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Montag, 6. Januar 2025

Im Kino: We live in time

Nachdem Almut (Florence Pugh), eine erfolgreiche Köchin, den in Scheidung lebenden Tobias (Andrew Garfield) aus Versehen angefahren hat, kommen die beiden zusammen. Eine kleine Tochter scheint ihr Glück perfekt zu machen, aber dann stellt ein Schicksalsschlag plötzlich alles in Frage…

Der Film erzählt seine Geschichte in vielen kleinen Momentaufnahmen, indem er Gegenwärtiges und Vergangenes scheinbar lose aneinanderreiht, so wie man sich vielleicht an gute und schlechte Augenblicke in seinem Leben erinnert. Trotzdem fügt sich alles am Ende zu einem Ganzen und es entsteht das Bild eines Lebens, das zwei Menschen scheinbar willkürlich zusammengeführt hat, nur um sie dann irgendwann wieder zu trennen. Was grausam klingt, ist jedoch nichts anderes als jeder von uns erlebt, alles ist nur eine Episode, relevant für eine bestimmte Zeit, bis es irgendwann durch etwas anderes abgelöst wird, und spätestens mit dem Tod ist dann sowieso alles vorbei.

Was auf den ersten Blick ziemlich deprimierend klingen mag, fängt der Film jedoch mit seiner Leichtigkeit auf, ohne dabei an irgendeiner Stelle in Kitsch abzugleiten, und hierfür gebührt sowohl den Darstellern Florence Pugh und Andrew Garfield großer Dank, wie auch der Inszenierung durch Regisseur Crowley. Nicht alle Melodramen schaffen diese Balance zwischen Freude und Leid so gekonnt, dass am Ende trotz aller Trauer das gute Gefühl überwiegt, dass glückliche Momente alles andere aufwiegen.

Ein wunderbarer Film über das Leben, mit der Botschaft, das Schöne zu genießen, so lange es währt und sich allem anderen zu stellen, wenn es das Schicksal erforderlich macht. 

 

 

 Regie: John Crowley

Drehbuch: Nick Payne

Kamera: Stuart Bentley

Schnitt: Justine Wright

Musik: Bryce Dessner

 Besetzung:

Florence Pugh, Andrew Garfield, Lee Braithwaite, Aoife Hinds, Grace Delaney, Adam James, Douglas Hodge, Amy Morgan

 

  StudioCanal/ A24

2024

108 min.

FSK

Deutscher Kinostart: 09. Januar 2025

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=5qDq10LBo28 (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=MH02yagHaNw (Englisch)

 

 

Donnerstag, 2. Januar 2025

Im Kino: Nosferatu - Der Untote

Thomas Hutter (Nicholas Hoult) soll im fernen Transsylvanien für einen gewissen Grafen Orlok (Bill Skarsgård) dessen Übersiedlung nach Deutschland juristisch begleiten. Er ahnt nicht, dass er damit eine tödliche Gefahr für seine Frau Ellen Hutter (Lily Rose Depp) heraufbeschwört, denn diese ist schon lange auf geheimnisvolle Weise mit einem schrecklichen Wesen verbunden, das sich als niemand anderes als Graf Orlock herausstellt, und nun ist Ellen in allerhöchster Gefahr…

Die Geschichte dürfte bekannt vorkommen, es handelt sich natürlich um das klassische Horror-Gespinst, das der irische Autor Bram Stoker im Jahr 1897 unter dem Titel „Dracula“ veröffentlichte und das seither immer wieder gerne in zahlreichen Adaptionen in Literatur und Film verarbeitet wurde, ein wahrer Untoter eben.

Dabei gab es früh einen deutschen Ableger, der sich ganz eng an die Originalfiguren und -schauplätze anlehnte, aus urheberrechtlichen Gründen jedoch den Namen „Dracula“ vermied und dafür den Grafen Orlock aka Nosferatu aus der Taufe hob. Über diesen Grafen schuf der deutsche Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau 1922 seine "Symphonie des Grauens“, ein aufgrund seiner visuellen Gestaltung wegweisendes Frühwerk des Horrorfilms, das trotz seiner schwierigen Entstehungsumstände glücklicherweise bis heute erhalten geblieben ist. Einen großen Anteil an dem Schreckensszenario hatte auf jeden Fall der damalige Hauptdarsteller Max Schreck, dessen Physiognomie bis heute Gruselschauer hervorruft. Eine spätere Nosferatu-Adaption von Werner Herzog mit dem, allerdings meistens im privaten Bereich gruseligen Klaus Kinski, nahm sich des Nosferatu-Themas noch einmal an.

