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Mittwoch, 6. Oktober 2021

Im Kino: Titane

Das Mädchen Alexia hat einen Autounfall und bekommt danach die titelgebende Platte in ihren Kopf eingesetzt. Zur jungen Frau herangewachsen, führt sie ein Leben voller Extreme, tanzt erotisch in einer Autoshow und wird lästige Verehrer und Verehrerinnen los, indem sie sie tötet. Als Serienkillerin gesucht, nimmt sie den Platz eines als Kind verschwundenen Jungen ein, indem sie den Vater (Vincent Lindon) überzeugt, dass sein Sohn nunmehr als Erwachsener zu ihm zurückgekehrt ist. Wird er merken, dass sein vermeintlicher Sohn eine Frau ist, die darüber hinaus auch noch selbst ein Kind erwartet?

Wahnsinn oder Liebesgeschichte, wer liebt wen, und warum? Nach „Raw“ hat Julia Ducournau ihren zweiten Film vorgelegt, der beim diesjährigen Festival in Cannes 2021 mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde. „Titane“ ist radikal brutal und zärtlich zugleich, verstört durch kompromisslose Härte und versöhnt durch eine ebenso kompromisslose Suche nach Wärme und Geborgenheit. Dabei verweigert sich der Film jeglicher Einordnung in herkömmliche Schemata, reißt durch seine schonungslose und manchmal über die Schmerzgrenze hinausgehende Erzählweise mit und die Trennungslinien zwischen den Geschlechtern auf. 

Im Gesicht der Schmerzensfrau Alexia, von Agathe Rousselle gnadenlos gut dargestellt, spiegelt sich alles und nichts zugleich. Ihre Nacktheit hat, im Gegensatz zu ihrem Job, nichts Erotisches, hier wird ein Mensch – nicht ganz Frau, nicht ganz Mann, nicht ganz Maschine – in seiner Verletzlichkeit gezeigt, von allen Hüllen befreit, wie ein Neugeborenes, das den Weg in sein Leben erst noch finden muss. Spektakuläre Szenen erhöhen die Schauwerte – Sex im Auto ist wahrscheinlich manchem bekannt, aber Sex mit einem Auto? – dieses absolut ungewöhnlichen Films, der die Zuschauer auf einen rasanten Trip mitnimmt, um sie  hinterher etwas verstört wieder auszuspucken.

Kein Film für den Mainstream, aber in jedem Fall ein hochinteressantes Erlebnis, für alle, die bereit sind, sich darauf einzulassen!

 


 Regie: Julia Ducournau

Drehbuch: Julia Ducournau, Jacques Akchoti, Jean-Christophe Bouzy, Simonetta Greggio

Kamera: Ruben Impens

Schnitt: Jean-Christophe Bouzy

Musik: Séverin Favriau, Jim Williams

 Besetzung:

Agathe Rousselle, Vincent Lindon, Garance Marillier, Dominique Frot

 

 Koch Films

Frk. 2021

FSK 12

108 min.

 

Deutscher Kinostart: 07. Oktober 2021

 Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=htqcfPJd-oU

 

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