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Mittwoch, 13. September 2023

Im Kino: A Haunting in Venice

Im Jahr 1947 hat sich der berühmte (belgische) Detektiv Hercule Poirot (Kenneth Branagh) in Venedig zur Ruhe gesetzt, Verbrechen aufzuklären scheint ihn nicht mehr zu interessieren. Selbst seine alte Freundin, die Schriftstellerin Ariadne Oliver (Tina Fey), kann ihn nur mit Mühe aus seinem beschaulichen Leben herausreißen, indem sie ihn überredet, sie zu einer Séance in einer verwunschenen Stadtvilla zu begleiten. Da Poirot es gewohnt ist, die Dinge mit Ratio anzugehen, kommt ihm das Medium Joyce Reynolds (Michelle Yeoh), das vorgibt mit den Toten reden zu können, sofort dubios vor, aber als ein erster Mord geschieht und das geheimnisvolle Haus ein Eigenleben zu entwickeln scheint, lässt dies sogar den Meisterdetektiv mehr und mehr an seinem Verstand zweifeln…

Kenneth Branagh hat sich für die aktuelle Verfilmung eines Agatha-Christie-Krimis diesmal ein weniger bekannte Vorlage ausgesucht, was sich als geschickter Schachzug erweist, da so Vergleiche mit Vorgängerversionen ausbleiben. Aber auch sonst hält sich der Brite in vielen Dingen angenehm zurück, kein überbordendes Starensemble und vor allem keine bombastische CGI-Orgie, wie in seinen Adaptionen von „Mord im Orient Express“ und dem „Tod auf dem Nil“. Der im Titel enthaltene Begriff „Haunting“ kann sowohl „jemanden verfolgen“, als auch „Spuk“ bedeuten, und genau in dieser Dualität bewegt sich die Detektivgeschichte diesmal, neben der Suche nach einem Mörder werden jede Menge Gruselelemente eingestreut, und diese Mischung überzeugt durch ungewöhnliche Kameraeinstellungen und einen entsprechenden Soundtrack.

Einiges bleibt natürlich unverändert: ein geschlossener Schauplatz mit einer Schar von unterschiedlichen Menschen, von denen jeder sein eigenes Geheimnis mit sich herumträgt, das der Detektiv im Vorbeigehen gleich mit aufdeckt, bevor er in bewährter Weise die finale Lösung des Verbrechens präsentiert. Dass Poirot stellenweise die Funktionsfähigkeit seiner kleinen grauen Zellen in Zweifel zieht ist ebenfalls ein reizvoller Aspekt, der Detektiv wankt, aber natürlich stürzt er nicht, und am Ende hat er das mysteriöse und grausame Rätsel des verwunschenen Hauses und der Verbrechen darin, wie zu erwarten, gelöst.

Trotz des Titels ist von Venedig nicht so viel zu sehen, da sich die Handlung fast ausschließlich in der Düsternis des alten Palazzos bewegt, aber dafür entschädigen die Eingangsszenen und am Ende ein wunderschöner Rundflug, bei der sich die Stadt noch einmal majestätisch in ihrer ganzen morbiden Pracht präsentiert darf. Auf jeden Fall ist Branagh ein solider Krimi gelungen, nichts Spektakuläres, aber schön anzuschauen und dabei angenehm altmodisch anmutend, genau das, was man bei diesem Stoff erwarten darf.

 


 Regie: Kenneth Branagh

Drehbuch: Michael Green, b/a Roman „Hallowe’en Party“ von Agatha Christie

Kamera: Haris Zambarloukos

Schnitt: Lucy Donaldson

Musik: Hildur Guðnadóttir

 

Besetzung:

Kenneth Branagh, Michelle Yeoh, Jamie Dornan, Tina Fey, Riccardo Scamarcio, Camille Cottin, Kelly Reilly, Jude Hill

 

20th Century/ Walt Disney Studios

2023

103 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 14. September 2023

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=XMUTZHHuZRQ (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=mYZMuTi4rwc (Englisch)

 

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