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Mittwoch, 27. November 2019

Film-Rezensionen: Die schönste Zeit unseres Lebens (La belle époque)


In der Beziehung von Victor (Daniel Auteuil) und Marianne (Fanny Ardant), einem in die Jahre gekommene Ehepaar, knirscht es an allen Ecken und Enden, vor allem, weil Victor sich in Mariannes Augen gegen alles Moderne sträubt, während sie stolz darauf ist, mit Handy, Navi und Computer zu hantieren, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Die Krise der beiden erreicht ihren Höhepunkt, als Marianne den in ihren Augen allzu launischen Gatten eines Tages vor die Tür setzt, so dass sich beider Sohn Maxime (Michaël Cohen) genötigt sieht, einzuschreiten. Mit Hilfe seines Freundes Antoine (Guillaume Canet) unternimmt er einen letzten Versuch, zu retten, was noch zu retten ist. Antoine betreibt die Firma „Time Travellers“, die mit raffinierter Technik und detailliert ausgearbeiteten Kulissen gut betuchten Kunden ermöglicht, eine Reise in die Vergangenheit zu unternehmen. Der Kunde nennt Jahr und Tag, alles wird exakt so hergerichtet, wie es damals war und die Illusion einer Zeitreise ist (fast) perfekt. Victor entscheidet sich für den Tag im Jahr 1974, an dem er seine Marianne kennen gelernt hat, und mit Hilfe der Schauspielerin Margot (Dora Tillier) in der Rolle seiner zukünftigen Frau erlebt er diese Zeit wieder neu, fraglich bleibt allerdings, ob es ihm hilft, wieder mit der echten Marianne zusammen zu kommen…

Der Film ist eine charmante Komödie mit Witz und Esprit, der die nostalgischen Gefühle seines Protagonisten herzerwärmend zum Leben erweckt. Ein besonderes Vergnügen ist es, ihn dabei zu beobachten, wie er die gespielten Szenen förmlich in sich aufsaugt und dabei immer neue Erinnerungen in ihm hochkommen, die er sogleich in die Handlung einfließen lässt, so dass Realität und Illusion immer mehr ineinander verschwimmen. Für diejenigen Zuschauer, die sich noch an jene wilde Zeit mit Haschparties und Hippies, zigarettengeschwängerten Lokalitäten, Schlaghosen und Neonlicht erinnern, ist der Nostalgietrip eine wunderbare Reise in die eigene Vergangenheit, während alle Nachgeborenen vor Augen geführt bekommen, was sie verpasst haben. Alles in allem: beste Unterhaltung mit ein paar ernsten Untertönen, dargeboten von einem großartigen Schauspielerensemble!


Regie: Nicolas Bedos
Drehbuch: Nicolas Bedos
Kamera: Nicolas Bolduc
Schnitt: Anny Danché, Stéphane Garnier, Florent Vassault
Musik: Nicolas Bedos, Anne-Sophie Versnaeyen

Darsteller:
Daniel Auteuil, Guillaume Canet, Doria Tillier, Fanny Ardant, Pierre Arditi, Denis Podalydès, Michaël Cohen
 
Constantin Film
FSK: 12
115 min.
Deutscher Kinostart: 28. November 2019
 

 

Film-Rezensionen: Anna (Home-Release)


Anna Poliatova (Sasha Luss) lebt in prekären Verhältnissen in Russland, bis sie eines Tages vom KGB rekrutiert wird. Nach harter Ausbildung arbeitet sie eine Zeit lang sehr erfolgreich als Killerin und ihre Morde erledigt sie rasch und effektiv. Doch eines Tages gerät sie ins Visier der CIA...


Luc Besson verbindet in seinem Film Elemente des reinen Action- mit solchen des Spionagethrillers, dabei lässt er die Handlung sich nicht chronologisch entfalten, sondern springt in der Zeitebene vor und zurück. Dies schafft einerseits durchaus eine gewisse Spannung, aber zuviel des Guten ist irgendwann nicht mehr bekömmlich, und wenn der Zuschauer sich am Ende wie bei der Echternacher Springprozession fühlt, war es vielleicht doch ein Sprung zuviel. Außerdem scheint der Regisseur selbst an einigen Stellen den Überblick verloren zu haben, wenn in seiner Geschichte, die eigentlich gegen Ende des Kalten Krieges angesiedelt ist, Autos und technisches Equipment aus der Gegenwart auftauchen.

