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Mittwoch, 18. September 2024

Im Kino: The Substance

Die TV-Aerobic-Ikone Elisabeth Sparkle (Demi Moore) soll mit ihrer bisher erfolgreichen Sendung vom Bildschirm verschwinden, weil sie nach Ansicht des Produzenten Harvey (Dennis Quaid) zu alt wird. Da erfährt Elisabeth von einer geheimnisvollen Substanz, mit deren Hilfe man eine jüngere, perfektere Version von sich selbst generieren kann, und tatsächlich gibt es bald die junge, knackige Sue (Margaret Qualley), die Elisabeths Show übernimmt. Allerdings hat die Gebrauchsanweisung für die Substanz klare Regeln, unter anderem dürfen Sue und Elisabeth jeweils nur abwechselnd eine Woche aktiv sein, während die andere ruht, denn sie sind keine eigenständigen Personen, sondern zwei Seiten desselben Ichs. Aber da Sue das erfolgreichere und aufregendere Leben führt, beginnt sie, ihre Zeit immer mehr zu verlängern, was der armen Elisabeth gar nicht gut bekommt… 

Was als bitterböse Satire auf den allgemeinen Jugendwahn beginnt, entwickelt sich recht bald zum einem Body-Horror-Film, der diesbezüglich, vor allem zum Ende hin, nicht mit drastischen Bildern geizt. Zunächst ist noch alles stylisch, wenn auch ein wenig überzeichnet, was sich vor allem in dem Porträt des wunderbar schmierigen Harvey zeigt, der selber alt und unattraktiv geworden, von diesem Umstand mirakulöserweise nichts mitbekommt, sondern sich nach wie vor als Macher voller viriler Kraft und Stärke geriert, wo er doch nur ein armes Würstchen ist.

Demgegenüber sehen wir eine Demi Moore, die auch in ihrem Alter einen durchtrainierten Körper zeigt, der auch deutlich jüngeren Frauen neidisch werden lässt, dann aber einen Mut zur Hässlichkeit beweist, wie man ihn lange nicht mehr erleben konnte. Das groteske, abscheuliche Finale hätte es in dieser Ausführlichkeit vielleicht nicht gebraucht, ein gnädiges Ende zehn Minuten früher hätte dem Film nicht geschadet, nun muss man halt da durch…

Für Freunde des Genres aber auf jeden Fall ein Leckerbissen und für alle anderen die Botschaft, dass, wie man aus den Beispielen mit den drei Wünschen weiß, vermeintliche Lebensverbesserungen nicht ohne Tücken sind und man sich unbedingt  genau an die Spielregeln halten sollte, wenn es nicht fürchterlich schief gehen soll!

  


 Regie: Coralie Fargeat

Drehbuch: Coralie Fargeat

Kamera: Benjamin Kracun

Schnitt: Jerome Eltabet, Coralie Fargeat, Valentin Féron

Musik: Rafferie

 

Besetzung:

Demi Moore, Margaret Qualley, Dennis Quaid, Hugo Diego Garcia, Oscar Lesage

 

Working Title/ MUBI

2024

140 min.

FSK 16

Deutscher Kinostart: 19. September 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=gc2vaYGQqTM (Deutsch)

https://mubi.com/en/films/the-substance/trailer (Englisch)

 

Dienstag, 10. September 2024

Im Kino: Beetlejuice Beetlejuice

Nach dem tragischen Tod von Vater Charles bereitet Lydia Deetz (Winona Ryder), die ihren Lebensunterhalt inzwischen mit einer Geister-TV-Show verdient, zusammen mit ihrer Mutter Delia (Catherine O’Hara) die standesgemäße Beerdigung vor, während Tochter Astrid (Jenna Ortega) wegen all dieser Peinlichkeiten am liebsten im Boden versinken möchte. Von dem schmierigen Geist Beetlejuice (Michael Keaton), der einst beinahe ihre Mutter in eine von ihm forcierte Zwangsehe getrieben hätte, hat Astrid keine Ahnung, aber das ändert sich, als sie, von jugendlichem Trotz getrieben, dessen Namen drei Mal ausspricht…

