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Mittwoch, 18. Dezember 2024

Im Kino: Mufasa: Der König der Löwen (Mufasa: The Lion King)

Kiara, die kleine Tochter von Simba und Nala bekommt von Rafiki die Kindheitsgeschichte ihres Großvaters Mufasa erzählt, wie dieser es einst vom verwaisten Löwenjungen zum König der Löwen brachte und dabei die Freundschaft zu Freund/ Bruder Taka verlor, der später zu seinem erbitterten Feind Scar wurde.

Das Prequel zum „König der Löwen“ erzählt in Rückblenden vom frühen Schicksal Mufasas, hierbei lernen wir zwar den jungen Rafiki kennen, der bereits damals zu Mufasas Freund wurde, für Timon und Pumbaa bleiben dabei allerdings nur kleine Nebenrollen als weitere Zuhörer neben Kiara.  

Ansonsten glänzt der Film wieder mit den bereits bekannten Live-Action-Filmtechniken und den fotorealistischen computergenerierten Bildern, bei denen jedes Schnurrbarthaar der Tiere und jeder Regentropfen so echt wirken, wie man es noch immer kaum für möglich hält. Dennoch regt sich unterschwellig ein leichtes Friedhof-der-Kuscheltiere-Unwohlsein, da kann die kleine Kiara noch so süß in Großaufnahme in die Kamera schauen, das Ganze wirkt am Ende nach wie vor ein wenig seelenlos.

Die Geschichte zeigt die Entwicklung von Mufasas und Scars Feindschaft und lässt eine Gruppe unheimlicher Löwen auftreten, insgesamt fehlt es der Geschichte durch das Hin- und Herspringen zwischen Vergangenheit und Gegenwart auch im Hinblick auf ein ganz junges Publikum ein wenig am homogenen Erzählfluss. Und natürlich wird auch immer mal wieder gesungen, was den ansonsten so bemühten Realismus doch einigermaßen beeinträchtigt, wobei die Lieder nicht schlecht sind, wenn auch vielleicht nicht ganz so schmissig, wie gewohnt.

Trotz dieser Einschränkungen ist der Film für Mufasa-Freundinnen und -freunde sicher ein Muss und für Liebhaber fotorealistischer Tieranimationen wieder sehenswert, für alle anderen eher überflüssig.

 


 Regie: Barry Jenkins

Drehbuch: Jeff Nathanson, b/a den Charakteren von Linda Woolverton, Irene Mecchi und Jonathan Roberts

Kamera: James Laxton

Schnitt: Joi McMillon

Musik: Dave Metzger

 

Besetzung:

Aaron Pierre, Kelvin Harrison Jr., Tiffany Boone, Kagiso Lediga, Proston Nyman, Blue Ivy Carter, John Kani, Mads Mikkelsen, Seth Rogen, Billy Eichner, Thandiwe Newton, Beyoncé Knowles-Carter

Deutsch: Wincent Weiss, Paul Fischer

 

Walt Disney Company Germany

2024

118 min.

FSK 6

Deutscher Kinostart: 19. Dezember 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=MMiO4deRB9A (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=o17MF9vnabg (Englisch)

Mittwoch, 11. Dezember 2024

Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim (The Lord of the Rings: The War of the Rohirrim)

Helm Hammerhand, König von Rohan, tötet bei einem Faustkampf den Vater von Wulf, Fürst der Dunländer. Dieser schwört daraufhin Rache, außerdem will er durch die Heirat mit Helms Tochter Héra selbst König werden. Es gibt Krieg mit vielen sinnlosen Opfern, aber kann Wulf durch die Belagerung der Festung Hornburg, später als Helms Klamm in die Geschichte Mittelerdes eingegangen, in die sich Helms Armee zurückgezogen hat, die Wendung bringen, oder schafft es Héra selbst durch Mut und Entschlossenheit, Wulf zu besiegen?

Die Handlung dieser neuerlichen Geschichte aus Mittelerde setzt 183 Jahre vor den Ereignissen der bekannten Film-Trilogie ein und führt eine später eher unbekannte Heldin ein, über die trotz ihrer Tapferkeit keine Gesänge existieren, und man fragt sich am Ende: wieso eigentlich nicht? Denn sie bringt alles mit, was es braucht, um in die Geschichte einzugehen, aber dennoch wurde sie offensichtlich vergessen und andere konnten nach der Schlacht der Rohirrim von ihrem Ruhm zehren.