Die Actionszenen sind präzise choreographiert, während die Agentengeschichte ein wenig farblos und unoriginell bleibt, so wie die Hauptdarstellerin Sasha Luss, der es am nötigen Charisma mangelt. Dies besitzt Helen Mirren zwar im Überfluss, dennoch fehlt es zwar nicht ihr, wohl aber ihrer Figur Olga an überzeugender Tiefe, obwohl sie aus der namhaften Riege der weiteren Darsteller Cillian Murphy und Luke Evans immer noch herausragt, denn die beiden Herren sind nicht mehr als Staffage für die Heldin Anna, die dieser Bürde aber, wie gesagt, nicht ganz gerecht wird. 

Unterhaltungswert hat der Film dennoch stellenweise, wenn man sich nicht allzu sehr daran stört, dass (wieder einmal… die unsägliche Schmonzette "Red Sparrow" lässt grüßen!) Russen untereinander Deutsch (bzw. in der Originalfassung: Englisch) mit russischem Akzent sprechen, denn bei einigen gekonnten Actionszenen kann man sich getrost zurücklehnen und – wenn man auf dieses Genre steht – einfach genießen, hier findet Besson zu alter Stärke zurück, auch wenn ihm ansonsten leider der frische Ansatz abhanden gekommen ist.





Regie: Luc Besson
Drehbuch: Luc Besson
Kamera: Thierry Arbogast
Schnitt: Julien Rey
Musik: Éric Serra

Darsteller:
Sasha Luss, Helen Mirren, Cillian Murphy, Luke Evans
 
Studiocanal
Frk. 2019
FSK 16
Homerelease: 28. November 2019 (digital ab 14.11.2019)
 
Details DVD:
Laufzeit: 114 min.
Bildformat: 2,40:1 (anamorph)
Sprache: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Ton: 5.1 Dolby Digital
Bonus: Making of Featurettes „Die Kostüme“/ „Der Restaurant-Kampf“/ „Die Produktion“/ „Die Verfolgungsjagd“ – diverse Trailer
EAN: 4006680093659

Details Blu-ray:
Laufzeit: 119 min.
Bildformat: HD 1080p/24 Full HD (2,40:1)
Sprache: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Ton: Dt. 7.1 DTS-HD MA; Engl. 5.1 DTS-HD (Master Audio)
Bonus: Making of Featurettes „Die Kostüme“/ „Der Restaurant-Kampf“/ „Die Produktion“/ „Die Verfolgungsjagd“ - diverse Trailer
EAN: 4006680093666

Details 4K UHD:
Laufzeit: 119 min.
Bildformat: 2160p Dolby Vision 2,35:1
Sprache: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Ton: Dt. 7.1 DTS-HD MA; Engl. 5.1 DTS-HD (Master Audio)
Bonus: Making of Featurettes „Die Kostüme“/ „Der Restaurant-Kampf“/ „Die Produktion“/ „Die Verfolgungsjagd“ - diverse Trailer
EAN: 4006680094502


Mittwoch, 6. November 2019

Film-Rezensionen: Last Christmas


Kate (Emilia Clarke) ist liebenswert, aber ungeschickt, sie kommt mit ihrem Leben nicht wirklich klar und scheint das Chaos förmlich anzuziehen. In einem kleinen Weihnachtsladen verkauft sie als Elf verkleidet unter den strengen Augen ihrer Chefin Santa (Michelle Yeoh) scheußliche Weinachtsutensilien aller Art. Im Moment ist sie wieder einmal auf der Suche nach einer Bleibe, zu ihren Eltern möchte sie auf keinen Fall zurück und bei fast allen ihren Freunden hat sie es sich durch ein Missgeschick verdorben. Auch ihre berufliche Karriere als Sängerin geht nicht recht voran, bei diversen Castings kann sie nicht wirklich überzeugen. Als eines Tages der geheimnisvolle Tom (Henry Golding) in ihr Leben tritt, fühlt sie sich sofort mit ihm verbunden, endlich scheint es jemanden zu geben, der sie so nimmt, wie sie ist, aber er hat ein Geheimnis, das ihre Beziehung bedrohen könnte…

