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Mittwoch, 29. Januar 2025

Im Kino: Der Brutalist (The Brutalist)

László Tóth (Adrien Brody), ein ungarischer Architekt wandert nach dem zweiten Weltkrieg in die USA aus, während seine Frau Erzsébet (Felicity Jones) und seine Nichte Zsófia (Raffey Cassidy) zunächst in Europa zurückbleiben müssen. Lászlós erste Schritte in der neuen Heimat sind mühsam und von Armut geprägt, er schlägt sich mit Hilfsarbeiten auf dem Bau durch, bis er den Auftrag erhält, die Bibliothek des Selfmade-Millionärs Harrison Lee Van Buren (Guy Pearce) zu renovieren. Lászlós radikaler Ansatz stößt bei Van Buren zunächst auf vehemente Ablehnung, dann aber sieht er darin die Möglichkeit, sich als moderner Mäzen zu gerieren und betraut László mit einem Mammutprojekt auf seinem Grundstück, ganz im Beton-Stil des sogenannten Brutalismus. László, der Perfektionist und Van Buren, der Egoist, geraten immer wieder aneinander und das Projekt droht zu scheitern…

Wer es sich zutraut, 214 Minuten, in denen eine 15-minütige Pause im Film integriert ist, im Kinosessel auszuharren, den erwartet ein monumentales Werk über ein komplett fiktives Leben, denn die Figur des László Tóth hat es nie gegeben. Das ist insofern bemerkenswert, als hier eine ganze Biographie im wahrsten Sinne minutiös ausgebreitet wird, mit allen Brüchen, Erfolgen und Misserfolgen, grandios getragen, von einem herausragenden Adrien Brody, die die Ambivalenz seiner Figur in jeder Phase spüren und erleben lässt. Sein Gegenspieler Guy Pearce liefert ebenfalls eine glänzende Leistung ab, wie auch der übrige Cast bestens besetzt ist.

Die bildgewaltige Optik und die ebenso prägnante Akustik rahmen die darstellerischen Leistungen der Protagonisten in bestechender Weise ein, wobei vor allem die Bilder des rohen Baustils einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Dennoch fällt es am Ende schwer, das Ganze als wirklichen Kino-Genuss zu empfinden, dafür gibt es angesichts der eigentlichen eher überschaubaren Substanz der Geschichte zu viele Längen, zu viele Einstellungen und Szenen, die die Handlung nicht wirklich voranbringen.

Hätte man sich hier für eine knackig auf den Punkt gebrachte komprimierte Fassung entschieden, müsste man tatsächlich von einem Meisterwerk sprechen, so fühlt man sich am Ende nur erschlagen von einem letztlich allzu aufgeblähten und zu sehr auf seine Schauwerte fixierten Drama, das uns einen Menschen näherbringt, ohne dass man am Ende überzeugt ist, ob sich dieser Aufwand in der gewählten opulenten Form wirklich gelohnt hat.

 


 Regie: Brady Corbet

Drehbuch: Brady Corbet, Mona Fastvold

Kamera: Lol Crawley

Schnitt: Dávid Jancsó

Musik: Daniel Blumberg

 

Besetzung:

Adrien Brody, Felicity Jones, Guy Pearce, Joe Alwyn, Raffey Cassidy, Stacy Martin, Isaach De Bankolé, Alessandro Nivola, Ariane Labed, Michael Epp, Emma Laird, Peter Polycarpou

 

Universal Pictures/ A24

 2024

214 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 30. Januar 2025

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=Bo35L1ETr4o (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=hNiwPU5vjCk (Englisch)

 

Im Kino: Babygirl

So erfolgreich die Geschäftsfrau Romy (Nicole Kidman) in ihrem Unternehmen agiert, so wenig läuft es im heimischen Schlafzimmer mit ihrem Ehemann Jacob (Antonio Banderas). Als der junge Praktikant Samuel (Harris Dickinson) auftaucht, weckt er in Romy sowohl sexuelle Gefühle, als auch die Lust daran, Macht und Dominanz abzugeben und sich dem jungen, immer unverschämter auftretenden Mann zu unterwerfen, wobei die Gefahr, bei Entdeckung dieser Affäre alles zu verlieren einen besonderen Reiz zu haben scheint. Oder ist es am Ende ganz anders und Romy behält auch hier die Zügel in der Hand, um sich zu nehmen, was sie braucht?

Unterwerfung und Dominanz bieten immer wieder die Grundlage für interessante Geschichten, von prickelnd über anrüchig bis zu härterem Kaliber, je nach Geschmack. Die „50 Shades of Grey“-Reihe gefiel sich im behaupteten Sado-Maso-Genre und lieferte letztlich nur eine eher harmlose Aschenputtel-Geschichte, war damit für eine gewisse Zeit allerdings überaus erfolgreich, bis das Ganze zu Recht in Vergessenheit geriet. Wie sich dieser Film diesbezüglich schlägt, bleibt abzuwarten, er bietet aber zumindest ein paar intelligentere Ansätze. 

Dafür sorgt in erster Linie Nicole Kidman, die eine großartige Vorstellung abliefert und sich dabei auch nicht scheut, ihr Alter und die damit verbundenen kosmetischen Probleme zu thematisieren. Vielleicht gelingt es ihr so, ihre Neider und Kritiker zum Schweigen zu bringen, die sich immer wieder reflexartig über ihre angebliche Überbotoxierung echauffieren. 

Allerdings muss man sich schon darauf einlassen um der Figur des Samuel dessen Auftreten wirklich abzukaufen, denn so ganz schafft es Harris Dickinson nicht, zu überzeugen, seine behauptete Chuzpe bleibt vielfach nur das, eine bloße Behauptung. Damit eine so gestandene Frau, die immer weiß, was sie will – und das wiederum nimmt man im Gegenzug Nicole Kidman jederzeit ab – sich auf eine so heikle Affäre einlässt, dazu hätte es vielleicht ein bisschen mehr Charisma seitens ihres Spielpartners bedurft.

Aber vielleicht ist dies auch gerade der Punkt, an dem die Geschichte dann doch wieder funktioniert, indem die Figur der Romy letztlich die Kontrolle und damit die Fäden in der Hand behält, so sehr sie sich von ihrem jungen Liebhaber auch scheinbar demütigen lässt, sie ist diejenige, die bestimmt, wo es langgeht, und dafür bietet ein eher blasser Counterpart das bessere Spielmaterial. Denn nicht umsonst heißt es, dass es bei allem im Leben um Sex gehe, nur nicht beim Sex, da geht es um Macht...

Ein Erotikthriller mit Unterwerfungsfantasien, bei dem es nicht allzu derb zur Sache geht, der sich immer wieder auf seine spielerischen Elemente besinnt und am Ende die Machtverhältnisse wieder geraderückt – wer so etwas mag, wird sich hier gut aufgehoben fühlen.

 

 

Regie: Halina Reijn

Drehbuch: Halina Reijn

Kamera: Jasper Wolf

Schnitt: Matthew Hannam

Musik: Cristobal Tapia de Veer

 

Besetzung:

Nicole Kidman, Harris Dickinson, Antonio Banderas, Sophie Wilde, Esther McGregor,

 

Constantin Film/ A24

2024

114 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 30. Januar 2025

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=xaCh0WopEMI (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=-8Sx6U6Ou0Q (Englisch)

 

Im Kino: Paddington in Peru (Paddington 3)

Bär Paddington (deutsche Stimme: Elyas M’Barek) lebt nun bereits einige Zeit bei der Familie Brown in London und bekommt endlich seinen eigenen Reisepass. Den will er auch gleich nutzen, um Tante Lucy in Peru zu besuchen, die dort in einem Heim für Bären im Ruhestand lebt. Zusammen mit den Browns bricht er auf, nur um vor Ort zu erfahren, dass Tante Lucy verschwunden ist und es beginnt eine abenteuerliche Suche im dichten Dschungel Perus…

