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Dienstag, 23. September 2025

Im Kino: One Battle After Another

Perfidia (Teyana Taylor) und Bob (Leonardo DiCaprio) waren Mitglieder der Untergrundgruppe „French 75“, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, gegen den Staat zu kämpfen, indem sie zum Beispiel Flüchtlinge aus Mexico über die Grenze in die USA zu schmuggelte. Nun, 16 Jahre später, ist Perfidia verschwunden, viele Kämpfer sind tot und Bob ist zum weinerlichen Kiffer verkommen, der versucht, sich so gut es geht um Tochter Willa (Chase Infiniti) zu kümmern. Da taucht plötzlich ein alter Widersacher, Col. Steven J. Lockjaw (Sean Penn), wieder auf und Bob wird unsanft aus seiner Lethargie gerissen…

Wenn man die aktuellen Razzien des United States Immigration and Customs Enforcement (ICE) gegen Immigranten jeglicher Art betrachtet, bekommt der Film eine erschreckende Aktualität. Auch die geheime Organisation, der Col. Lockjaw unbedingt beitreten möchte, scheint direkt aus dem Playbook der Heritage Foundation entnommen zu sein.

 

Dennoch geht es nicht ausschließlich um diese aktuellen Bezüge, der Film ist vielmehr ein kruder Mix verschiedenster Elemente. Spielen anfangs sexuelle Aspekte eine gewichtige Rolle, ebenso wie die wilden Aktionen der Untergrundkämpfer, wird das Ganze mehr und mehr zu einem Schauermärchen mit Zügen des absurden Theaters und einem brachialen Humor, der alles ein bisschen verdaulicher macht.

 

Leonardo DiCaprio ist durchaus sehenswert, wenn er seinen Bob mühsam in die alte Rolle des Revoluzzers zurückstolpern lässt, hektisch und nicht immer auf der Höhe der Action um ihn herum, gewandet wie einst der gute alte Arthur Dent in einen hastig übergeworfen Morgenmantel. Benicio Del Toro ist in seiner Nebenrolle ein wenig verschenkt, aber an der Vorstellung von Sean Penn dürften sich die Geister scheiden. Zwischen Oscar und Goldener Himbeere ist alles denkbar, sein zwanghaftes Mundzucken (Lockjaw!) und der stocksteif-staksende Gang machen ihn stellenweise zu einer echten Lachnummer, was aber vielleicht sogar gewollt ist, skurril ist es auf jeden Fall.

 

Und so bleibt am Ende des ganzen Films das merkwürdige Gefühl zurück, das man mit einem etwas ratlosen „Was war das denn?“ umschreiben kann. Vielleicht findet Ihr es ja heraus…

 

 

  

Regie: Paul Thomas Anderson

Drehbuch: Paul Thomas Anderson, inspiriert von Thomas Pynchons Roman „Vineland“

Kamera: Michael Bauman

Schnitt: Andy Jurgensen

Musik: Johnny Greenwood

 

Besetzung:

Teyana Taylor, Leonardo DiCaprio, Chase Infiniti, Sean Penn, Benicio Del Toro, Regina Hall, Wood Harris, Alana Haim, Shayna McHayle, Dijon

  

Warner Bros. Pictures Germany

2025

161 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 25. September 2025

 

 

Trailer:  https://www.youtube.com/watch?v=OzKtvbtcTGE (Deutsch)

 https://www.youtube.com/watch?v=hg8AGTyYMBA (Englisch)

Im Kino: The Negotiator (Relay)

Ash (Riz Ahmed) hat sich darauf spezialisiert, Whistleblower zu schützen, die kalte Füße bekommen, indem er einen Deal zwischen ihnen und ihren Unternehmen vermittelt, die sicher sein wollen, auch wirklich alle kompromittierenden Unterlagen zurückzuerhalten – gegen ein gewisses Entgelt, versteht sich. Er selbst bleibt dabei absolut anonym und hat dafür ein cleveres und erfolgreiches System entwickelt, wie seine bisherige Bilanz beweist. Da bringt eine neue Klientin (Lily James) plötzlich alle Beteiligten in Schwierigkeiten und Ash wird gezwungen, seine sichere Zone zu verlassen…

Dass man sich als deutschen Titel etwas Englisches ausgedacht hat, scheint wenig sinnvoll, allerdings können sich Deutsche unter einem „Negotiator“ wahrscheinlich mehr vorstellen, als unter dem Originaltitel „Relay“, der sich auf etwas bezieht, das es so – zumindest meines Wissens – hierzulande nicht gibt. Dahinter steckt nämlich die Möglichkeit für Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderung zu telefonieren, indem sie einem Dienst (eben dem Relay-Dienst) über ein spezielles Gerät eingetippte Nachrichten zukommen lassen, die dieser dann ihrem Gesprächspartner vorliest und umgekehrt. Die Tatsache, dass dabei Anrufer und Angerufener nicht direkt in Kontakt miteinander treten, ist hier allerdings die Möglichkeit für den Protagonisten Ash, sein Geschäft zu betreiben, indem weder er noch seine eigene Stimme dem Gegenüber jemals bekannt werden.