Warum also, könnte man sich fragen, braucht es nun ein weiteres Wiederaufleben des Grafen Orlock, aber letztlich liegt es in der Natur von Untoten, dass sie immer wiederkehren…

Und schlecht ist die Neuauflage nicht, sie orientiert sich zwar eng am Original, sowohl bei den Dracula- als auch bei den Nosferatuelementen, setzt aber in einigen Punkten durchaus eigene Akzente. So baut sie den sexuell-sinnlichen Kontext der Beziehung zwischen dem Unhold und der in wilden erotischen Fantasien verfangenen jungen Frau auf ihre Weise aus und lässt den Vampir noch körperlicher seinem Blutdurst frönen, als es bisher vielfach bei den eher moderaten Halsknabbereien der Fall war, und Bill Skarsgård verleiht seinem Orlock eine schröckliche Präsenz, nicht so sehr durch seine Erscheinung, da bleibt Max Schreck wahrscheinlich unerreicht, aber vor allem (zumindest in der VO) durch den Einsatz von Stimme und Sprache.

Wer also von Vampir-Geschichten nicht genug bekommen kann und sich noch einmal zurück zu den Anfängen führen lassen möchte, kommt auf seine Kosten, wenngleich, wie so oft, eine kürzere Laufzeit der Sache wieder einmal nicht geschadet hätte…

 


 Regie: Robert Eggers

Drehbuch: Robert Eggers, b/a der Vorlage „Nosferatu“ von Henrik Galeen, b/a dem Roman „Dracula“ von Bram Stoker

Kamera: Jarin Blaschke

Schnitt: Louise Ford

Musik: Robin Carolan

 Besetzung:

Lily-Rose Depp, Nicholas Hoult, Bill Skarsgård, Aaron Taylor-Johnson, Willem Dafoe, Emma Corrin, Ralph Ineson, Simon McBurney

 

Universal Pictures International/ Focus Features

2024

132 min.

Im Kino: Queer

Wegen Drogenproblemen setzt sich der US-Schriftsteller William Lee (Daniel Craig) in den 1940ger Jahren nach Mexiko ab, wo er sich im Kreis weiterer Exilanten treiben lässt, ein Leben zwischen Alkohol, Drogen und meistens unverbindlichem Sex. Als er den deutlich jüngeren Allerton (Drew Starkey) kennenlernt, ist er einer Beziehung nicht abgeneigt, aber so richtig sicher, ob dieser tatsächlich Interesse an Männern hat, ist er sich nicht. Da hört er von einer Urwald-Droge, die angeblich telepathische Kräfte verleihen soll und begibt sich sofort auf die Suche danach, ein psychedelischer Trip ins grüne Herz der Dschungel-Finsternis beginnt…

Wer Regisseur Luca Guadagnino kennt, erwartet Sex und bekommt ihn in der Regel auch, im Fall dieser Verfilmung eines Romans von William S. Burroughs gehen die männlichen Protagonisten dabei durchaus explizit zu Werk. Das Ganze verbrämt sich lange Zeit in einem alkohol- und drogengeschwängerten Ambiente, ohne dass irgendetwas Nennenswertes passiert. Erst im zweiten Teil, als der Schriftsteller seine Komfortzone verlässt und sich in ein Urwaldabenteuer stürzt, kommt etwas Schwung in die Sache, mystische-psychedelische Dinge passieren und nicht immer ist klar, was Traum ist und was Wirklichkeit, aber so ist das halt bei einem Drogentrip, deswegen mögen ihn die einen und die anderen nicht.

Dabei sehen die Szenen in Mexiko zunächst eher wie in eine theaterhafte Kulisse eingebettet aus, die Straßen, Bars und Hotelzimmer wirken künstlich und übersichtlich, haben aber durchaus einen gewissen Charme, während man in den Urwaldszenen in eine völlig andere, ungeordnete Welt hineingeworfen wird.

Allerdings braucht es wieder einmal viel Sitzfleisch, denn Guadagnino nimmt sich viel Zeit für seine Geschichte, ohne dabei auf weite Strecken tatsächlich eine Geschichte zu erzählen, und das Ganze mäandert nach 136 langen Minuten einem eher unbestimmten Ende entgegen, aber wer sich darauf einlässt, bekommt einen homoerotische Drogen- und Alkoholtrip geboten mit einem beeindruckenden Daniel Craig, der seine Sache durchaus bravourös meistert.  

 


 Regie: Luca Guadagnino

Drehbuch: Justin Kuritzkes, b/a Roman von William S. Burroughs

Kamera: Sayombhu Mukdeeprom

Schnitt: Marco Costa

Musik: Trent Reznor, Atticus Ross

 Besetzung:

Daniel Craig, Daan de Wit, Jason Schwarztman, Henrique Zaga, Colin Bates, Drew Starkey,

 

A24/ MUBI

136 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 02. Januar 2025

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=RW_ESAqFCQc (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=eknj5_0tF2s (Englisch)