Regisseur Paul Feig hat bisher einige Komödien wie „Brautalarm" oder "Taffe Mädels" mit
eher robustem Humor abgeliefert. Nun wagt er sich an eine romantische Weihnachtskomödie, die im vorweihnachtlichen London angesiedelt ist. Die Latte für einen guten Weihnachtsfilm liegt mit einem Film wie „Tatsächlich…Liebe" („Love Actually“) von 2003 enorm hoch, vielleicht ein wenig zu hoch für Feig, aber „Last Christmas“ hat auf jeden Fall Potenzial. Stimmungsvoll die Szenerie, sympathisch die Darsteller, witzige Dialoge und Situationskomik, dazu eine ernste Vorgeschichte, die dem Vordergründig-Lockeren eine unerwartete Tiefe gibt und für sentimentale und traurige Momente sorgt.
Das Drehbuch wurde von der britischen Schauspielerin Emma Thompson mitverfasst, sie und Feig haben es geschafft, die verschiedenen Elemente zu einem stimmigen Ganzen zu verschmelzen und sogar noch ein paar kurze sozialkritische Anmerkungen zum Thema Brexit und Obdachlosigkeit unterzubringen. Titelgebend für den Film war das von den einen geliebte und von anderen leidenschaftlich gehasste Lied „Last Christmas" des verstorbenen George Michael, dessen bekannte Zeilen nach dem Film eine völlig neue Bedeutung erhalten. Der Soundtrack ist gespickt mit weiteren Songs der Gruppe Wham!, wer sich hiervon und von einer Überdosis Weihnachtsflair nicht abgeschreckt fühlt, dem bietet der Film nette und größtenteils fröhliche Unterhaltung sowie den Rat, die Dinge manchmal einfach geschehen zu lassen und seinem Herzen zu folgen – You gotta have faith!

Kitsch? Ja, natürlich, aber es ist schließlich Weihnachten...



Regie: Paul Feig
Drehbuch: Emma Thompson, Bryony Kimmings, Greg Wise
Kamera: John Schwartzman
Schnitt: Brent White
Musik: Theodore Shapiro, Soundtrack: George Michael + Wham!

Darsteller:
Emilia Clarke, Henry Golding, Michelle Yeoh, Emma Thompson, Lydia Leonard, Ritu Arya, Calvin Demba

Universal Pictures International Germany
FSK 0
102 min.
Deutscher Kinostart: 14. November 2019


Film-Rezensionen: Le Mans 66 - Gegen jede Chance (Ford v Ferrari)


Anfang der 1960ger Jahre befindet sich die Ford Motor Company in einer schweren Krise. Um das Unternehmen wieder in Schwung zu bringen und das Image aufzupolieren entsteht die Idee, wieder mit eigenen Autos in die Rennserie der populären Langstreckenrennen einzusteigen. Der Plan, hierfür den ebenfalls in Schwierigkeiten steckenden Autobauer Ferrari aufzukaufen, scheitert, und so beschließt man, ein eigenes Auto zu bauen. Der ehemalige Rennfahrer und Autodesigner Carroll Shelby (Matt Damon) erhält den Auftrag, ein geeignetes Fahrzeug zu entwickeln, da er selber keine Rennen mehr fahren kann, verpflichtet er den versierten aber als schwierig verschrienen Briten Ken Miles (Christian Bale), der auch als Mechaniker ein großes Talent ist. Zusammen wollen sie das Unmögliche wahr machen, die Europäer und vor allem den nun zum Erzrivalen aufgestiegenen Konkurrenten Ferrari bei dem spektakulären 24-Stunden-Rennen von Le Mans zu schlagen.

Der Film ist eine nostalgische Hommage an vergangene Tage des Autorennsports, entsprechend konventionell und ein wenig altmodisch ist er auch in Szene gesetzt. Es geht um Männerfreundschaft, und zwar um die Art, die gerne aus einer handfesten Prügelei hervorgeht, und um die rührenden Bande zu Frau und Kind, die auch der härteste Rennfahrer zu seiner Erdung braucht. 

Es gibt Feindschaften und Intrigen, die Italiener sind falsch und arrogant und bekommen hierfür die Quittung, vor allem aber geht es um schnelle Autos, die das Herz jedes Rennfans höher schlagen lassen, und natürlich die Botschaft, dass alles, was man sich vornimmt und wofür man hart arbeitet auch möglich wird. In diesem Fall hat es auch funktioniert, Ford hat mit seinem GT40 das Rennen in Le Mans zwischen 1966 und 1969 vier Mal in Folge gewinnen können.

