Blog-Archiv

Dienstag, 29. Mai 2018

Film-Rezensionen: Hostiles (Feinde)


„Die amerikanische Seele ist in ihrer Essenz hart, isoliert, stoisch und mörderisch. Sie ist bisher noch niemals aufgetaut.“

Wenn einem Film dieses Zitat von D.H. Lawrence vorangestellt wird, ahnt man: es wird hart. Wir werden zurückgeführt in das Jahr 1892, der Wilde Westen ist beinahe gezähmt, die Büffel sind ausgerottet und die Indianer in Reservate oder andere Gefängnisse gesperrt. Aber es sind auf allen Seiten Wunden geschlagen worden, die noch lange nicht verheilt sind.



In Ford Berringer, einem Gefängnis-Vorposten in New Mexico, erhält der verdiente Kriegsheld Captain Joseph Blocker (Christian Bale) kurz vor dem Ende seiner Militärkarriere einen letzten Auftrag: Er soll den aus dem Gefängnis entlassenen, unheilbar an Krebs erkrankten Cheyenne-Häuptling Yellow Hawk (Wes Studi) und dessen Familie in ihre Heimat nach Montana geleiten. Für den stoischen Soldaten Blocker eine Provokation, schließlich haben er und Yellow Hawk sich lange, zähe und blutige Kämpfe geliefert. Der den Indianern nachgesagten Grausamkeit hat sich auch Blocker bedient, wie man mehrfach aus Andeutungen erfährt, bis sie sich gegen Ende des Films in einer archaisch anmutenden Szene tatsächlich offenbart.

Blocker stellt einen Trupp zusammen und bricht widerwillig auf, seine Pflicht wird er aber auch in diesem Kommando erfüllen, denn bei Verweigerung steht seine Pension auf dem Spiel. Unterwegs nimmt die Gruppe die schwer traumatisierte Siedlerin Rosalie Quaid (Rosamund Pike) auf, die einzige Überlebende eines blutigen Komantschenüberfalls, bei der sie ihren Mann und ihre Kinder verloren hat. Nach dem Besuch einer Garnisonstadt werden noch der gefangene Soldat Charles Wills (Ben Foster) und dessen Bewacher übernommen. Der Treck ist lang und beschwerlich, es gibt Überfälle von außen, aber auch Spannungen innerhalb der Gruppe, nicht nur zwischen Blocker und Yellow Hawk, sondern auch zwischen Blocker und Wills, die sich aus früheren Zeiten kennen. Am Ende werden nicht alle, die aufgebrochen sind, ihr Ziel erreichen.

Western sind eine aussterbende Film-Gattung, dabei scheinen sich gerade zur Zeit überall auf der Welt die Cowboys zu tummeln. Hier wird in gewaltigen und gewaltsamen Bildern eine Zeit heraufbeschworen, in der Männer noch Männer und Frauen ihrem Schicksal mehr oder weniger hilflos ausgeliefert waren. Kriegführen war trotz vorhandener Feuerwaffen noch echtes Handwerk und kein Computerspiel, wobei die Einen um die Vorherrschaft und die Anderen um ihre Existenz kämpften. Der Film macht das Selbstverständnis noch einmal deutlich, mit dem die weißen Besatzer sich das weite, wilde Land untertan machten, während ganz leise jetzt, wo alles schon zu spät ist, der Zweifel anklingt, ob das alles so richtig war. Der Wildheit der Natur haben nur die Stärksten etwas entgegenzusetzen, aber langsam und unaufhaltsam frisst sich die sogenannte Zivilisation hinein in die scheinbar endlosen Weiten der Prärie, bis nichts mehr so ist, wie es einmal war.

Erst wenn es nichts mehr zu erobern gibt, werden die Krieger vielleicht eines Tages ihr grausames und blutiges Geschäft einstellen, im Moment sieht es allerdings noch nicht danach aus. Die Szenarien mögen sich verändert haben, die Menschen haben es nicht und der Satz von D.H. Lawrence lässt sich mühelos von der amerikanische Seele auf alle artverwandten in der ganzen Welt übertragen.

Die kraftvolle Bebilderung und die ebensolche Darstellung einiger Akteure macht den Film trotz seiner Länge von 134 Minuten auf jeden Fall sehenswert, auch wenn manche Szenen ob ihrer rohen, mitleidlosen Gewalt schwer zu ertragen sind. Wes Studi ist der gebrochene aber stolze Yellow Hawk, letzter Kämpfer einer gequälten, untergegangenen Nation, Rosamund Pike liefert in ihrem Porträt der geschundenen Rosalie einmal mehr eine herausragende Leistung.

Christian Bale, mit schwerem Schnäuzer bewehrt, spielt den schweigsamen, stoischen Captain, sein Blick verrät selten eine Gemütsregung, und hätte es nicht die allerletzte Szene des Films gegeben, müsste man ihn als hoffnungslosen seelischen Krüppel abschreiben. Aber in dieser einen Szene offenbart er, dass in ihm doch noch etwas lebt. Leider haben er und all die anderen Krieger bis zu solch einem Moment schon so viel Schmerz und Leid verursacht, dass es schwerfällt, ihnen die Absolution zu erteilen, und es sieht auch gut 120 Jahre später immer noch nicht danach aus, als würden diese Männer in absehbarer Zukunft aussterben, es wird weiter gekämpft und gelitten, von Männern, die glauben, sie wüssten, was sie tun. 


Regie: Scott Cooper 
Drehbuch: Scott Cooper
Kamera: Masanobu Takayanagi
Kostümdesign: Jenny Eagan
 
Darsteller:
Captain Joseph Blocker – Christian Bale
Rosalie Quaid – Rosamund Pike
Häuptling Yellow Hawk – Wes Studi
Black Hawk – Adam Beach
Sgt. Charles Wills – Ben Foster
Corp. Henry Woodsen – Jonathan Majors
Rory Cochrane, Jesse Piemons, Timothée Chalamet

Universum Film/ Central Film
USA 134 min.
Kinostart: 31. Mai 2018

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen