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Dienstag, 15. Februar 2022

Heimkino: Hinterland

Nach Ende des ersten Weltkriegs, damals noch der Große Krieg genannt, und Jahren in russischer Kriegsgefangenschaft, kehrt der ehemalige Kriminalinspektor Peter Perg (Murathan Muslu) in das Wien der 1920ger Jahre zurück, wo nichts mehr ist, wie es einst war. Frau und Tochter leben ohne ihn auf dem Land, seine Heimatstadt ist geprägt vom Nachkriegselend und dann meuchelt auch noch ein Serienmörder Kriegsveteranen, ehemalige Kameraden von Perg, auf äußerst grausame Weise dahin. Gegen den anfänglichen Widerstand seines jungen Kollegen Paul Severin (Max von der Groeben) beginnt Perg zu ermitteln und kommt dabei dem Killer immer näher – zu nah?

Die ungewöhnliche visuelle Gestaltung der Films wirkt auf den ersten Blick befremdlich, wird aber schnell zum zweiten Star neben dem kraftvoll agierenden Murathan Muslu. Die Gebäude der Stadt, die Ausstattung der Innenräumen, alles ist so krumm und schief wie sich die Welt für den Heimkehrer Perg anfühlt, die Außenwelt wird zum Spiegelbild seines Innenlebens. Dabei entstehen Bilder voller expressionistischer Schönheit, ganz im Stil des Stummfilmkinos der 1920ger Jahre, die eine einzigartige Atmosphäre schaffen und aus einem eher konventionellen Krimi-Plot, der gar nicht so raffiniert gesponnen ist, wie es zunächst scheint, ein kleines Meisterwerk machen. Die bizarren Morde sorgen für schaurige Momente, werden jedoch nie voyeuristisch ausgeschlachtet, der historische Kontext ist reizvoll und die Düsternis der Welt nach einer Katastrophe, wie sie der Große Krieg für die Menschen darstellte, wird durchgehend spürbar. Die Charaktere sind gut besetzt, auch wenn Liv Lisa Fries in ihrer Charlotte-Ritter-Figur gefangen zu bleiben scheint, dafür darf Matthias Schweighöfer darf einmal mehr zeigen, dass er nicht nur den dummen August kann.

Alles in allem ein besonderer Krimi in bizarrer Kulisse, für experimentierfreudige Krimiliebhaber und alle, die einen Sinn für das Ungewöhnliche haben, der in Pandemiezeiten leider nicht allzu lange im Kino zu sehen war, hoffentlich bekommt er nun im Heimkino doch noch die Zuschauer, die er verdient hätte!

 

 

Regie: Stefan Ruzowitzky

Drehbuch: Robert Buchschwenter, Hanno Pinter, Stefan Ruzowitzky

Kamera: Benedict Neuenfels

Schnitt: Oliver Neumann

Musik: Kyan Bayani

 

Besetzung:

Murathan Muslu, Max von der Groeben, Liv Lisa Fries, Marc Limpach, Timo Wagner, Stipe Erceg, Trystan Pütter, Matthias Schweighöfer, Margarete Tiesel

 


SquareOne Entertainment

Aut/Lux/D 2021

FSK 16

98 min.

 

Ab 18. Februar 2022 auf DVD & Blu-ray

(Early-EST: 10.02.2022/ TVoD: 17.02.2022)

 

Extras: Trailer, Making-Of

Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=jnAS2eVaR7g

 

 

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