Immerhin gibt es nun diesen Film, der sich im Gewand eines Anime präsentiert, was Vor- aber auch viele Nachteile mit sich bringt. So mangelt es den Schlachtszenen eindeutig an Wucht und den Charakteren fehlt es oft an Ausdrucksstärke. Nur vereinzelt gibt es ein paar schöne Bilder, die im Gedächtnis bleiben, so ein immer dichter werdendes Schneetreiben, während die gegnerische Übermacht unaufhaltsam und mächtig heranrückt und auch mit einem gelungenen Soundtrack, der die Flachheit mancher Szenen aufwertet, kann der Film punkten.

Ansonsten überwiegen stereotype Dialoge und Handlungsmechanismen, ohne originelle Wendungen und auch ohne wenigstens ansatzweise eingestreuten Humor bleibt das Ganze arg staubtrocken, aber vielleicht bietet es den eingefleischten Tolkien-Aficionados eine nostalgische Rückkehr in ein Universum, dessen Geschichte eigentlich auserzählt ist…

 


 Regie: Kenji Kamiyama

Drehbuch: Jeffrey Addiss, Will Matthews,  Gittins, Arty Papageorgiou, b/a den Figuren und Charakteren von J.R.R. Tolkien

Schnitt: Tsuyoshi Sadamatsu

Musik: Stephen Gallagher

 

Besetzung:

Original-Stimmen: Brian Cox, Gaia Wise, Miranda Otto, Luca Pasqualino, Lorraine Ashbourne

 

Warner Bros. Germany

2024

134 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 12. Dezember 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=wzKQe2SB2hc (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=gCUg6Td5fgQ (Englisch)

Dienstag, 3. Dezember 2024

Im Kino: A Different Man

Edward (Sebastian Stan) leidet an Neurofibromatose und dadurch verursachten entstellenden Wucherungen im Gesicht, was ihn zu einem einsamen und zurückhaltenden Mann hat werden lassen. Einzig seine neue Nachbarin Ingrid (Renate Reinsve) scheint ihn so zu akzeptieren, wie er ist, aber bevor sich zwischen den beiden mehr als Freundschaft entwickeln kann, bekommt Edward die Chance auf Heilung und das Wunder geschieht: sein Gesicht ist plötzlich makellos und schön. Edward beschließt, sein altes Ich hinter sich zu lassen und beginnt unter dem Namen Guy ein neues, erfolgreiches Leben. Da trifft er eines Tages auf Oswald (Adam Pearson), einen ebenfalls von Neurofibromatose Betroffenen, der Edwards/Guys neues Leben komplett in Frage zu stellen scheint…

Wer nicht einer bestimmten Norm entspricht, vor allem nicht dem gerade vorherrschenden Schönheitsideal, hat es, das glaubt man wohl so feststellen zu können, schwerer im Leben. Wer darüber hinaus mit besonders auffälligen Deformationen leben muss, bekommt oft die Ablehnung seiner Mitmenschen zu spüren, was wäre also erstrebenswerter, als dieses Anderssein abzulegen und so auszusehen wie alle anderen?

Dem Protagonisten dieses Films bietet sich genau diese Möglichkeit, er darf sich buchstäblich häuten und hervor kommt ein neuer Mensch mit ebenmäßigem Gesicht, aus der hässlichen Raupe wird ein schöner Schmetterling. Ob aus ihm deswegen auch ein anderer Mensch wird, das ist die spannende Frage, die bereits der Titel insinuiert. Der Film lässt Edward auch zunächst in diese Richtung gehen, er wird ein erfolgreicher und beliebter Immobilienmakler, er bekommt eine Rolle in einem Theaterstück, denn seine eigentliche Leidenschaft ist es, Schauspieler zu sein – aber ist er das nicht bereits?

Die banale Weisheit, dass es nicht auf Äußerlichkeiten ankommt, sondern auf die inneren Werte – geschenkt. Dennoch spielt der Film geschickt, manchmal auch ein bisschen zu offensichtlich, mit diesem Thema und mit der Frage, wieviel von dem, was wir nach außen zeigen, wir selbst sind, und wieviel davon eine Maske ist, die wir aufsetzen, um anderen zu gefallen? In Edwards Fall ist paradoxerweise sein neues Gesicht die eigentliche Maske, dahinter verbirgt sich derselbe unsichere Mann, der er immer war, was sich erst durch die Spiegelung mit dem ebenfalls an Neurofibromatose erkrankten Oswald zeigt, einem Mann, der trotz seines Aussehens nichts unmöglich zu sein scheint, weil er über ein unerschütterliches Selbstbewusstsein verfügt.

