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Donnerstag, 24. Februar 2022

Im Kino: Belfast

Buddy (Jude Hill) wächst in einer protestantischen Arbeiterfamilie in Belfast, Nordirland auf. Der Vater (Jamie Dornan), durch seine Arbeit in England oft abwesend, fehlt zwar, aber der Junge lebt dennoch unbeschwert inmitten von Freunden und Familie, in der er ein besonders enges Verhältnis zu seinen Großeltern hat. Es gibt gemeinsame Kinobesuche und Buddys schüchterne Verliebtheit in eine Mitschülerin, da brechen im Sommer 1969 plötzlich Gewalt und Schrecken in diese friedliche Welt ein und Buddy versteht nicht, warum die Katholiken in seiner Straße plötzlich seine Feinde sein sollen…

Manchmal scheint es zu helfen, mit den Augen eines Kindes auf die Probleme dieser Welt zu schauen – und das macht dieser Film ganz bewusst, indem er ganz aus der Sicht des kleinen Jungen Buddy erzählt – denn dann stellt man vielleicht die richtigen Fragen, zum Beispiel nach dem „Warum“, aber am Ende bekommt man ebenso wenige befriedigende Antworten, wie die Erwachsenen, die für die Schaden eigentlich verantwortlich sind, den sie mit ihrem Hass gegeneinander immer wieder anrichten.

So bietet der Film aus seiner kindlichen Perspektive heraus keine Hilfen an, die Ursachen und Mechanismen der Unruhen und der Gewalt zu analysieren, die in Nordirland über lange Zeit trauriger Alltag waren. Es gibt keine geschichtliche oder sonstige Einordnung, weil ein kleiner Junge wie Buddy davon nichts versteht, wir sehen nur, wie eine heile Welt beschädigt wird, ohne dass dadurch für irgend jemanden etwas besser würde. Dies ist gleichzeitig die Stärke, aber auch die Schwäche des Films, der nichts erklärt, sondern einfach durch seine nostalgisch anmutenden schwarz-weißen Bilder, den Soundtrack und die Kinobesuche – wo die gezeigten Filme die einzigen Farbtupfer sind –eine Idylle beschwört, die ein Kind auch in einem eher ärmlichen Umfeld empfinden kann, und setzt dagegen die plötzlich und brutal einfallende Gewalt.

Regisseur Branagh, der hier über seine eigene Kindheit in Belfast erzählt, lässt Buddy – erfrischend dargestellt durch den kleinen Jude Hall – trotz der Gewalt, die er beobachten muss, die kindliche Unbefangenheit nicht ganz verlieren, seine Familie und hier vor allem seine Großeltern, geben ihm Halt, und die liebevollen und anrührenden Szenen mit der einmal mehr großartigen Dame Judi Dench halten den ansonsten aus vielen einzelnen Momenten bestehenden Film zusammen.

Bereits jetzt wurde „Belfast“ mit zahlreichen Preisen und Nominierungen bedacht, so gewann er beim Toronto International Film Festival 2021 den Publikumspreis und Branagh erhielt für sein Drehbuch bereits einen Golden Globe Award. Gespannt darf man nun sein, wie viele Trophäen der in sieben Kategorien nominierte Streifen dann bei der Oscar-Verleihung mit nach Hause nehmen darf.

 

 

Regie: Kenneth Branagh

Drehbuch: Kenneth Branagh

Kamera: Haris Zambarloukos

Schnitt: Úna Ní Dhonghaíle

Musik: Van Morrison

 

Besetzung:

Jude Hill, Judi Dench, Jamie Dornan, Caitriona Balfe, Lewis McAskie, Ciarán Hinds,

 

Universal Pictures

2021

98 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 24. Februar 2022

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=v8cEqUuqO40 (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=pSNo3MBzd20 (Englisch)

 

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