Der zweite Teil der Reihe um die Abenteuer des putzigen Bären hat, daran dürfte kein Zweifel bestehen, die Messlatte so hoch gelegt, dass es danach keine wirkliche Steigerung geben konnte, und genau dies ist das Problem des aktuellen Films. Hatte Teil 2 Witz, Dramatik und eine zu Herzen gehende Geschichte, mit einem fies-genialen Oberschurken, dargestellt von einem bestens aufgelegten Hugh Grant, der sich einmal mehr erfolgreich von seinem trottelig-liebenswerten Image freispielen durfte, so fehlt es hier eigentlich an allem.

Die Story ist eher dürftig, die Suche nach Tante Lucy bietet wenig Überraschendes, die Nebenfiguren, obwohl mit Olivia Colman und Antonio Banderas äußerst prominent besetzt, können nicht wirklich überzeugen, und die Auflösung der Geschichte enttäuscht ebenfalls ein wenig.

Teil 2 war ein echter Film für die ganze Familie, an dem sowohl kleine, größere als auch ganz große Kinder ihren Spaß haben konnten, da in die Handlung geschickt eine durchaus etwas düstere Erwachsenengeschichte so eingebunden wurde, dass für jeden etwas dabei war, was vor allem auch auf die liebenswert-irrwitzigen Gefängnisszenen zutrifft.

Hier nun zielt man eher wieder auf die eigentliche Zielgruppe, nämlich ein jüngeres Publikum, für das sich ein Kinobesuch auf jeden Fall lohnen wird, dafür ist Paddington einfach zu unwiderstehlich in seiner tollpatschig-liebenswerten Art. Wunderbar animiert und mit einem überzeugenden Setdesign bietet der Film auch eine sehenswerte Optik, die zwar die zuvor aufgezählten Mängel nicht ganz, aber doch am Ende zufriedenstellend aufwiegen kann.

Also: Bühne frei für ein weiteres bäriges Abenteuer – und die Orangenmarmeladen-Brote nicht vergessen! Und nicht zu früh aus dem Kinosessel aufspringen – da kommt noch was!

 


 Regie: Dougal Wilson

Drehbuch: Mark Burton, Jon Foster, James Lamont, Paul King, Simon Farnaby, b/a „Paddington Bear“ von Michael Bond

Kamera: Erik Wilson

Schnitt: Úna Ni Dhonghaíle,

Musik: Dario Marianelli

 

Besetzung:

Stimmen:

Ben Wishaw (Paddington), Imelda Staunton (Tante Lucy), Elyas M’Barek (Deutsch);

Hugh Bonneville, Olivia Colman, Antonio Banderas, Emily Mortimer, Madeleine Harris, Samuel Joslin, Julie Walters, Jim Broadbent,Joel Fry,Robbie Gee, Sanjeev Bhskar, Ben Miller, Jessica Hynes,

 

Studiocanal Germany/ Columbia Pirctures/ Sony Pictures

2024

106 min.

FSK 0

Deutscher Kinostart: 30. Januar 2025

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=RLxq5U7TMSY (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=NTvudSGfHRI (Englisch)

 

Mittwoch, 15. Januar 2025

Im Kino: A Real Pain

David (Jesse Eisenberg) und Benji (Kieran Culkin), zwei Cousins aus einer in den USA lebenden jüdischen Familie, reisen mit einer Kleingruppe durch Polen zu den Wurzeln ihrer von dort stammenden Familie. Auf dem Reiseplan stehen obligatorische Orte wie Friedhöfe, Kriegsgedenkstätten und ein KZ-Besuch, am Ende besuchen die beiden noch das einstige Wohnhaus ihrer Großmutter. Aufgrund der völlig unterschiedlichen Temperamente und Lebensweise der beiden Cousins kommt es immer wieder zu kritischen oder kuriosen Situationen, und die gemeinsame Reise wird stellenweise zu einer emotionalen Tour de Force mit gleichermaßen komischen wie tragischen Momenten…