Insgesamt bietet der Film einiges zum Nachdenken, aber auch durchaus komische bis groteske Szenen, manchmal verliert er sich allerdings ein wenig in Details, die am Ende zu nichts führen. Aufgewartet wird mit einer 35mm-Optik, die in die 1970ger Jahre weist, was interessant aussieht, aber dann gibt es Handys und Facebook, auch hier scheint sich der antagonistische Ansatz zu manifestieren, der sich durch den gesamten Film zieht, spaßig, diese Spiegelungen zu entdecken, am Ende aber auch ein bisschen zu viel des Guten.

Hervorragend dagegen sind die Schauspieler, die es schaffen, obwohl am Ende keine der Figuren sich als wirklicher Sympathieträger erweist, das Interesse an ihrem Schicksal jederzeit hochzuhalten, eine Tour de Force in einer Komödie mit bitterem Beigeschmack und ohne wirkliches Happy End.

 


 Regie: Aaron Schimberg

Drehbuch: Aaron Schimberg

Kamera: Wyatt Garfield

Schnitt: Taylor Levy

Musik: Umberto Smerilli

 

Besetzung:

Sebastian Stan, Renate Reinsve, Adam Pearson

 

Universal Pictures Germany/ A24

2024

112 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 05. Dezember 2024

 

Trailer:

https://www.youtube.com/watch?v=CjbRoZ7eruU (Englisch mit Untertiteln)

 

Im Kino: The Outrun

Die auf den vor der schottischen Küste gelegenen Orkney-Inseln aufgewachsene Rona (Saoirse Ronan) zieht es als junge Frau in die große Stadt nach London. Aber bei ihrem ausschweifenden Lebenswandel dort und den immer heftigeren Alkoholexzessen verliert sie mehr und mehr die Kontrolle über sich. Letzte Rettung scheint eine Rückkehr in ihre Heimat zu sein, wo sie sich einer Vogelschutzgruppe anschließt, auf der Suche nach dem fast ausgestorbenen Wachtelkönig. Kann sie mit dieser Aufgabe in der wilden Landschaft und der selbst gewählten Einsamkeit wieder zu sich selbst finden?

Es gehört inzwischen zum guten Ton und zu den zurzeit bewährten Stilmitteln, eine Geschichte nicht mehr linear zu erzählen, sondern die einzelnen Erzählstränge in Vor- und Rückblenden ineinander zu verweben, in der Hoffnung, dass am Ende schon irgendwie das richtige Gesamtbild entstehen wird. Dies ist herausfordernd und durchaus spannend, wenn die Geschichte auch eine Handlung hat, die sich nach und nach zu einem Ganzen fügt.

Wenn allerdings, wie hier, immer nur einzelne Episoden scheinbar willkürlich gegeneinandergestellt werden, entwickelt sich gar nichts, denn dass die Frau ein Alkoholproblem hat, ist ziemlich schnell klar, und wenn dann auch noch die Rückblenden in unterschiedlichen Zeitebenen spielen, was man hauptsächlich an Ronas unterschiedlich gefärbten Haaren erkennt, verkommt das Stilmittel des nicht-linearen Erzählens zum bloßen Manierismus.

Die deutsche Regisseurin Nora Fingscheidt, die mit ihrem Film „Systemsprenger“ über ein über die Stränge schlagendes Kind, für das es keine Therapie zu geben scheint, auch international einen beachtlichen Erfolg feiern konnte, hat sich hier der autobiographischen Geschichte der schottischen Journalistin Amy Liptrot angenommen, aber so interessant das Thema ist und so faszinierend die wilde Landschaft hoch im Norden Europas, irgendwie fügt sich hier wenig zu einem stimmigen Ganzen, da kann auch die vielgelobte Saoirse Ronan nicht helfen – der „Systemsprenger“ ist erwachsen geworden und hat dabei leider seine Wucht komplett eingebüßt - aber wenigstens für den Wachtelkönig scheint es Rettung zu geben...