Ausgehend von dieser Prämisse entwickelt sich eine spannende Geschichte im Stile eines Agententhrillers mit einigen überraschenden Wendungen, über die hier natürlich nichts verraten werden soll. Riz Ahmed ist großartige als der schweigende, effizient arbeitende Einzelgänger, der alles im Griff zu haben scheint und Lily James macht ihre Sache auch gewohnt gut.

 

Ein Film für alle, die Spaß an intelligenten Katz- und Mausspielen haben, der es versteht, die Spannung bis zum Schluss hoch zu halten.

 

  

Regie: David Mackenzie

Drehbuch: Justin Piasecki

Kamera: Giles Nuttgens

Schnitt: Matt Mayer

Musik: Tony Doogan

 

Besetzung:

Riz Ahmed, Lily James, Sam Worthington, Willa Fitzgerald, Jared Abrahamson, Pun Bandhu, Elisa Davis

 

 

Black Bear, AscotElite, Leonine

2024

112 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 25. September 2025

 

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=4-iy_NHH7Ic (Deutsch)

  https://www.youtube.com/watch?v=6lopcPvgkPM (Englisch)

 

Im Kino: The Toxic Avenger

Winston Gooze (Peter Dinklage) hat einen mies bezahlten Putzjob in der örtlichen Chemiefabrik, lässt sich viel zu viel gefallen und kümmert sich so gut er kann um seinen Stiefsohn Wade (Jacob Tremblay). Als er an Krebs erkrankt, will seine Firmen-Krankenversicherung nicht für seine Behandlung zahlen und man feuert ihn stattdessen. Bei dem Versuch sich zu rächen, fällt er in eine von der Fabrik in der ganzen Stadt produzierten Chemiekloaken und mutiert zum… Toxic Avenger!

Bei diesem Film handelt es sich um ein Reboot des „Toxic Avengers“ aka „Atomic Hero“ aus dem Jahr 1984, der, obwohl bereits 2023 fertiggestellt, erst jetzt in die Kinos kommt. Wie das Original gibt es jede Menge absurd-heftige Toxic-Action, bei der ein ums andere Mal das Lachen im Halse stecken bleiben möchte, aber dann doch irgendwie befreiend seinen Weg nach außen findet.

Peter Dinklage darf zudem sympathisch um die Gefühle des Publikums buhlen, die Vater-Sohn-Geschichte nimmt dem Trash-Festival viel von seiner ursprünglichen Härte. Nichtsdestotrotz ist die FSK-Einstufung ab 18 durchaus verdient, denn ganz auf Blut-und-Gore hat man nicht verzichtet, was Toxies Freunde freuen wird, darüber hinaus könnte das durch eine im Gegensatz zum ursprünglichen Werk insgesamt abgemilderte Remake neue, nicht ganz so hartgesottene Fans dazugewinnen. Dabei helfen sicher auch Kevin Bacon und Elijah Wood, die ihren Figuren mit sichtlichem Vergnügen die erforderte Schmierigkeit verleihen.

 

Am Ende ist durch die gefühligen Nebenhandlungen ein für einen trashigen Gore-Film erstaunlich unterhaltsames Spektakel herausgekommen, bei dem auch der Humor nicht zu kurz kommt, wenn man sich denn darauf einlassen mag.

 

 


 

Regie: Macon Blair

Drehbuch: Macon Blair, b/a der gleichnamigen Vorlage von Lloyd Kaufman und Joe Ritter

Kamera: Dana Gonzales

Schnitt: Brett W. Bachman, James Thomas

Musik: Brooke Blair, Will Blair

 

Besetzung:

Peter Dinklage, Jacob Tremblay, Taylour Paige, Kevin Bacon, Elijah Wood, Luisa Guerreiro, David Yow, Sunil Patel, Mavon Blair

 

 

Troma Entertainment/ Legendary Entertainment, Capelight Pictures/Wild Bunch

2023

102 min.

