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Mittwoch, 18. Mai 2022

Im Kino: Leander Haußmanns Stasikomödie

Der erfolgreiche Romanautor Ludger Fuchs (Jörg Schüttauf), in der ehemaligen DDR sozialisiert, nimmt auf Drängen seiner Familie Einsicht in seine alte Stasi-Akte. Dabei kommen Dinge aus längst vergessen geglaubten Tagen ans Licht, in Rückblenden werden die Erinnerungen und Erlebnisse des jungen Ludger (David Kross) zum Leben erweckt und man erfährt aus erster Hand, wie es damals wirklich war…

Der Film setzt nach „Sonnenallee“ aus dem Jahr 1999 und „NVA" aus 2005 den Schlusspunkt hinter die DDR-Trilogie des Leander Haußmann. Dabei können Ostalgiker und solche, die es werden wollen, sich noch einmal die einerseits piefig-miefige Atmosphäre der alten DDR zu Gemüte führen, aber auch die, wie der Film anschaulich machen möchte, durchaus avantgardistische Jugendkultur im Prenzlauer Berg, welche von der das System schützenden Staatsmacht besonders akribisch beobachtet und unterwandert wird. Mittendrin steckt auch der junge Ludger, angeworben als Stasispitzel, umgeben von sehr trottelig agierenden Kollegen, und statt zu einer beißenden Satire wird die Komödie hier zur zahnlosen Farce, denn was für Außenstehende und in der Rückschau so harmlos-blöd daherkommt, war für viele Betroffene sicherlich oftmals mehr als bittere Realität.

Die neben den Witzfiguren der Stasi auf einer zweiten Ebene angesiedelte romantische Liebesbeziehung in schwierigen Zeiten ist nett anzuschauen, der ganze Film nostalgisch in Szene gesetzt und von passendem Soundtrack untermalt, aber wenn im Titel eine Komödie angekündigt wird, dürften die Witze und Witzchen schon etwas besser zünden. Man darf sich auch über das Böse lustig machen, aber dann bitte in der geboten Schärfe und nicht in banalen Slapstick-Szenen. Am Ende sorgt einzig die hervorragende Besetzung für ein paar Highlights, angeführt vom alle Register ziehenden alten Haudegen Henry Hübchen als schmierigem und gewieftem Oberstasi- und Führungsoffizier, daneben liefern die Haußmann-Spezis Scheer und Buck sowie der irgendwie immer überzeugende Jörg Schüttauf zusammen mit dem insgesamt gut aufgelegten Rest des Casts eine tadellose Vorstellung.

Dennoch bleibt für jemanden, der die beschriebe Zeit und die Ereignisse nicht selbst miterlebt ha am Ende ein doch eher schaler Beigeschmack und der Zweifel, ob die Stasi wirklich so strunzdumm war, und ob man als vom Stasisystem Drangsalierter in der Rückschau heute wirklich das Gefühl hat, dass alles irgendwie ja gar nicht so schlimm und eigentlich sogar ganz lustig gewesen ist – ich glaube es irgendwie nicht.

 


Regie: Leander Haußmann

Drehbuch: Leander Haußmann

Kamera: Michal Grabowski

Schnitt: Peter R. Adam

Musik: Robin Hoffmann

 

Besetzung:

Henry Hübchen, David Kross, Tom Schilling, Alexander Scheer, Margarita Broich, Jörg Schüttauf, Detlev Buck, Bernd Stegemann,

 

Constantin Film

D 2022

114 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 19. Mai 2022

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=xoK2gnhwAUE

 

 

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