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Dienstag, 20. Oktober 2020

Im Kino: Mein Liebhaber, der Esel & Ich (Antoinette dans les Cévennes)

Die Lehrerin Antoinette Lapouge (Laure Calamy) hat ein Verhältnis mit dem verheirateten Vladimir (Benjamin Lavernhe), Vater einer ihrer Schülerinnen. Als dieser ihren geplanten gemeinsamen Urlaub absagt, weil er stattdessen mit Frau und Kind eine Wanderung im Nationalpark der Cévennen macht, bucht Antoinette kurzentschlossenen ebenfalls eine solche Tour, in der vagen Hoffnung, ihn dort treffen zu können. 

Als einzige Teilnehmerin ihrer Gruppe geht sie die Strecke begleitet von einem Esel, nachempfunden einer Wanderung, die der Schriftsteller Robert Louis Stevenson im Jahr 1878 unternahm, um seinem Liebeskummer zu entfliehen. Alle anderen Wanderer finden ihre Unternehmung romantisch und in den abendlichen Gasthöfen auf der Strecke weiß jeder bereits Bescheid über Antoinette und den Zweck ihres Marsches. Ihr Esel Patrick ist, wie es sich gehört, zunächst störrisch, aber bald entwickelt sich zwischen den beiden eine besondere Beziehung, denn Patrick ist ein guter Zuhörer, während die Begegnung mit Vladimir eher ernüchternd ausfällt – zumal Patrick eine spontane Abneigung gegen ihn entwickelt...

Zunächst leicht banal und auf altbackene Klischees bauend entwickelt die Geschichte um eine vom Leben und den Männern enttäuschte Frau einen bezaubernden Charme, je weiter man ihr auf ihrem beschwerlichen und nicht immer nach Plan verlaufenden Weg folgt. Dies liegt zum einen an der erfrischenden Laure Calamy, die inmitten der landschaftlichen Schönheit der Cévennen die Entwicklung ihrer anfangs liebeskranken und naiven Figur zu einer selbstreflektierten und selbstbewussten Person mitreißend vermittelt. Zum anderen überzeugt ihr kongenialer Partner, der Esel Patrick, der trotz seines zurückhaltenden, spröden Auftretens über eine überwältigende Leinwandpräsenz verfügt, die man manch zweibeinigem Kollegen wünscht. Wie die beiden Protagonisten sich langsam zusammenraufen und Antoinette durch Patricks stoische Abgeklärtheit mehr Erkenntnisse über das Leben und ihren Hang zu den falschen Männern gewinnt, als ihr die Menschen um sie herum je vermitteln konnten, das ist feinsinnige Komik mit Tiefgang, beste Unterhaltung in diesen tristen Zeiten.

Das sahen wohl auch die Verantwortlichen in Cannes so, wo Komödien es traditionell schwer haben, als sie den Film in die „Sélection Officielle 2020“ ihres Festivals einluden, welches dann leider – wie so vieles – Covid-19 zum Opfer fiel.

Aber dies lässt dennoch auf die Qualität dieser französischen Filmkomödie schließen, die, wie das Grautier Patrick, ihren Charme erst zögernd aber dann immer unwiderstehlicher entfaltet, von dem etwas albernen deutschen Titel sollte man sich jedenfalls auf gar keinen Fall abschrecken lassen.

 


Regie: Caroline Vignal

Drehbuch: Caroline Vignal

Kamera: Simon Beaufils

Schnitt: Annette Dutertre

Musik: Matei Bratescot

 

Darsteller:

Laure Calamy, Benjamin Lavernhe, Olivia Côte,

 

Wild Bunch Germany

97 min.

Deutscher Kinostart: 22. Oktober 2020


 

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