 


 Regie: Nora Fingscheidt

Drehbuch: Nora Fingscheidt, Daisy Lewis, Amy Liptrot, b/a Memoir (Deutsch: "Nachtlichter") von Amy Liptrot

Kamera:Yunus Roy Imer

Schnitt: Stephan Bechinger

Musik: John Gürtler, Jan Miserre

 

Besetzung:

Saoirse Ronan, Paapa Essiedu, Stephen Dillane, Saskia Reeves

 

Sony Pictures Classic

2024

118 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 05. Dezember 2024

 

             Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=ToesjCBUU0c (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=pFv-v_wFsK8 (Englisch)

 

Im Kino: Bagman

Als kleiner Junge ist Patrick (Sam Claflin) einst dem furchterregenden Bagman entkommen, der bestimmte Kinder verfolgt, sie in einen mitgeführten Rucksack steckt und entführt. Nun hat Patrick selber einen kleinen Sohn – zieht dieser möglichweise den Bösen wiederum an und was kann man dagegen tun?

Mit dieser Frage beschäftigt sich der Film in gewohnter Weise mit vielen bekannten Gruselelementen, wobei ein Haus am Waldrand sich einmal mehr wunderbar anbietet, um über nächtliche Geräusche und undurchdringliches Buschwerk eine Atmosphäre der Bedrohung zu schaffen.

Allerdings stellt sich bei den sich wiederholenden Effekten eine leichte Redundanz ein, hier hätte eine ausgefeiltere Choreographie gut getan. Außerdem legen die verängstigten Eltern ihr Kind zum Schlafen immer wieder brav im Nebenzimmer in seinem Bettchen ab, wo sie es über eine installierte Kamera im Blick haben, vielleicht sollte man es – das Kind – stattdessen einfach mal mit ins eigene Zimmer nehmen – nur so eine Idee…    

Am Ende ein solider Gruselfilm ohne große Horror- oder Schockeffekte, vielleicht aber nichts für einen Kinoabend junger Eltern, die ihr Kind zu Hause in seinem Bettchen gelassen haben…



 Regie: Colm McCarthy

Drehbuch: John Hulme

Kamera: Nick Remy Matthews

Schnitt: Jeff Betacourt

Musik: Tim Williams

 

Besetzung:

Sam Claflin, Antonia Thomas, Caréll Vincent Rhoden, Will Davis, William Hope, Steven Cree, Peter McDonald, Henry Pettigrew, Adelle Leonce

 

 Leonine Studios

2024

93 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 05. Dezember 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=73M3PW1NumI (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=slrzCgYIUPM (Englisch)

 

Dienstag, 5. November 2024

Im Kino: Die Witwe Clicquot (Widow Clicquot)

Nach dem Tod ihres Mannes François führt dessen Witwe Barbe-Nicole (Haley Bennett) ihr gemeinsames Weingut gegen allen (männlichen) Widerstand weiter und schafft es, ihre Traubenprodukte zu dem heute noch unter dem Namen Veuve Clicquot bekannten Luxusgetränk zu veredeln sowie dieses trotz eines durch Napoleon I verhängtem Exportverbots europaweit zu vermarkten und damit den Grundstein für ihr Champagnerimperium zu legen…  

In stimmungsvollen Bildern wechselt der Film zwischen romantischen Szenen der jungen Ehe des Ehepaares Clicquot und dem Sittenbild einer französischen Gesellschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts hin und her. Die Selbstermächtigung einer starken Frau, die durch die Umstände noch stärker wird, ist durchaus sehenswert, allerdings hätte es dem Film gutgetan, den Schwerpunkt mehr auf die an sich spannende Tätigkeit der Wein- bzw. Champagnerherstellung und weniger auf die Herz-Schmerz-Romanze zu legen.

Ebenso hätte es das Porträt einer jungen Frau auf dem Weg zu ihrem beeindruckenden Erfolg in dieser Zeit verdient gehabt, noch stärker hervorgehoben zu werden, ihr Kampf gegen die Borniertheit und Ablehnung einer männlich geprägten Gesellschaft wäre genug Stoff für den Film gewesen, die daneben gestellte Geschichte ihrer Ehe fällt dagegen etwa ab, ebenso fehlt dem Ganzen leider, trotz des urfranzösischen Themas, der französische Esprit.