Was folgt, ist ein turbulentes, buntes, schockierend-schönes und spaßiges Abenteuer, bei dem kein Auge trocken bleibt, zumindest bei allen, die Sinn für solche überdrehten Tim-Burton-Ergüsse haben, ein Film für Neulinge, aber natürlich auch für diejenigen, welche 36 Jahre nach dem ersten Teil Lust auf eine Fortsetzung haben. Neben dem titelgebenden Poltergeist mit den schlechten Zähnen gibt es ein Wiedersehen mit Bob, dem Vorsteher des Schrumpfkopf-Sekretariats, in dessen Hände Beetlejuice gerne alle delikaten Aufgaben delegiert, man erfährt, wie es im Zwischenreich vom Leben zum Tod so zugeht – wer hätte gewusst, dass dort ein funkiger Soul-Train wartet? – und dass die Körper Verstorbener immer noch daran zu knabbern haben, wie sie zu Tode gekommen sind – im Fall von Astrids Vater ist das wörtlich zu nehmen, schließlich ertrank er im offensichtlich piranhaverseuchten Amazonas…

Ein besonderer Leckerbissen wartet auf Liebhaber des wunderschönen Songs "MacArthur Park", gesungen von dem unvergleichlichen Richard Harris - die in voller Länge damit unterlegte Hochzeitszeremonie ist ein absolutes Highlight, und es wirkt für mich so, als hätte Tim Burton nur einen Aufhänger für dieses Lied gesucht und seinen ganzen Film darum herum komponiert, aber ich kann mich natürlich irren…

Eine absolute Empfehlung für alle, die auf das Schräge und Verrückte stehen, und das einmal mehr so schwungvoll und ideenreich inszeniert auf der Leinwand sehen möchten, wie es wohl nur Tim Burton hinbekommt!

Aber Vorsicht an der Kinokasse: Es fehlt nur noch ein "Beetlejuice" und er ist da...  

 

 

Regie: Tim Burton

Drehbuch: Alfred Gough, Miles Millar, Seth Grahame-Smith, b/a auf den Charakteren von Michael McDowell und Larry Wilson

Kamera: Haris Zambarloukos

Schnitt: Jay Prychidny

Musik: Danny Elfman

 

Besetzung:

Michael Keaton, Winona Ryder, Catherine O’Hara, Jenna Ortega, Justin Theroux, Willem Dafoe, Monica Bellucci, Arthur Conti, Danny DeVito

 

Warner Bros. Pictures Germany

2024

105 min.

FSK 12

Deutscher Kinostart: 12. September 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=rJ6mjpbmf0M (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=mvSJrK8aGaA (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=CoZqL9N6Rx4 (Englisch)

 

Im Kino: Ezra: Eine Familiengeschichte (Ezra)

Stand-up-Comedian Max (Bobby Cannavale) ist geschieden, lebt wieder bei seinem Vater (Robert De Niro) und hat beruflich eine Durststrecke. Als sein Sohn Ezra (William A. Fitzgerald), der an ASS, eine Autismus-Spektrum-Störung leidet, auf eine Sonderschule gehen soll, entführt er den Jungen kurzerhand und macht sich mit ihm auf einen Roadtrip von der Ost- an die Westküste, um dort eventuell von Jimmy Kimmel gebucht zu werden. Auf der Flucht vor Jugendamt und Polizei kommen sich Vater und Sohn immer näher…

…aber natürlich verschwindet die Autismusstörung nicht, so wie es sich, so hat es zumindest den Anschein, der Vater insgeheim wünscht. Max geht zwar mit der Diagnose durchaus offen um, aber man hat immer das Gefühl, er möchte mit Ezra die „normalen“, klischeehaften Vater-Sohn-Dinge tun, womöglich, weil ihn sein eigener Vater hierbei seinerzeit enttäuscht hat. Und so will Max nun alles besser machen, wobei ihm allerdings sein eigenes Naturell immer wieder im Weg steht, indem er ständig und überall aneckt, ausflippt und jedem anderen außer sich selbst für alles die Schuld gibt.