Jesse Eisenberg hat sich in seinem Film, in dem er sowohl für die Regie als auch das Drehbuch sowie eine der beiden Hauptrollen verantwortlich ist, an seiner eigenen Familiengeschichte orientiert. Das Ergebnis ist eine emotionale Nabelschau mit komödiantischen Einschüben, beides festgemacht an der Zeichnung der beiden Charaktere David und Benji. Der eine rational mit nervös-neurotischem Einschlag, der andere überdreht mit kindlich-kindischen Ausschlägen, offensichtlich passend besetzt mit Eisenberg selbst und Kieran Culkin, die beide bereits in ähnlichen Rollen glänzen konnten, insofern bietet der Film hier keine Überraschungen.

Da sich beide Figuren manchmal sehr nahe an der Überzeichnung bewegen, gibt es einen recht hohen Nervensägenfaktor, trotzdem bewegt ihre Geschichte aufgrund der menschlichen Dimension, vor allem in den Szenen , in denen man mit den Schrecken der Naziherrschaft in Polen konfrontiert wird, die bis heute nachwirken, wie das Beispiel dieser Familie, aber auch der anderen Mitglieder der Reisegruppe zeigt.

 

Manche Wunden brauchen offensichtlich mehrere Generationen, um zu heilen…

 

 

Regie: Jesse Eisenberg

Drehbuch: Jesse Eisenberg

Kamera: Michal Dymek

Schnitt: Robert Nassau

Musik: Erick Eiser

 

Besetzung:

Kieran Culkin, Jesse Eisenberg, Will Sharpe, Jennifer Grey, Kurt Egyiawan, Liza Sadovy, Ellora Torchia

 

Searchlight/ 20th Century

2024

90 min.

FSK

Deutscher Kinostart: 16. Januar 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=8IXmhx5DC0g (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=v_wURyzKi14 (Englisch)

 

Montag, 6. Januar 2025

Im Kino: We live in time

Nachdem Almut (Florence Pugh), eine erfolgreiche Köchin, den in Scheidung lebenden Tobias (Andrew Garfield) aus Versehen angefahren hat, kommen die beiden zusammen. Eine kleine Tochter scheint ihr Glück perfekt zu machen, aber dann stellt ein Schicksalsschlag plötzlich alles in Frage…

Der Film erzählt seine Geschichte in vielen kleinen Momentaufnahmen, indem er Gegenwärtiges und Vergangenes scheinbar lose aneinanderreiht, so wie man sich vielleicht an gute und schlechte Augenblicke in seinem Leben erinnert. Trotzdem fügt sich alles am Ende zu einem Ganzen und es entsteht das Bild eines Lebens, das zwei Menschen scheinbar willkürlich zusammengeführt hat, nur um sie dann irgendwann wieder zu trennen. Was grausam klingt, ist jedoch nichts anderes als jeder von uns erlebt, alles ist nur eine Episode, relevant für eine bestimmte Zeit, bis es irgendwann durch etwas anderes abgelöst wird, und spätestens mit dem Tod ist dann sowieso alles vorbei.

Was auf den ersten Blick ziemlich deprimierend klingen mag, fängt der Film jedoch mit seiner Leichtigkeit auf, ohne dabei an irgendeiner Stelle in Kitsch abzugleiten, und hierfür gebührt sowohl den Darstellern Florence Pugh und Andrew Garfield großer Dank, wie auch der Inszenierung durch Regisseur Crowley. Nicht alle Melodramen schaffen diese Balance zwischen Freude und Leid so gekonnt, dass am Ende trotz aller Trauer das gute Gefühl überwiegt, dass glückliche Momente alles andere aufwiegen.

