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Dienstag, 24. Januar 2017

Film-Rezensionen: Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen


Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen



Das amerikanische Kino liebt Helden und ihre Geschichten. Wie selbstverständlich denkt man dabei an gestandene Männer, die gen Westen reiten, Verbrecher jagen oder in den Weltraum fliegen, um fremde Galaxien zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Dass zu Letzterem auch eine Reihe unbekannter Heldinnen einen wichtigen Beitrag geleistet haben, dürfte nur den wirklich eingeweihten Kennern des amerikanischen Weltraumprogramms bekannt sein. Dieser Film erzählt ihre Geschichte.


Die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts waren das Jahrzehnt des „Space Race“ – Russen und Amerikaner arbeiteten fieberhaft daran, einen Menschen auf den Mond zu befördern. Es war aber auch das Jahrzehnts der Rassenunruhen in den USA, der fortschreitenden Emanzipation der Frau und allgemein der Beginn eines weitreichenden gesellschaftlichen Wandels.


Unter Präsident Lyndon B. Johnson wurde zwischen 1964 und 1968 die Rassentrennung zwar offiziell aufgehoben und der afroamerikanischen Bevölkerung die vollständige verfassungsrechtliche Gleichberechtigung zugesprochen. Ein gleichberechtigtes Leben war aber noch lange nicht selbstverständlich, jeder einzelne Schritt war ein mühsamer Kampf, um Teilhabe, um Anerkennung, um Selbstverständlichkeiten, wie dieselbe Toilette benutzen zu dürfen. Wer es also geschafft hat, in dieser Zeit mit afroamerikanischen Wurzeln und als Frau Karriere im Raumfahrtprogramm zu machen, der musste schon Außergewöhnliches leisten, um überhaupt eine Chance zu haben.

Und genau dies gelingt den Protagonistinnen des Films „Hidden Figures“, den drei mathematisch und naturwissenschaftlich hoch begabten Frauen Katherine Johnson (Taraji P. Henson), Dorothy Vaughan (Octavia Spencer) und Mary Jackson (Janelle Monáe), als sie einen entscheidenden Teil dazu beitragen, dass John Glenn als erster US-Astronaut die Erde umrundet – und heil zurückgebracht wird.

Kurz vor Einsatz des ersten IBM Computers bewältigen Scharen von Mathematikern und eben auch Mathematikerinnen unendlich lange Rechenoperationen mit Stift und Papier. Dabei beweist Katherine Johnson ein mathematisches Genie, das es erst zu entdecken gilt, denn selbstverständlich begegnen ihr die männlichen Kollegen und Konkurrenten – allen voran der von Jim Parsons dargestellte Paul Stafford – mit abgrundtiefer Skepsis. Erst als sie ihren Chef Al Harrison (Kevin Kostner) überzeugt hat, vertraut man ihr so sehr, dass der Astronaut John Glenn erst nach ihren Berechnung bereit ist („Get the girl to check the numbers“), in den Orbit aufzusteigen, und das, nachdem das erste IBM Ungetüm bereits seinen Dienst aufgenommen hat.

Dorothy Vaughan, die bereits seit langem Führungsaufgaben wahrnimmt, allerdings ohne den dazugehörigen Status und ohne das entsprechende Gehalt, gelingt es, sich als erste Frau mit den neuen Aufgaben, die durch die Inbetriebnahme von Computern entstehen, vertraut zu machen und die drohende Arbeitslosigkeit ihrer rechnenden Kolleginnen durch Computerschulungen abzuwenden, während Mary Jackson ein Hindernis nach dem anderen ausräumt, bis sie es ebenfalls schafft und als Ingenieurin anerkannt wird.



„Hidden Figures“ – der Titel spielt auf die im Verborgenen agierenden Heldinnen an, aber auch auf die komplizierten Rechenoperationen, die von ihnen bewältigt wurden – setzt allen Menschen ein Denkmal, die jedem Widerstand zum Trotz ihre Wünsche und Ziele verfolgen, unabhängig von Geschlecht oder Hautfarbe. Dabei bleibt der Film unterhaltsam und schüttelt jegliche Schwere ab, die dem Thema innewohnt. Leicht und mit einer Portion (Galgen)Humor durcheilt er so eine Dekade, die für Vieles den Startschuss gegeben hat.
Eine Menge ist seither erreicht worden, die heute absurd anmutenden Auswüchse der Rassen- und Frauendiskriminierung sind in vielen Bereichen überwunden, aber ist die Szene, in der Katherine Johnson an ihrem ersten Arbeitstag als neue Putzfrau angesehen wird und von den Kollegen zunächst einmal einen nicht geleerten Papierkorb in die Hand gedrückt bekommt, heute wirklich undenkbar? Es bleibt also genug zu tun, so dass man sich noch nicht zurücklehnen kann –  außer in seinem Kinosessel, um sich nach dem Film immer wieder sagen zu können: Genie kennt keine Herkunft. Stärke kein Geschlecht. Mut keine Grenzen.

Regie: Theodore Melfi
Drehbuch: Allison Schroeder + Theodore Melfi, b/a Buch von Margot Lee Shetterly
Kamera: Mandy Walker
Musik: Hans Zimmer, Pharrell Williams, Benjamin Wallfisch
Darsteller:
Taraji P. Henson: Katherine Johnson
Octavia Spencer: Dorothy Vaughan
Janelle Monáe: Mary Jackson
Kevin Kostner: Al Harrison
Jim Johnson: Mahershala Ali
Jim Parsons: Paul Stafford
Kirsten Dunst: Vivian Mitchell
Glen Powell: John Glenn
Deutscher Filmstart: 02.02.2017

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