FSK 18

Deutscher Kinostart: 25. September 2025

 

 

Trailer:  https://www.youtube.com/watch?v=98d0IzYCU1A  (Deutsch)

 https://www.youtube.com/watch?v=HKe0pep35gQ  (Englisch)

Mittwoch, 10. September 2025

Im Kino: Honey Don't!

Privatdetektivin Honey O’Donohue (Margaret Qualley) ermittelt im sonnigen Bakersfield, meistens geht es um untreue Ehepartner. Aber jetzt gibt es plötzlich ein paar Leichen, der Priester einer ominösen Sekte (Chris Evans) geht ungeniert seinen Gelüsten nach und Honey kommt richtig ins Grübeln, um die richtigen Schlüsse zu ziehen und die diversen Rätsel um sie herum zu lösen…

Nach „Drive-Away Dolls“ führt Ethan Coen, seit einiger Zeit ohne seinen Bruder Joel unterwegs, seine geplante queere B-Movie-Trilogie weiter, hier orientiert er sich thematisch und stilistisch am Film Noir früherer Zeiten, dabei mischt er Elemente dieses Genres mit modernen, optisch könnte das Ganze in den in den 1930ger bis 1950ger Jahren spielen, wenn man damals schon Handys gehabt hätte.

Margaret Qualley schreitet auf High Heels durch die Szenerie, immer mit einem lakonischen Marlow-Spruch auf den Lippen, dabei wehrt sie die notorischen Anmachversuche des örtlichen Polizisten ab, der einfach nicht kapieren will, dass sie auf Frauen steht, was dem Publikum zu beweisen sie ausreichend Gelegenheit erhält.

Daneben stehen blutige Szenen mit explizierter Gewalt im Stile Tarantinos und als Eigenreferenz der früheren Coen-Filme, für die es so keine echte Notwendigkeit gibt und durch diese beliebige Mischung aus Sex und Crime besteht der Film letztlich nur aus Versatzstücken, die kein stimmiges Ganze ergeben, und vor allem die Auflösung, die zum Schluss plötzlich aus dem Hut gezaubert wird, enttäuscht.

Am Ende ist der Film mehr Schein als Sein, wobei der Schein teilweise durchaus schön anzusehen ist, so dass, auch wenn das Ganze nicht durchweg stimmig ist, es durchaus unterhaltsame Momente gibt, die einen Kinobesuch lohnen.

 

 

 

Regie: Ethan Coen

Drehbuch: Ethan Coen, Tricia Cooke

Kamera: Ari Wegner

Schnitt: Tricia Cooke, Eily Denker

Musik: Carter Burwell

 

Besetzung:

Margaret Qualley, Aubrey Plaza, Chris Evans, Lera Abova, Jacnier, Gabby Beans

 

 

Working Title Films/ Universal Pictures International

2025

89 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 11. September 2025

 

 

Trailer:  https://www.youtube.com/watch?v=0NXplfZYaM4 (Deutsch)

  https://www.youtube.com/watch?v=Jzr6pHIZAI0 (Englisch)

 

Mittwoch, 3. September 2025

Im Kino: Conjuring 4: Das letzte Kapitel

Das Ehepaar Ed und Lorraine Warren (Patrick Wilson und Vera Farmiga), lange Zeit Ratgeber bei paranormalen Phänomenen und unermüdliche Kämpfer gegen Dämonen aller Art,  sind eigentlich im wohlverdienten Ruhestand und ihre Tochter Judy (Mia Tomlinson) steht kurz vor ihrer Verlobung, da holt sie die Vergangenheit ein. Ein Artefakt, das bereits bei Judys Geburt eine fatale Rolle gespielt hat und ein dazugehörender Dämon, fordern die Familie und alle in ihrem Umfeld noch einmal heraus, können die Warrens auch diese Herausforderung meistern?

Die Antwort hierauf erhält man in diesem, wie angekündigt, letzten Kapitel der Reihe, in dem sich das wackere und rechtschaffene Paar noch einmal gegen das Böse stellt. Die echten Warrens sollen nicht ganz so rechtschaffen gewesen sein, aber das ist dann Stoff für einen anderen Film.  

