Anfang
der 70ger Jahre des vorigen Jahrhunderts galt der amerikanische Öl-Tycoon J.
Paul Getty als der reichste Mensch der Welt, er war bereits Milliardär, als
viele andere noch versuchten, in den Kreis der Millionäre zu gelangen. Sein
unglaublicher Reichtum weckte Begehrlichkeiten und so wurde 1973 einer seiner
Enkel – John Paul Getty III – in Rom entführt. Für dessen Freilassung sollte
der Großvater 17 Millionen Dollar zahlen, der Film von Ridley Scott – basierend
auf John Pearsons Buch „Painfully Rich: The Outrageous Fortunes and
Misfortunes of the Heirs of J. Paul Getty“ – arbeitet die Geschichte dieser Entführung akribisch auf.
Obwohl
es die farbigste Phase des Films ist, lässt Ridley Scott den 16-jährigen Paul
(Charlie Plummer) zu Beginn in schwarz-weißen Bildern sorglos durch das
Nachtleben des quirligen Roms jener Zeit flanieren, bis er bei einem seiner
Streifzüge in einen Lieferwagen gezerrt und entführt wird. Ab diesem Moment
kehrt zwar die Farbe in den Film zurück, die durchgehend fahle und bleierne
Atmosphäre jedoch schafft Bilder, die viel farbloser wirken, als die
schwarz-weißen zuvor.
Der
Junge harrt irgendwo auf dem Land in einer erbärmlichen Arrestzelle auf seine
Rettung, diese ist jedoch nicht in Sicht, denn der alte Getty (Christopher
Plummer) weigert sich strikt, auch nur einen Cent des geforderten Lösegelds zu
zahlen. Nach seiner Auffassung liegt die Schwierigkeit nicht darin, viel Geld
zu machen, sondern dieses viele Geld auch zu behalten und da er noch 13 weitere
Enkel hat, fürchtet er um sein Vermögen, wenn seine Zahlung Nachahmer auf den
Plan ruft. Außerdem macht er sich mehr als bereitwillig die These seines
Sicherheitsberaters, des Ex-CIA-Agenten Fletcher Chase (Mark Wahlberg) zu
eigen, nach dem die Entführung nur inszeniert wurde, um dem jungen Paul, dessen
Vater nicht zu den erfolgreichen Vertretern der Familie Getty gehört, vorzeitig
zu seinem Erbe zu verhelfen.
Einzig
die verzweifelte Mutter Gail (Michelle Williams) setzt alle Hebel in Bewegung,
um ihren Jungen zurückzuholen, dabei hat sie weder Geld noch die nötigen
Beziehungen, um zum Erfolg zu kommen, aber das macht sie mit Herzblut und
übermächtigem Engagement wett. Obwohl Fletcher Chase ihr schließlich hilft und
sie gegen den alten Getty unterstützt, stocken die Verhandlungen mit der für
die Entführung verantwortlichen kalabrischen ’Ndrangheta ein ums andere Mal und
es vergehen Wochen und Monate, in denen die Situation für den jungen Paul immer
auswegloser wird, da der Fall auf Tatsachen beruht, ist es allerdings kein
Geheimnis, dass Paul am Ende (fast) unversehrt nach Hause zurückkehrt.
Fasziniert
und angewidert zugleich zeichnet Ridley Scott das Porträt eines reichen,
geizigen alten Mannes, dem Kunst und Kunstwerke mehr bedeuten als menschliche
Nähe. Menschen neigen in seinen Augen dazu, unaufrichtig, geldgierig und faul
zu sein und so widmet er sich, ganz in seinen Landsitz und seinen Luxus
vergraben, den zwei Dingen, die seinem Leben Sinn geben, dem Geldverdienen und
den schönen Künsten. Letzteres lässt ihn zu einem bedeutenden Kunstsammler und
–mäzen werden. Ob ihm das Leben seines entführten Enkels am Herzen liegt, ist
nicht erkennbar, denn er hat es gegen alle Eindringlinge fest verschlossen.
Dass seine Kälte und Griesgrämigkeit die Figur nicht zu einer bösen Karikatur
geraten lassen, liegt an dem grandiosen Christopher Plummer, der die Rolle
kurzfristig übernommen hat, nachdem der Regisseur Scott sich entschlossen
hatte, aufgrund des Skandals um Kevin Spacey, der ursprünglich verpflichtet
worden war, diesen komplett aus dem fast fertigen Film herauszuschneiden und
sämtliche seiner Szenen mit Plummer nachzudrehen. Überragend ist außerdem
Michelle Williams, die sich in ihrer kafkaesken Lage, in der andere Menschen,
die Entführer, der alte Mann, die erfolglose Polizei, über das Schicksal ihres
Sohnes bestimmen wollen, all ihre Kräfte mobilisiert und letztlich auch Erfolg
hat.
Dass
der Film trotz des dramatischen Inhalts und der herausragenden Darsteller nicht
über 132 Minuten fesseln kann, liegt nicht daran, dass die Geschichte und damit
das Ende bekannt ist. Vielmehr fehlt es an einer straffen Erzählweise, die die
Handlung konsequent vorantreibt. Ein paar unnötige Rückblenden, die
langwierigen Szenen, die den Entführern gewidmet werden, deren Charaktere nicht
viel hergeben sowie die überflüssige Geschichte rund um den farblosen FBI-Mann
Chase lassen die durchaus aufkommende Spannung leider immer wieder abflauen und der Film quält
sich seinem Ende entgegen, an dem nicht nur das Entführungsopfer dankbar ist,
als es vorbei ist.
Regie: Ridley Scott
Drehbuch: David Scarpa, John Pearson
b/a seiner Buchvorlage
Kamera: Dariusz Wolski
Musik: Daniel Pemberton
Darsteller: Michelle Williams,
Christopher Plummer, Charlie Plummer, Romain Duris, Mark Wahlberg, Timothy
Hutton
USA 132
min.
Deutscher
Kinostart: 15. Februar 2018