Dass es am Ende dennoch ein sehenswerter Film geworden ist, liegt zum einen an der von Haley Bennet ebenso feinfühlig wie durchsetzungsstark dargestellten Hauptfigur und letztlich auch an dem durchaus interessanten historischen Thema, über das man bisher eher wenige Kenntnisse hatte.

 


 Regie: Thomas Napper

Drehbuch: Erin Dignam, Christopher Monger. b/a dem Buch von Tilar J. Mazzeo

Kamera: Caroline Champetier

Schnitt: Richard Marizy

Musik: Bryce Dessner

 

Besetzung:

Haley Bennett, Tom Sturridge, Natasha O’Keeffe, Sam Riley

 

Capelight Pictures

2023

90 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 07. November2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=DZS7KcarjE8 (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=yWbbr9bzcC8 (Englisch)

 

Donnerstag, 31. Oktober 2024

Im Kino: Riefenstahl

Aus Archivmaterial einschließlich ihres eigenen Nachlasses entwirft Regisseur Veiel ein Bild der gleichermaßen gefeierten wie kritisierten Filmemacherin Leni Riefenstahl, dabei enthält er sich einer eigenen Wertung, sondern lässt die stets streitbare Künstlerin sich mit ihren Rechtfertigungen und mitunter heftigen Ausbrüchen selbst entlarven.

Riefenstahl, die im Jahr 2003 im Alter von 101 Jahren verstarb, hat in cineastischer Hinsicht durchaus Meisterliches geschaffen, so gehören u.a. ihre Werke „Olympia“ und „Triumph des Willens“, die Bebilderung des 6. Nazi-Parteitags im Jahr 1934 in Nürnberg, filmisch zu den herausragenden Werken des Kinos, besonders auch und vor allem, weil sie von einer Frau stammen, die außer als Regisseurin auch noch als Produzentin und Schauspielerin tätig war, in der langen Geschichte des Kinos immer noch eine Besonderheit.

Ihre Bildsprache nötigt auch heute noch Respekt ab, von ihrer Person unvoreingenommen wäre sie als große Künstlerin zu ehren, wäre da nicht die Tatsache, dass es sich bei ihren berühmtesten Filmen um Propaganda für ein verbrecherisches Regime handelte, mit dem sich dieses in einem glänzenderen Licht präsentieren wollte, was letztlich ja auch gelang, und dass Riefenstahl ihr langes Leben lang stets geleugnet hat, von den mörderischen Verbrechen dieses Regimes auch nur das Geringste geahnt, geschweige denn gewusst zu haben.

Interessant wäre in diesem Zusammenhang noch gewesen, aufzuzeigen, wie sich Riefenstahl mit Hilfe ihrer Nazi-Freunde ihres jüdischen Mitautors und Co-Regisseurs Belá Balázs beim Film „Das Blaue Licht“ entledigte. Dessen Name wurde in der Endfassung des Films komplett eliminiert und das Werk allein ihr selbst zugeschrieben, leider wird diese Geschichte bei Veiel nicht thematisiert, man hätte gerne gehört, wie sich Riefenstahl hierzu erklärt hätte.

In ihrem späteren Leben tat sich Leni Riefenstahl dann noch als Fotografin hervor, wobei vor allem ihre Bilder des afrikanischen Volkes der Nuba ebenso berühmt wie berüchtigt wurden, da auch hierbei ihre Selbstdarstellung eine andere ist, als der zweite Blick auf diese Arbeiten verrät, denn auch die Entstehung dieser Fotos und Filmaufnahmen haben einen, wie man in Veiels Film sehen kann, unerquicklichen Beigeschmack, wenn man erkennt, wie sie diese Fotos inszeniert hat.

Wieder steht die Frage im Raum, ob man Künstler und Werk voneinander getrennt sehen sollte, dies mag jeder Zuschauer und jede Zuschauerin für sich entscheiden, die Dokumentation bietet genug Material, um sich selbst ein Urteil bilden zu können.

 


 Regie: Andres Veiel

Drehbuch: Andres Veiel

Kamera: Toby Cornish

Schnitt:

Musik: Freya Arde

 

Besetzung:

Leni Riefenstahl, Ulrich Noethen (Stimme)

 

Paramount/ MajesticFilm

2024

115 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 31. Oktober 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=BetWxLxlL1M