Miami in nicht allzu ferner Zukunft: Der Privatdetektiv Nick Bannister (Hugh Jackman) bedient sich beim Aufspüren von Personen und anderem einer neuen Technik, indem er die Erinnerungen seiner Klienten erforscht und in einem 3D-Holodeck zu neuem Leben erweckt. Seine Auftraggeber sind Privatpersonen, aber auch schon einmal die Polizei, der er auf diese Weise bei ihren Ermittlungen hilft. Unterstützt wird er dabei von seiner Assistentin Emily (Thandiewe Newton), die ihn vergeblich vor einer neuen Kundin namens Mae (Rebecca Ferguson) warnt. Nick verliebt sich sofort unsterblich in Mae, aber nach einer kurzen, heftigen Affäre ist sie plötzlich verschwunden und Nick gerät trotz seiner Ermittlungsmethoden bald an seine Grenzen, als er versucht Maes dunkle Geheimnisse aufzudecken.
„Reminiscence“ ist ein Film-Noir mit
Science-Fiction-Elemente – wahlweise auch umgekehrt – eingebettet in eine
wunderschöne Liebesgeschichte mit ebenso geheimnisvollen wie verstörenden
Elementen. Die Kulisse der durch den angestiegenen Meeresspiegel bereits halb
in den Fluten versunken Stadt Miami bietet in faszinierenden Bildern einerseits
einen Ausblick in unsere Zukunft, andererseits liefert es die Erklärung,
weshalb Nicks Klienten offensichtlich lieber in der Vergangenheit als in der
Gegenwart leben und sich in einem Wasserbecken mithilfe seiner Technik in ihre
Erinnerungen flüchten. Dabei ist die ansatzweise anklingende Kritik an den zu
erwartenden Verhältnissen, wenn sich reiche Menschen die letzten trockenen
Plätze sichern, während alle andere langsam absaufen, lediglich der Aufhänger
für eine fast schon nostalgisch aufgebaute Detektivgeschichte, bei der der
Detektiv seine Arbeit und seine Gedanken gerne aus dem Off kommentiert. Es gibt
deutliche Anklänge an „Blade Runner“ im Dauerregen oder das unter extremem
Wassermangel leidende Los Angeles in „Chinatown“, wo es jeweils auch mehr um
menschliche Abgründe und verzwickte menschliche Beziehungen geht, als um
ökologische Probleme. „Reminiscence“ reiht sich insofern ein in die Reihe
zeitloser Geschichten von Liebe, Leidenschaft, Verlust und Verrat, angereichert
um einige cool bebilderte futuristische Elemente.
Die Geschichte folgt ansonsten in bewährter Gumshoe-Tradition einem kurvenreichen Plot, verwoben mit leichten „Inception“-Momenten, wobei der Figur des Nick Bannister vielleicht ein wenig der zynische, desillusionierte Ansatz eines Philip Marlowe oder Sam Spade fehlt, aber den hatte Rick Deckard auch nicht. Dafür darf Hugh Jackman seine vielleicht stärkste Waffe einsetzen, seine Stimme (insofern ist natürlich die Originalfassung des Films unbedingt zu empfehlen), mittels derer er in betörender Weise verspricht: „You're going on a journey. A journey through memory. Your destination? A place and time you've been before. To reach it, all you have to do is follow my voice.“ Aber auch Rebecca Ferguson darf ihre Stimme einsetzen, durch ihre gleichzeitig lasziv und verträumt vorgetragene Version des alten Ohrwurms „Where or When“ (hier vielleicht eine Hörprobe für alle, die es nicht kennen: https://www.youtube.com/watch?v=iyfWlX9Dv2k ), mit dem sie Nick den Kopf verdreht, ein Lied, das – man ahnt es schon – Erinnerungen weckt, die ihm leider nicht gut tun. Hugh und Rebecca geben ein schönes Paar ab, dem leider – wie es sich in einer richtig guten Liebesgeschichte gehört – keine Happy End vergönnt ist, was Nick Bannister bereits ziemlich früh erkennt: „No such thing as a happy ending. All endings are sad. Especially if the story was happy“
Alles in allem ist der Regisseurin Lisa Joy, Co-Schöpferin der erfolgreichen „Westworld“-Serie, in ihrem ersten Spielfilm ein vielversprechendes Debüt gelungen, bei dem sie am Ende vielleicht etwas zu viel wollte und einige Erinnerungssequenzen nicht ganz stimmig sind, aber ihre coole Bildsprache und die gelungene Auswahl ihrer Protagonisten machen Lust auf mehr. Vor allem ist es erfrischend, trotz aller Zitate und Anspielungen einmal wieder ein originäres Werk zu sehen, das nicht Teil einer der endlosen Fortsetzungs- und Vorgeschichtenorgien ist oder die Neuauflage eines schon einmal gesehenen Films!
Regie: Lisa Joy
Drehbuch: Lisa Joy
Kamera: Paul Cameron
Schnitt: Mark Yoshikawa
Musik: Ramin Djawadi
Cast:
Hugh Jackman, Rebecca Ferguson, Thandiwe Newton, Cliff Curtis, Marina de Tavira, Daniel Wu
USA 2021
Warner Bros. Pictures Germany
116 min.
FSK 16
Deutscher Kinostart: 26. August 2021
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=_BggT--yxf0
Copyright Bilder: Warner Bros. Pictures
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