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Mittwoch, 31. Januar 2024

Heimkino: Saltburn

Oliver Quick (Barry Keoghan) ist ein ambitionierter Student, der es an die Eliteuniversität Oxford geschafft hat, wo er alles daran setzt, Zugang zur Clique um den reichen und schönen Kommilitonen Felix Catton (Jacob Elordi) zu bekommen. Als dies gelingt und er von Felix eingeladen wird, den Sommer bei dessen Familie auf dem luxuriösen Landsitz Saltburn zu verbringen, lernt Oliver ein Leben kennen, von dem er bisher nur geträumt hat - aber für Oliver soll es nicht beim Träumen bleiben…

Wer sich bei dieser Geschichte womöglich an „Wiedersehen mit Brideshead“ von Evelyn Waugh erinnert fühlt, der soll nicht glauben, hier hätte man sich bei dem englischen Klassiker bedient, denn es ist genau umgekehrt: der Schriftsteller Waugh hat sich vielmehr bei der Entwicklung seiner Figuren die Familie Catton zum Vorbild genommen – so jedenfalls die Erklärung, die Felix liefert, womit augenzwinkernd möglichem Ideenklau der Wind aus den Segeln genommen wird.

Damit enden dann aber auch die Ähnlichkeiten zu dem genannten Werkt, denn frech und respektlos geht es weiter, das ist zumindest der Anspruch. Der junge Oliver fügt sich erwartungsgemäß schnell (der Name ist Programm…) in sein neues, aufregendes Umfeld ein und treibt unaussprechliche Dinge, die bei Erwähnung des Films natürlich genüsslich ausgesprochen und ausgebreitet werden. Und was man sich für ihn in der Schlusssequenz ausgedacht hat, war dann der sichere Weg zu einer BAFTA-Nominierung für Barry Keoghan, der neuen Lieblingsbesetzung für verdruckste oder latent bedrohliche Charaktere, weil man sich bei der Jury offensichtlich vom allzu braven Image und dem Vorwurf, nur dem Mainstream nachzulaufen, lösen und auch einmal etwas wagen möchte...

Leider wird aber nicht ganz klar, was uns der Film letztlich eigentlich sagen möchte, ist es Satire (eher nein), Krimi (eher ja) oder  Gesellschftskritik? Für letzteres werden zwar der dekadente Lebensstil und die Oberflächlichkeit der Beteiligten als durchaus verachtenswert vorgeführt, gleichzeitig stellen sie für den Protagonisten jedoch genau das Lebensmodell dar, das er anstrebt. Was er hierfür zu tun bereit ist, wird zunächst als bewusste und kalkulierte Provokation dargeboten – mit dem Label schmückt sich der Film auch sehr gerne – aber die weitere Entwicklung geht dann in eine etwas andere Richtung, die sogar noch verachtenswerter ist, als alles, was Oliver bei seinen Gastgebern vorfindet, da hat sich Emerald Fennell wohl mehr bei Patricia Highsmith als bei Evelyn Waugh bedient.

Hatte Fennell bei der Entwicklung der weiblichen Heldin in „Promising Young Woman“ noch eine gewisse Moral und das Streben nach Gerechtigkeit im Sinn, auch wenn man sich dafür über Recht und Gesetz erst einmal hinwegsetzen muss, so ist ihr Oliver Quick ein amoralischer Antiheld, was zunächst reizvoll erscheinen mag, am Ende dann aber einen eher schalen Beigeschmack hinterlässt.

 


Regie: Emerald Fennell

Drehbuch: Emerald Fennell

Kamera: Linus Sandgren

Schnitt: Victoria Boydell

Musik: Anthony Willis

 

Besetzung:

Barry Keoghan, Jacob Elordi, Richard E. Grant, Rosamund Pike, Carey Mulligan, Archie Madekwe

 

Amazon MGM Studios

2023

131 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: in ausgewählten Theatern,

ansonsten bei

Amazon Prime

 

Trailer:

https://www.youtube.com/watch?v=ZQ6Zvu71_9M

https://www.youtube.com/watch?v=fNYepvUtYGA

 

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