Dies ist dann auch die Stärke des Films, der den Zuschauer ganz nah an die fauchenden und schnaubenden Rennwagen heranlässt, ihn sogar mit ins Cockpit nimmt, während die Asphalt-Cowboys ihre furios in Szene gesetzten Runden drehen, vor allem in dem finalen Rennen von Le Mans mit dem bitter-süßen Ende für Ken Miles, den hemdsärmeligen Underdog, von Christian Bale mit seiner immer eine Spur zu übertriebenen Mimik und Gestik dargestellt. Für Nostalgiker des Rennsports ein interessanter Blick zurück in eine vergangene Epoche, die vielleicht aufregender war, als die computeroptimierten Mensch-Maschinen der heutigen Zeit, der Preis dafür war allerdings im Hinblick auf die erhebliche Todesrate unter den Fahrern auch ein hoher.


 Regie: James Mangold
Drehbuch: Jez Butterworth, John-Henry Butterworth, Jason Keller
Kamera: Phedon Papamichael
Schnitt: Andrew Buckland, Michael McCusker, Dirk Westervelt
Musik: Marco Beltrami, Buck Sanders

Darsteller:
Christian Bale, Matt Damon, Caitriona Balfe, John Bernthal, Noah Jupe, Tracy Letts, JJ Feild,
 
20th Century Fox
FSK 12
152 min.
Deutscher Kinostart: 14. November 2019


Film-Rezensionen: My Zoe


Isabelle (Julie Delpy) und James (Richard Armitage) sind geschieden und darauf bedacht, ihre gemeinsame Tochter Zoe (Sophia Ally) so gerecht wie möglich untereinander aufzuteilen. In ihrem Bemühen, das Beste für das Kind zu organisieren schießen beide immer wieder über das Ziel hinaus und heftige Streitigkeiten zeigen, weshalb das Paar nicht mehr zusammen ist, zeugen aber auch davon, wie viel Zoe besonders ihrer Mutter bedeutet. Als das Schicksal unbarmherzig zuschlägt, ist es dann auch Isabelle, die alles Mögliche – aber auch das zur Zeit eigentlich noch Unmögliche – versucht, um eben dieses Schicksal zu korrigieren, und hier bekommt das Ganze einige Science-Fiction-Elemente.

Der Film erzählt seine Geschichte in drei unterschiedlich langen Kapiteln, setzt dabei den Schwerpunkt leider fast schon quälend vor allem auf die zerrüttete Ehe und ihre toxischen Folgen. Das eigentlich interessante Thema Genetik und Reproduktionsmedizin, bei dem ein umstrittener Arzt in Russland (Daniel Brühl) eine wichtige Rolle spielt, kommt dadurch bedauerlicherweise viel zu kurz, dabei hätten gerade die hierdurch angeschnittenen Fragen eine größere Tiefe verdient.

Getragen wird der Film von einer beeindruckenden Julie Delpy, die auch für Regie und Drehbuch verantwortlich zeichnet, dabei aber, wie gesagt, etwas den Blick für das Wesentliche ihrer Geschichte verloren hat, denn der lag sicher nicht auf den Szenen einer gescheiterten Ehe, sondern auf dem Wagnis, das Isabelle als liebende Mutter gegen jeden Widerstand einzugehen bereit ist. Die Diskussion, die Julie Delpy damit anstoßen wollte, wird sicherlich dennoch entstehen, leider bleibt der Film selbst dabei allzu vage. Daniel Brühl und Gemma Arterton liefern in ihren Rollen solide Arbeit ab, auch den beiden hätte man etwas mehr Leinwandzeit gegönnt.

Alles in allem ein Film über ein brisantes Thema, das erst noch am Anfang seiner Entwicklung steht, insofern ein interessanter Versuch, sich diesem Thema zu nähern, nicht mehr, aber auch nicht weniger.



Regie: Julie Delpy
Drehbuch: Julie Delpy
Kamera: Stéphane Fontaine
Schnitt: Isabelle Devinck

Darsteller:
Julie Delpy, Sophia Ally, Richard Armitage, Gemma Arterton, Daniel Brühl, Saleh Bakri, Nicolette Krebitz,
 
Warner Bros.
FSK 12
100 min.
Deutscher Kinostart: 14. November 2019