 

In bewährter Weise wird die dämonische Kraft kurz vorgestellt und bei ihrer schändlichen Arbeit begleitet, immer wieder blitzen kurze gruselige Gestalten und Szenen auf, für den hartgesottenen Horrorfan sicher keine große Herausforderung, aber bestimmt zur Freude aller Kenner und Fans der Reihe und den diversen Spin-Offs, und wer die Warrens, die ja irgendwie sympathisch rüberkommen, ins Herz geschlossen hat, bekommt hier noch einmal das volle Programm, bevor, wer weiß, vielleicht die nächste Generation den Staffelstab übernimmt? Wäre doch eine Möglichkeit, liebe Warners?



 

Regie: Michael Chaves

Drehbuch: Ian Goldberg, Richard Naing, David Leslie Johnson-McGoldrick, b/a den Charakteren von Chad und Carey W.Hayes

Kamera: Eli Born

Schnitt: Elliot Greenberg, Grogory Plotkin

Musik: Benjamin Wallfisch

 

Besetzung:

Vera Farmiga, Patrick Wilson, Mia Tomlinson, Elliot Cowan, Ben Hardy, Beau Gadsdon

 

 

New Line Cinema/ Warner Bros. Pictures Germany

2025

135 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 04 September 2025

 

 

Trailer:  https://www.youtube.com/watch?v=WPENP5dwi58 (Deutsch)

 https://www.youtube.com/watch?v=FSAz556s0fM (Englisch)

 

 

Im Kino: 22 Bahnen

Tilda (Luna Wedler) studiert Mathematik und jobbt an der Supermarktkasse, vor allem aber kümmert sie sich um ihre kleine Schwester Ida (Zoë Baier), denn ihrer beider Mutter (Laura Tonke) hat immer wieder alkoholbedingte Ausfälle und bekommt ihr Leben nicht in den Griff. Als Tilda ein verlockendes Promotionsangebot erhält, für das sie jedoch nach Berlin umsiedeln müsste und außerdem noch Viktor (Jannis Niewöhner) auftaucht, mit dem sie einen traurigen Schicksalsschlag teilt, muss Tilda eine schwerwiegende Entscheidung treffen, während sie regelmäßig ihre 22 Bahnen im Schwimmbad zieht…

Der dem Film zugrundeliegende gleichnamige Roman der Jungautorin Caroline Wahl war auf Anhieb ein großer Erfolg, was zwangsläufig zu einer baldigen Verfilmung führen musste. Wer das Buch kennt, wird allerdings im Film nichts grundlegend Neues finden, und wer den Film schaut, braucht das Buch nicht mehr zu lesen, was nicht heißen soll, dass beides schlecht wäre. Hier soll es aber um den Film gehen, der das Leben in einer Co-Abhängigkeit zeigt, immer am Rand des Untergangs und auf den Schultern einer jungen Frau, die mit ihren verschiedenen Rollen völlig überfordert ist, von Luna Wedler in lakonischer Sachlichkeit interpretiert.

Die stärksten Szenen gehören allerdings der Mutter, von Laura Tonke grandios verkörpert, die in ihrem Scheitern immer wieder Momente vergeblich angestrebter Stärke und hoffnungsloser Zerbrechlichkeit zeigt, die ihre Kinder permanent im Stich lässt und dabei selbst vom Leben im Stich gelassen zurückbleibt.

 

Die doppelbödige Liebesgeschichte mit dem eher blass bleibenden Viktor und Tildas seltene Ausbrüche in ein normales Leben mit Gleichaltrigen, Partys und eigenen Drogenerfahrungen bleiben dagegen zu schwach, um daraus einen echten Kontrapunkt zum trüben Alltag zu bilden, und auch die Schwimmbadszenen werden ihrer Bedeutung für die Geschichte nicht immer gerecht.

 

Dass der Film es bewusst vermeidet, zu sehr als Sozialdrama daher zu kommen ist Stärke und Schwäche zugleich, wer sich von Ersterem eher abgeschreckt fühlen würde, wird dennoch eine Leichtigkeit vermissen, die dem Thema die Schwere nehmen könnte und ein befreiendes Lachen, was zu einem richtigen Drama immer unbedingt dazu gehört.

 

  

   Regie: Mia Maariel Meyer

Drehbuch: Elena Hell, b/a Roman 

von Caroline Wahl

Kamera: Emil Härdtlein

Schnitt: Jamin Benazzouz

Musik: Dascha Dauenhauer

 

Besetzung:

Luna Wedler, LauraTonke, Sabrina Schieder, Zoë Baier, Jannis Niewöhner

 

Constantin Film

2025

102 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 04. September 2025

 

 

Trailer:  https://www.youtube.com/watch?v=vkj0AFB9WXM  (Deutsch)