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Dienstag, 12. Juli 2016

Film-Rezensionen: Chappie (2015) (Deutsch)

CHAPPiE


Mit „CHAPPiE“ bleibt Neill Blomkamp nach „District 9“ und „Elysium“ sich und seiner Leidenschaft für das Science-Fiction Genre treu und daran wird sich, wie es aussieht, auch in naher Zukunft nichts ändern, hat man ihm doch gerade die Fortsetzung des Kultklassikers „Alien“ anvertraut.


 „CHAPPiE“ ist die Geschichte des jungen Wissenschaftlers Deon (Dev Patel), der in nicht allzu ferner Zukunft für die südafrikanische Firma Tetravaal – geleitet von der unterkühlten Michelle Bradley (Sigourney Weaver) – Roboter für die Arbeit im Polizeidienst entwickelt hat. Seine heimliche Leidenschaft jedoch gilt der Erforschung künstlicher Intelligenz. Als er glaubt, den Durchbruch geschafft zu haben, stößt er damit bei seiner Chefin auf taube Ohren, die von solchen Ideen nicht viel hält, genauso wenig wie sein Gegenspieler in der Firma, der Ex-Soldat Vincent Moore (mit sichtlichem Vergnügen von Hugh Jackman verkörpert), der seinerseits ein Projekt verfolgt: die Entwicklung einer riesigen Roboter-Kampfmaschine namens Moose, die im Gegensatz zu Deons Traum jedoch nicht über eigenes Bewusstsein verfügt, sondern von einem menschlichen Hirn im Hintergrund gesteuert wird.


Ein Gangstertrio – kongenial dargestellt unter anderem von Mitgliedern der südafrikanischen Rap-Rave Gruppe „Die Antwoord“ (Ninja und Yolandi Visser) – entführt den Wissenschaftler, um über ihn Kontrolle über die Polizeiroboter zu bekommen, nicht ahnend, dass ihnen dabei die erste gerade von Deon aus ausgemustertem Roboterschrott zusammengebaute denkende Maschine der Welt in die Hände fällt.


Im Folgenden versuchen sowohl Gangster als auch Wissenschaftler in dem Wesen, das sie „Chappie“ nennen, das gerade entstandene Bewusstsein in ihrem Sinne zu beeinflussen. Chappie, auf der Stufe eines – allerdings äußerst schnell lernenden – Kleinkindes bekommt im Schnelldurchgang Lektionen in coolem Gangstertum, die zu den gleichzeitig durch Deon vermittelten Werten – sei was, Du sein willst, sei ehrlich und füge niemandem Schaden zu – in scheinbar nicht aufzulösendem Widerspruch stehen.


Deon steht irgendwann vor seinem störrischen Geschöpf wie ein Vater vor seinem heranwachsenden Sohn, der in schlechte Gesellschaft geraten ist, und es stellt sich die Frage, was am Ende die Oberhand behält: die (gute) Erziehung oder der Einfluss des Umfelds, das Chappie, den zunächst naiven und reinen Tor, auf seine Seite zu ziehen droht, immer bedroht von dem berserkerhaft agierenden Vincent. Der scheut vor nichts zurück, sein Projekt Moose durchzusetzen und die in seinen Augen gottlose Maschine Chappie zu vernichten. Aber ist er wirklich der Böse, oder ist er nur jemand, der überzeugt davon ist, dass denkende Roboter das Ende der Menschheit bedeuten? Und ist Deon tatsächlich der Heilsbringer, oder fügt er sich ein in die Reihe der Wissenschaftler, die stets das Gute wollten und immer wieder Unheil in die Welt gebracht haben?


Vincents Roboter Moose erinnert an die bereits zum Einsatz kommenden Kampf-Drohnen, die von einem weit vom Kriegsgeschehen entfernten Ort gelenkt werden. Insofern mag auch eine denkende, lernende und dabei noch unzerstörbare Maschine in greifbarer Nähe sein, viele Dinge, die zunächst undenkbar erschienen sind schließlich bereits Wirklichkeit geworden.


Die entscheidende Frage bleibt: Ist dies gut oder schlecht für die Menschheit, die sich bis heute trotz des in ihrem Namen mitschwingenden Begriffs als nicht durchgehend human erwiesen hat? Alles, was als undenkbar, grausam oder unmenschlich gilt, wurde bereits von Menschen praktiziert, kann es unter einer Herrschaft der denkenden Maschinen – und zu dieser würde es unweigerlich führen – überhaupt noch schlimmer kommen?


In dem unvermeidlichen Showdown erweist sich Chappie – der bei genauem Hinsehen über sehr differenzierte Mimik und Körpersprache verfügt – jedenfalls als zu einer verantwortungsvollen Persönlichkeit gereiftes Individuum. Im größten Chaos behält er den Über- und Durchblick, er entwickelt Deons Ideen weiter, rettet dessen und sein eigenes Leben um dann in seinem stärksten Moment Vincent als demjenigen, der ihn gequält und der versucht hat, ihn zu vernichten, nach erfolgter harter Bestrafung zu vergeben, ein Akt wahrer menschlicher Größe!


Sind Maschinen also in der Lage, am Ende alle menschlichen Unzulänglichkeiten und Fehler zu überwinden und für ein humaneres Miteinander zu sorgen? Dann wären sie ein wahrer Gewinn. Oder reichen ihre Fähigkeiten doch immer nur so weit, wie ein menschliches Hirn im Hintergrund es zulässt, und hängt es damit wieder davon ab, wie „gut“ oder „schlecht“ dieser lenkende Mensch ist?


Darüber hinterher nachzudenken und währenddessen zwei Stunden bestens unterhalten zu werden sind die Stärken des Films, der einerseits durch technische Brillianz, vor allem durch den von Blomkamps langjährigen Weggefährten Sharlto Copley dargestellten Chappie, überzeugt. Es ist andererseits aber auch kein steriles Studiowerk sondern zeigt im Kontrast die Realität der Stadt Johannesburg in Gestalt ihrer hässlichen und harten Seiten, dreckig und voller Gewalt, in der sich das skurrile Pärchen Ninja und Yolandi bewegt. Aber gerade Yolandis spontane Liebe und Fürsorge für den zunächst naiven und hilflosen Chappie gibt Hoffnung, dass auch in der trostlosesten menschlichen Wüste ein Funken genügt, um Menschlichkeit und Liebe zu wecken, wenn man es nur zulässt!

Wenn möglich sollte der Film in der Originalfassung angeschaut werden, die deutsche Fassung kann den speziellen Slang der Akteure, der den Film wesentlich mitprägt, nicht wiedergeben!




Regie: Neill Blomkamp


Drehbuch: Neill Blomkamp, Terri Tatchell


Musik: Hans Zimmer/ Die Antwoord


Darsteller: Sharlto Copley, Dev Patel, Ninja, Yolandi Visser, Sigourney Weaver, Hugh Jackman



120 min.

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