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Dienstag, 7. September 2021

Im Kino: Stillwater - Gegen jeden Verdacht (Stillwater)

Bill Baker (Matt Damon) ein wortkarger Arbeiter aus Stillwater, Oklahoma, reist nach Marseille, wo seine ihm entfremdete Tochter Allison (Abigail Breslin), die zu einem Auslandsstudiums nach Frankreich gegangen war, seit fünf Jahren wegen eines Tötungsdelikts im Gefängnis sitzt. Als Allison ihm eine neue Spur präsentiert, die ihre Unschuld beweisen soll, geht Bill dieser sofort nach, um eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen, aber sein Kampf gegen Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede, eine unruhige Großstadt und ein für ihn undurchschaubares Justizsystem wäre ohne die Hilfe der alleinerziehenden Schauspielerin Virginie (Camille Cottin) zum Scheitern verurteilt. Und dann entwickelt sich ganz allmählich sogar eine zarte Beziehung zwischen dem bulligen Amerikaner, Virginie und deren kleiner Tochter Maya...

„Stillwater“ lehnt sich stark an die wahre Geschichte einer jungen Amerikanerin an,
die in Italien wegen Mordes verurteilt wurde, ohne explizit darauf Bezug zu nehmen, insofern hat der Film alle Freiheiten, sich aus sich selbst heraus zu entwickeln. Dreh- und Angelpunkt und sicherer Anker ist Matt Damon in der Rolle des schwerfälligen und in sich gekehrten Bill aus Oklahoma, wenn es ein Underacting – im Gegensatz zum oft zitierten Overacting – gibt, dann sehen wir es hier in Vollendung. Damons Bill ist ein zupackender Arbeiter, der nicht mit Worten umgehen kann, aber stoisch und hartnäckig sein Ziel verfolgt und der sich aus dem ländlichen, hinterwäldlerischen Ort Stillwater hineinkatapultiert sieht in die pulsierende und unübersichtliche Großstadt Marseille. Hier kann man nicht auf den ersten Blick erkennen, wer Freund und wer Feind ist, wie Bill immer wieder feststellen muss und manchmal fällt es schwer, zu glauben, dass dieser einsame, einfache aber stolze Mann mit religiösen Anwandlungen in der Lage ist, ohne Sprach- und sonstige Kenntnisse, komplizierte Recherchen in einem fremden Land zu durchzuführen. 

Wenig erfährt man über sein Verhältnis zu Allison, nur soviel, dass es einen Selbstmord von Bills Frau bzw. Allisons Mutter gab und eine anschließende Vernachlässigung der Tochter, die mehr oder weniger bei ihrer Großmutter aufwuchs. Bill scheint insofern seine früheres Versagen wiedergutmachen zu wollen, indem er sich nun in ihrer aussichtslosen Lage für die Tochter einsetzt, gleichzeitig sieht man, wie sich ein liebevolles Verhältnis zu Virginies Tochter entwickelt, die es ihm allerdings auch leicht macht, indem sie ihn von Anfang an anhimmelt, etwas, was er von Allison offensichtlich nicht kannte, der er seinerseits aber auch nie seine Liebe und Zuneigung zeigen konnte.

Doch dieses Beziehungsgeflecht ist nur ein Teilaspekt des Films, im Vordergrund steht durchaus die Kriminalstory und die Frage, ob Allison eine Mörderin ist oder nicht. Wie Bill an die Auflösung dieser Frage herangeht, wird langsam und bedächtig erzählt, mit viel Zeit für Details und einer Kamera, die lange und intensiv auf Damons Gesicht ruht, der sich ohne große Regungen vortastet, bis sich ihm am Ende so etwas wie die Wahrheit offenbart, eine Wahrheit, mit der er und seine Tochter nun leben werden, ob und wie sich ihr Verhältnis zueinander dadurch ändert, bleibt offen.

Ein schwermütiger Film mit heiteren Einsprengseln, für Zuschauer mit Geduld, ein Krimi mit romantischen Elementen und einem auf Sparflamme aber solide agierenden Matt Damon.

 


 Regie: Tom McCarthy

Drehbuch: Tom McCarthy, Marcus Hinchey, Thomas Bidegain, Noé Debré

Kamera: Masanobu TakayanagI

Schnitt: Tom McArdle

Musik: Mychael Danna

 

Besetzung:

Matt Damon, Abigail Breslin, Camille Cottin, Deanna Dunagan

 

 Universal Pictures Germany

USA 2021

FSK 12

139 min.

Deutscher Kinostart: 09. September 2021

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=8crV9TPr1eQ

 

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