In einer abgeschieden lebenden Glaubensgemeinschaft werden die Frauen immer wieder von Männern missbraucht und vergewaltigt. Trotz ihrer fast nicht vorhandenen Bildung – kaum eine kann richtig lesen, schreiben oder rechnen – versammeln die Frauen sich eines Tages, um darüber zu diskutieren, wie es für sie weiter gehen soll, dabei sehen sie drei Möglichkeiten für sich: Nichts tun, bleiben und kämpfen oder gehen…
Bebildert in schmuckloser Farblosigkeit und fast ausschließlich begrenzt auf den Raum eine alter Scheune, in dem außer den Gesprächen nicht viel passiert, kommt dieser Film mit einer Wucht daher, die man lange nicht in dieser Form erlebt hat. Unmenschliche Machtstrukturen, ausgeübt durch Vorenthalten von Bildung, Unterwerfung oder Aufstand dagegen, Situationen voller Zweifel, Angst und Ohnmacht und wie man sich daraus befreien kann, werden von den (ungebildeten) Frauen mit Leidenschaft diskutiert, alte Fragen, die schon Shakespeare’s Hamlet sinnieren ließen, warum wir die Übel, die wir haben, lieber ertragen, als zu unbekannten fliehen, dieser Film transportiert all dies, spannend und von einem hervorragenden Schauspielensemble getragen, und bietet dabei weniger Schau- als immense innere Werte. Die Enge der Scheune steht dabei für die Beschränktheit des Lebens in einer von der übrigen Gesellschaft abgeschotteten Gemeinschaft, die im besten Fall viel zu geben hat, im schlimmsten aber auch die Hölle für die Eingeschlossenen bedeuten kann.
Wer allerdings etwas von den scheußlichen Verbrechen oder von den sie begehenden Männern sehen will, wer explizite Szenen braucht, weil er oder sie nicht in der Lage ist, sich den Schrecken, um den es hier geht, vorstellen zu können, der wird wahrscheinlich enttäuscht sein, dass es dazu keine Bilder gibt, aber die Kraft des Films entsteht gerade durch diese theaterhafte Verdichtung, ein Drama zeitlos und (leider) aktuell zugleich, wobei lange nicht klar ist, wann und wo es tatsächlich spielt.
Keine leichte Kost, bei der viel Nachdenkenswertes serviert wird, ein Kammerspiel mit Hoffnung machendem Ende, und Hoffnung braucht es, wenn es weitergehen soll…
Regie: Sarah Polley
Drehbuch: Sarah Polley, Miriam Toews, b/a dem Buch von Miriam Toews
Kamera: Luc Montpellier
Schnitt: Christopher Donaldson, Roslyn Kalloo
Musik: Hildur Guðnadóttir
Besetzung:
Rooney Mara, Claire Foy, Jessie Buckley, Judith Ivey, Liv McNeil, Sheila McCarthy, Ben Wishaw, Frances McDormand
Universal Pictures
USA 2022
104 min.
FSK 12
Deutscher Kinostart: 09. Februar 2023
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=ceegaZ7_wn8 (Deutsc)
https://www.youtube.com/watch?v=pD0mFhMqDCE (Englisch)
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