisse, in Italien angekommen ist, zum Lenker des Geschehens, treibt einen Keil zwischen seinen Gegenspieler Dickie und dessen Freundin Marge (Dakota Fanning) und wird dabei immer selbstsicherer. Dies geschieht auf leise, aber eindrückliche Weise, dabei strahlt Scott die beunruhigende Gefährlichkeit eines Menschen aus, der überlegt aber ohne Skrupel alles zu tun imstande ist, was ihm gerade nützt.

Was der Serie aber endgültig Kultcharakter verleiht, sind die wunderschönen schwarz-weißen Bilder, die in blendender Schönheit und Klarheit den Stil des klassischen Film Noir imitieren und gleichzeitig aufgrund der stellenweisen fast überirdisch anmutenden Ästhetik weit darüber hinaus reichen. Und was für eine Chuzpe, einer Geschichte, die größtenteils im sonnendurchfluteten Italien spielt, die bunten Farben auszutreiben und gerade dadurch mehr Licht zu schaffen, wie einst die alten Meister, deren Gemälde ihre Wirkung am intensivsten in düsterer Optik mit hell einfallendem Licht entfalteten. Natürlich nicht zufällig ist Ripley von den Werken des Barockmalers Caravaggio fasziniert, dessen Malstil genau diesen Kontrast von Hellem und Dunklem ausmacht, was sich dann genau so auch in dessen bewegten Leben widerspiegelt.

Damit hat diese Miniserie ein Alleinstellungsmerkmal, das die erneute Verfilmung mehr als rechtfertigt. In einigen Aspekten ist sie den bisherigen Filmen sogar überlegen, so lässt sie Ripley mit seinen Taten davon kommen, im Gegensatz zu der Verfilmung aus dem Jahr 1960 mit Alain Delon und Maurice Ronet, bei der dem deutschen Titel nach nur die Sonne Zeuge war, hier erlaubt sich Regisseur Steven Zaillian augenzwinkernd eine andere Zeugin, die, wenn sie denn reden könnte, die Untaten des Mr. Ripley mühelos ausplaudern könnte, während sie die einzigen Farbtupfer in dem ansonsten monochromatischen Werk setzt…

   

Regie: Steven Zaillian

Drehbuch: Steven Zaillian, b/a Roman „Der talentierte Mr. Ripley“ von Patricia Highsmith

Kamera: Robert Elswit

Schnitt: Joshua Raymond Lee, David O. Rogers

Musik: Jeff Russo

 

Besetzung:

Andrew Scott, Dakota Fanning, Johnny Flynn, Maurizio Lombardi, Eliot Sumner, Kenneth Lonergan

  

8 Episoden à ca 50 min.

FSK 12

Seit 04.April 2024 bei Netflix

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=HHUTwuKbQAI

https://www.youtube.com/watch?v=0ri2biYLeaI

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