Am Ende hat man den Eindruck, dass Max und nicht Ezra dringend eine Therapie braucht, und vielleicht ist eine Nervensäge wie Max nicht gerade der richtige Umgang für einen sensiblen Jungen, der bereits genug Probleme hat, sich in seiner Umwelt zurechtzufinden. Ein wenig gefährlich ist außerdem die unterschwellige Botschaft, dass sich Störungen wie ASS schon irgendwie bewältigen lassen, wenn man sich nur recht lieb hat…

Gut gemeint ist, wie so oft, nicht immer gut gemacht, die an sich zu Herzen gehende Geschichte überzeugt nicht durchgehend, die Abenteuer auf der Fahrt durch Amerika wirken oftmals sehr bemüht, und wieso sind eigentlich die in Filmen präsentierten Stand-up-Comedians oft so wenig witzig? Bonny Cannavale bemüht sich redlich, aber der Funke will nicht so recht überspringen, und Robert De Niros Filmcharakter hat außer ein paar Grantigkeiten nichts zu bieten, einzig der junge William A. Fitzgerald sorgt für die kleinen Höhepunkte, die der Film dann doch noch zu bieten hat.

 

 

Regie: Tony Goldwyn

Drehbuch: Tony Spiridakis

Kamera: Daniel Moder

Schnitt: Sabine Hoffman

Musik: Carlos Rafael Rivera

 

Besetzung:

Bobby Cannavale, William A. Fitzgerald, Tess Goldwyn, Rose Byrne, Robert De Niro, Whoopi Goldberg, Tony Goldywn, Geoffrey Owens, Vera Farmiga, Jimmy Kimmel

 

Tobis

2023

101 min.

FSK 6

Deutscher Kinostart: 12. September 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=efdNlrkLXMY (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=aq1r-QqLoF0 (Englisch)

Mittwoch, 4. September 2024

Im Kino: Die Ironie des Lebens

Der erfolgreiche Comedian Edgar (Uwe Ochsenknecht) reist mit seinem Privatchauffeur Kurt (Henning Peker) quer durch Deutschland und steht jeden Abend in ausverkauften Vorstellungen auf der Bühne. Seit seiner Scheidung hat er sich weder um seine Kinder (Emilia Schüle, Robert Gwisdek) noch um seine Ex-Frau Eva (Corinna Harfouch) gekümmert, bis diese eines Abends in seiner Garderobe erscheint, um ihm mitzuteilen, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt ist. Für den in die Jahre gekommenen Edgar eine Gelegenheit, innezuhalten und sein Leben und seinen Erfolg zu hinterfragen…

Was ist noch wichtig im Leben im Angesicht des nahenden Todes, mit dieser Frage versucht sich der Film auseinanderzusetzen. Gleichzeitig entwickelt er das Psychogramm einer Familie, die aufgrund des rücksichtslosen Karrierestrebens eines Partners zerbrochen ist, wobei die Hauptperson Edgar Züge eines Narzissten aufweist, ohne dass diese jedoch explizit herausgearbeitet werden. Insofern verspricht der Film mehr, als er am Ende zu halten imstande ist, für ein gutes Drama bedarf es immer auch leichter oder heiterer Elemente, die hier, ironischerweise trotz des Berufs der Hauptfigur, leider so gut wie gar nicht zu finden sind, obwohl die Regisseur Goller und Drehbuchautor Ziegenbalg in ihrer Gemeinschaftsarbeit „25 km/h“ eigentlich bewiesen haben, dass sie Komödie können.

Den Darstellern, allen voran Corinna Harfouch, sind zumindest im letzten Drittel einige berührende Momente zu verdanken, davor gibt es viele klischeehafte Elemente und auch die Dialoge zünden leider nicht immer. Alles in allem kein schlechter Film, der jedoch nicht uneingeschränkt überzeugen kann.

 

 

Regie: Markus Goller

Drehbuch: Oliver Ziegenbalg

Kamera: Torsten Breuer

Schnitt: Katharina Novak

 

Besetzung:

Uwe Ochsenknecht, Corinna Harfouch, Emilia Schüle, Robert Gwisdek, Henning Peker, Liza Tzschirner, Reiki von Calowitz

 

Warner Bros. Germany

D 2024

109 min.

