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Donnerstag, 13. Januar 2022

Heimkino: Fabian oder der Gang vor die Hunde

Jakob Fabian (Tom Schilling), den alle außer seiner Mutter nur mit seinem Nachnamen anreden, verdient seinen Lebensunterhalt als Werbetexter in einer Zigarettenfabrik. Es ist das Jahr 1931, in Berlin neigen sich die Auswüchse der wilden 1920ger ihrem Ende entgegen und eine Düsternis zieht herauf, deren Schatten bereits unübersehbar sind. Wer kann, versucht sich noch zu amüsieren, aber die Auswirkungen des ersten, des bisher Großen Krieges, haben den Menschen ihren Stempel aufgedrückt und überall paart sich die Vergnügungssucht mit dem Elend, das die Wirtschaftskrise hinterlassen hat. Fabian bewegt sich durch diese Tage wie ein Schlafwandler, er beobachtet und nimmt nur halbherzig teil, während sein bester Freund Labude (Albrecht Schuch) liebt und leidet, sich politisch engagiert und am Ende an seiner Existenz verzweifelt. Fabian scheint durch seine neue Liebe Cornelia (Saskia Rosendahl) kurzfristig aus seiner Lethargie zu erwachen, sie ist Rechtsreferendarin, möchte aber Schauspielerin werden, was sie, wie das so war (oder ist) in die Arme eines Filmproduzenten treibt, woraufhin. Fabian ernüchtert zu seinen Eltern nach Dresden und vor allem in die fürsorglichen Arme seiner Mutter zurückkehrt. Als es zu einem Wiedersehen mit Cornelia kommen soll, schlägt das Schicksal zu...

Es stellt sich die Frage, ob Erich Kästners Roman auch heute noch Relevanz besitzt, es liegt kein Krieg hinter uns und die Zeiten sind aus anderen Gründen schwer, für die einen mehr, für die anderen weniger. Aber kommt es wirklich darauf an, ob es Parallelen zur Gegenwart gibt, die manche tatsächlich mit den späten 1920gern und frühen 1930gern vergleichen? Dominik Graf hat die Vorlage zu einem Film gemacht, der mitreißt und für sich selbst steht, getragen von einem hervorragenden Schauspielerensemble. Tom Schilling gibt einmal mehr den ruhigen Beobachter, der versucht, die Dinge um sich herum einzuordnen, seine unaufgeregte Präsenz trägt den Film, ebenso wie Saskia Rosendahl den Lebenshunger und die Zielstrebigkeit ihrer Frauenfigur herüberbringt, während Albrecht Schuch seiner Figur Labude eine herzzerreißende Zerrissenheit gibt, wieder eine eindrucksvolle Vorstellung des zur Zeit eindrucksvollsten Akteurs seiner Generation.

Filmisch spielt Graf vor allem am Anfang mit wechselnden Stilmitteln, Gleichzeitigkeit im Splitscreen-Modus, schwarzweiße Originalaufnahmen, eine eingestreute Stummfilmsequenz, und das Ganze gedreht im altmodischen 4:3-Format, das sowohl vertraut als auch fremd wirkt, wie vieles, was auf der Leinwand zu sehen ist. In allem schwingt mit, dass man, auch wenn man wie Fabian beobachtend durch die Welt geht, manchmal den Zeichen an der Wand nicht genug Beachtung schenkt, um Gefahren zu erkennen und sich rechtzeitig zu Gegenmaßnahmen aufzuraffen. Wie ein Menetekel fordern Schilder immer wieder zum Schwimmen lernen auf und ringsumher ziehen junge Männer in braunen Uniformen durch die Straßen, aber im Nachhinein ist man immer schlauer…

„Fabian…" ist trotz aller Düsternis und allen Auswüchsen, die zu sehen sind, ein schöner Film voller Liebe, der Liebe seiner Figuren zueinander, aber auch der Liebe für seine Figuren und Dominik Graf ist ein großartiger Film gelungen!


Regie: Dominik Graf

Drehbuch: Constantin Lieb, Dominik Graf, b/a Roman von Erich Kästner „Der Gang vor die Hunde"

Kamera: Hanno Lentz

Schnitt: Claudia Wolscht

Musik: Sven Rossenbach, Florian van Volxem

 

Besetzung:

Tom Schilling, Saskia Rosendahl, Albrecht Schuch, Meret Becker, Michael Wittenborn, Aljoscha Stadelmann, Anne Bennent,

  

D 2021

DCM

176 min.

FSK 12

 

Ab 14. Januar 2022 auf Blu-ray, DVD und digital

  

Trailer: https://youtu.be/VQFk1DMzvvI

 

 

Details DVD:

Bildformat: 1,33:1 (4:3)

Ton: Deutsch (barrierefrei) DD 5.1

Untertitel: Deutsch

EAN: 4061229160704

 

Details Blu-ray:

Bildformat: 1,33:1 (1080p/25) oder 1,33:1 (1080p High Definition/25)

Ton: Deutsch (barrierefrei) DTS HD MA

Untertitel: Deutsch

EAN: 4061229160711

 

Bonusmaterial: Making-of; Audiokommentar Dominik Graf (der den Film aus künstlerischen Gründen im 4:3-Format drehte)

 

 

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