Bereits im ersten Film „Sicario“ aus dem Jahr 2015 hatte das
Rechtssystem quasi kapituliert. Die im Inland überhaupt nicht zuständigen
Instanzen CIA und Armee bedienten sich, wenn auch nur zum Schein, einer letzten
moralischen Instanz in Gestalt der Polizistin Kate Macer, sie ist in diesem Film
nicht mehr dabei. Dabei sind aber wieder CIA-Agent Matt Graver (Josh Brolin)
und Alejandro (Benicio Del Toro), der EX-Anwalt, der auf seinem privaten
Rachefeldzug die Seiten wechselt, wie es ihm gerade nützt, solange er, dessen
Familie von einem Kartellboss brutal getötet wurde, immer noch nicht alle
Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen hat.
Die Situation an der Grenze hat sich in „Sicario 2“ insofern
weiter verschärft, denn es werden neben Drogen und Immigranten offenbar auch
Terroristen in die USA geschmuggelt. Gleich zu Anfang wird bei einem
Selbstmordanschlag in einem amerikanischen Supermarkt eine Mutter mit ihrem
Kind in Stücke gerissen, damit ist die Ausrichtung des Films klar: in diesem
Krieg gegen skrupellose und gnadenlose Gegner müssen alle Mittel erlaubt sein
und die Büchse der Pandora wird geöffnet.
CIA-Mann Matt, wird aus dem Mittleren Osten an die
Heimatfront zurückbeordert und bekommt alle Freiheiten. Dass er die
grundsätzlich gerne nutzt, zeigt er zuvor, als er einem verdächtigen
Terrorunterstützer versichert, dass dieser keine Angst vor dem berüchtigten
Waterboarding zu haben brauche, dies würde nur dort eingesetzt, wo man nicht
foltern dürfe, hier jedoch könne er machen, was er wolle. Dass dies keine leere
Worte sind, demonstriert er sogleich, indem er den renitenten Mann auf einem
Bildschirm zusehen lässt, wie eine Drohne das Haus seines Bruders in die Luft
sprengt.
Der Plan diesmal: Isabel (Isabela Moner), die Tochter des
Kartellbosses Carlos Reyes zu entführen und es wie die Tat eines verfeindeten
Kartells aussehen zu lassen, um einen Krieg zwischen den Kartellen anzuzetteln.
Die Entführung ist eine militärische Aktion, durchgeführt auf mexikanischem
Boden, ohne Rücksicht auf nationale oder internationale Gesetze. Nach wie vor
ist Matts unwidersprochenes Credo, dass der Zweck alle, wirklich
alle, Mittel heiligt.
Als bei der Operation etwas schief geht, bricht plötzlich
auch die Allianz zwischen Matt und Alejandro auseinander und zwischen beiden
steht Isabel, die zunächst keine Ahnung hat, was mit ihr geschieht, dann aber
instinktiv begreift, in welches Spiel sie hier geraten ist und sich dieser Situation
tapfer stellt.
„Sicario: Day of the Soldado“ lehnt sich in vielen Punkten
an den ersten Film an, es gibt fast identische Luftaufnahmen des Grenzverlaufs
in Wüstenfarben mit dem Niemandsland auf beiden Seiten, untermalt von ähnlich
betörend dumpfen Celloklängen, die nach dem Tod von Jóhann Jóhannsson von
Hildur Guðnadóttir kongenial adaptiert wurden. Das Drehbuch stammt wieder aus
der Feder von Taylor Sheridan, aber der neue Regisseur Sollima hat sich
offensichtlich auf die Fahnen geschrieben, den Kampf seiner Protagonisten um
Recht und Ordnung mit noch entfesselteren Gewaltszenen zu untermalen. Nur wer
bereit ist, die Grenzen zu überschreiten und selber über Leichen zu gehen, kann
Kriege wie diese gewinnen, so die zynische Botschaft, die den waffenverliebten
Amerikanern gefallen dürfte. Nur wer maximal aufrüstet und bereit ist, die
Waffen auch ohne Skrupel einzusetzen, ist im Kampf gegen das Verbrechen noch
handlungsfähig.
Dass dabei die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwinden,
wie die Konturen in der flirrenden Hitze der amerikanisch-mexikanischen Wüste,
nimmt der Film gerne in Kauf, mehr noch: er macht den Zuschauer genüsslich zu
seinem Komplizen, indem er diesen über rasante und kompromisslose Actionszenen
in seine Symphonie aus Rache, Vergeltung und scheinbar moralischer
Überlegenheit hineinzieht.
Nichts für schwache Nerven, für Moralisten oder Verfechter
einer rechtsstaatlichen Ordnung, aber ein harter und spannender Actionthriller
an der Grenze des Erträglichen, der alte Westerntraditionen in das heutige
Amerika zu transportieren versucht, dabei aber manchmal einen Schritt zu weit
geht.
Regie: Stefano
Sollima
Drehbuch:
Taylor Sheridan
Kamera:
Dariusz Wolski
Musik: Hildur
Guðnadóttir
Darsteller:
Alejandro: Benicio
Del Toro
Matt Graver: Josh
Brolin
Isabel Reyes: Isabela
Moner
Jeffrey Donovan,
Catherine Keener, Manuel Garcia-Rulfo, Matthew Modine
studiocanal
122 min.
Kinostart: 19. Juli
2018
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