Ein wunderbarer Film über das Leben, mit der Botschaft, das Schöne zu genießen, so lange es währt und sich allem anderen zu stellen, wenn es das Schicksal erforderlich macht. 

 

 

 Regie: John Crowley

Drehbuch: Nick Payne

Kamera: Stuart Bentley

Schnitt: Justine Wright

Musik: Bryce Dessner

 Besetzung:

Florence Pugh, Andrew Garfield, Lee Braithwaite, Aoife Hinds, Grace Delaney, Adam James, Douglas Hodge, Amy Morgan

 

  StudioCanal/ A24

2024

108 min.

FSK

Deutscher Kinostart: 09. Januar 2025

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=5qDq10LBo28 (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=MH02yagHaNw (Englisch)

 

 

Donnerstag, 2. Januar 2025

Im Kino: Nosferatu - Der Untote

Thomas Hutter (Nicholas Hoult) soll im fernen Transsylvanien für einen gewissen Grafen Orlok (Bill Skarsgård) dessen Übersiedlung nach Deutschland juristisch begleiten. Er ahnt nicht, dass er damit eine tödliche Gefahr für seine Frau Ellen Hutter (Lily Rose Depp) heraufbeschwört, denn diese ist schon lange auf geheimnisvolle Weise mit einem schrecklichen Wesen verbunden, das sich als niemand anderes als Graf Orlock herausstellt, und nun ist Ellen in allerhöchster Gefahr…

Die Geschichte dürfte bekannt vorkommen, es handelt sich natürlich um das klassische Horror-Gespinst, das der irische Autor Bram Stoker im Jahr 1897 unter dem Titel „Dracula“ veröffentlichte und das seither immer wieder gerne in zahlreichen Adaptionen in Literatur und Film verarbeitet wurde, ein wahrer Untoter eben.

Dabei gab es früh einen deutschen Ableger, der sich ganz eng an die Originalfiguren und -schauplätze anlehnte, aus urheberrechtlichen Gründen jedoch den Namen „Dracula“ vermied und dafür den Grafen Orlock aka Nosferatu aus der Taufe hob. Über diesen Grafen schuf der deutsche Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau 1922 seine "Symphonie des Grauens“, ein aufgrund seiner visuellen Gestaltung wegweisendes Frühwerk des Horrorfilms, das trotz seiner schwierigen Entstehungsumstände glücklicherweise bis heute erhalten geblieben ist. Einen großen Anteil an dem Schreckensszenario hatte auf jeden Fall der damalige Hauptdarsteller Max Schreck, dessen Physiognomie bis heute Gruselschauer hervorruft. Eine spätere Nosferatu-Adaption von Werner Herzog mit dem, allerdings meistens im privaten Bereich gruseligen Klaus Kinski, nahm sich des Nosferatu-Themas noch einmal an.

Warum also, könnte man sich fragen, braucht es nun ein weiteres Wiederaufleben des Grafen Orlock, aber letztlich liegt es in der Natur von Untoten, dass sie immer wiederkehren…

Und schlecht ist die Neuauflage nicht, sie orientiert sich zwar eng am Original, sowohl bei den Dracula- als auch bei den Nosferatuelementen, setzt aber in einigen Punkten durchaus eigene Akzente. So baut sie den sexuell-sinnlichen Kontext der Beziehung zwischen dem Unhold und der in wilden erotischen Fantasien verfangenen jungen Frau auf ihre Weise aus und lässt den Vampir noch körperlicher seinem Blutdurst frönen, als es bisher vielfach bei den eher moderaten Halsknabbereien der Fall war, und Bill Skarsgård verleiht seinem Orlock eine schröckliche Präsenz, nicht so sehr durch seine Erscheinung, da bleibt Max Schreck wahrscheinlich unerreicht, aber vor allem (zumindest in der VO) durch den Einsatz von Stimme und Sprache.

Wer also von Vampir-Geschichten nicht genug bekommen kann und sich noch einmal zurück zu den Anfängen führen lassen möchte, kommt auf seine Kosten, wenngleich, wie so oft, eine kürzere Laufzeit der Sache wieder einmal nicht geschadet hätte…

 


 Regie: Robert Eggers

Drehbuch: Robert Eggers, b/a der Vorlage „Nosferatu“ von Henrik Galeen, b/a dem Roman „Dracula“ von Bram Stoker

Kamera: Jarin Blaschke

Schnitt: Louise Ford

Musik: Robin Carolan

 Besetzung:

Lily-Rose Depp, Nicholas Hoult, Bill Skarsgård, Aaron Taylor-Johnson, Willem Dafoe, Emma Corrin, Ralph Ineson, Simon McBurney

 

Universal Pictures International/ Focus Features

2024

132 min.

Im Kino: Queer

Wegen Drogenproblemen setzt sich der US-Schriftsteller William Lee (Daniel Craig) in den 1940ger Jahren nach Mexiko ab, wo er sich im Kreis weiterer Exilanten treiben lässt, ein Leben zwischen Alkohol, Drogen und meistens unverbindlichem Sex. Als er den deutlich jüngeren Allerton (Drew Starkey) kennenlernt, ist er einer Beziehung nicht abgeneigt, aber so richtig sicher, ob dieser tatsächlich Interesse an Männern hat, ist er sich nicht. Da hört er von einer Urwald-Droge, die angeblich telepathische Kräfte verleihen soll und begibt sich sofort auf die Suche danach, ein psychedelischer Trip ins grüne Herz der Dschungel-Finsternis beginnt…

Wer Regisseur Luca Guadagnino kennt, erwartet Sex und bekommt ihn in der Regel auch, im Fall dieser Verfilmung eines Romans von William S. Burroughs gehen die männlichen Protagonisten dabei durchaus explizit zu Werk. Das Ganze verbrämt sich lange Zeit in einem alkohol- und drogengeschwängerten Ambiente, ohne dass irgendetwas Nennenswertes passiert. Erst im zweiten Teil, als der Schriftsteller seine Komfortzone verlässt und sich in ein Urwaldabenteuer stürzt, kommt etwas Schwung in die Sache, mystische-psychedelische Dinge passieren und nicht immer ist klar, was Traum ist und was Wirklichkeit, aber so ist das halt bei einem Drogentrip, deswegen mögen ihn die einen und die anderen nicht.

Dabei sehen die Szenen in Mexiko zunächst eher wie in eine theaterhafte Kulisse eingebettet aus, die Straßen, Bars und Hotelzimmer wirken künstlich und übersichtlich, haben aber durchaus einen gewissen Charme, während man in den Urwaldszenen in eine völlig andere, ungeordnete Welt hineingeworfen wird.

Allerdings braucht es wieder einmal viel Sitzfleisch, denn Guadagnino nimmt sich viel Zeit für seine Geschichte, ohne dabei auf weite Strecken tatsächlich eine Geschichte zu erzählen, und das Ganze mäandert nach 136 langen Minuten einem eher unbestimmten Ende entgegen, aber wer sich darauf einlässt, bekommt einen homoerotische Drogen- und Alkoholtrip geboten mit einem beeindruckenden Daniel Craig, der seine Sache durchaus bravourös meistert.  

 


 Regie: Luca Guadagnino

Drehbuch: Justin Kuritzkes, b/a Roman von William S. Burroughs

Kamera: Sayombhu Mukdeeprom

Schnitt: Marco Costa

Musik: Trent Reznor, Atticus Ross

 Besetzung:

Daniel Craig, Daan de Wit, Jason Schwarztman, Henrique Zaga, Colin Bates, Drew Starkey,

 

A24/ MUBI

136 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 02. Januar 2025

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=RW_ESAqFCQc (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=eknj5_0tF2s (Englisch)