FSK 12

FBW Prädikat: Wertvoll

Deutscher Kinostart: 05. September 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=IkFH3oUVjY0

Dienstag, 3. September 2024

Im Kino: Was ist schon normal? (Un p’tit truc en plus)

Das Vater-Sohn-Duo La Fraise (Clovis Cornillac) und Paulo (Artus) steht nach einem Juwelenraub ohne Fluchtwagen da, nachdem dieser vor der Einfahrt eines Behindertenheims von der Polizei abgeschleppt wurde. Die Behindertengruppe wartet gerade mit den Betreuerinnen und Betreuern auf ihren Bus, um in die Sommerfrische zu fahren. Es fehlt noch ein neuer Teilnehmer, den man in Paulo vermutet, und so fahren die Gangster mit, wobei La Fraise die Rolle eines Betreuers übernimmt. Was folgt ist eine Chaostour voller Überraschungen…

Erfolgreiche Komödien aus Frankreich gibt es viele und die meisten verdienen den Namen und auch den Erfolg, denn sie sind erfrischend und vor allem witzig, selbst, oder gerade, wenn sie sich an ein heikles oder schweres Thema heranwagen, siehe den wunderbaren Film „Mein ziemlich bester Freund“.

Auch hier ist das Sujet kein leichtes, wer eine Komödie über eine Gruppe behinderter junger Erwachsener macht, bewegt sich auf jeden Fall auf vermintem Gelände, denn an jeder Ecke steht die humorlose Gestalt der Political Correctness bereit, um die Rote Karte zu zücken. Darum schert man sich aber hier wieder einmal überhaupt nicht, sondern kalauert drauf los, was das Zeug hält und scheut auch vor derben Scherzen nicht zurück. Dass diese im Gegensatz zu den meisten deutschen Komödien dennoch zünden, liegt oft am Timing und vielleicht auch daran, dass bei französischen Filmen nicht nur Regie und Drehbuch gut besetzt sind, sondern oft auch noch jemand für die Dialoge zuständig ist, der sich genau darauf konzentriert, was sich erwiesenermaßen auszahlt..

Die Darstellerriege der jungen Menschen, die mit den unterschiedlichsten Behinderungen leben, meistert ihre Aufgabe mit soviel Witz und Spielfreude, dass bei diesem Spaß kein Auge trocken bleibt und ein paar hübsche Running Gags runden die Sache ab, wobei zu hoffen bleibt, dass die deutsche Fassung der Originalfassung gerecht wird. Bei allem Klamauk wird dabei niemand als unmündig diffamiert, sondern ernst genommen, was gerade bei jungen Erwachsenen mit ganz normalen altersmäßigen Wünschen und Bedürfnissen wichtig ist.

Natürlich geht am Ende auch für die Gangster alles irgendwie gut aus, aber das ist dem Genre geschuldet, es ist und bleibt eine Komödie, die gelungenste Sommerkomödie seit langem, die ihren ernsten Hintergrund nicht vergisst, dabei aber leicht und locker daherkommt – so sollte es viel öfter sein!

 

 Regie: Artus

Drehbuch: Artus, Clément Marchand

Dialoge: Artus, Milan Mauger

Kamera: Jean-Marie Dreujou

Schnitt:Jean-François Elie

 

Besetzung:

Artus, Clovis Cornillac, Alice Belaïdi, Marc Riso, Céline Groussard, Gad Abecassis, Ludovic Boul, Stanislas Carmont, Marie Colin, Thibaut Conan, Mayane Sarah El Baze, Théophile Leroy, Boris Pitoëff, Sofian Ribes, Arnaud Toupense, Benjamin Vandewalle

 

Constantin Film/ Paramount/ SquareOne Entertainment

Frk 2024

99 min.

FSK 6

Deutscher Kinostart: 05. September 2024

 

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=iXKBHxwtbU8 (Deutsch)

https://www.youtube.com/watch?v=NOIKZv-Oh60 (Französisch)