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Dienstag, 12. Juli 2016

Film-Rezensionen: X-Men-Days of Future Past (2014) (Deutsch)


X-Men: Days of Future Past


Mit Beginn des Films erleben wir die Gemeinschaft der Mutanten in ihrer dunkelsten Stunde. Der Spezies des Homo sapiens ist es endlich gelungen, eine finale Waffe gegen die in ihren Augen gefährliche Konkurrenz zu entwickeln und dieses Mal gibt es kein Entkommen. Die letzte verbliebene Gruppe, unter ihnen Professor Xavier, Magneto, Storm, Kitty Pryde und Logan, kämpft verzweifelt gegen ihren endgültigen Untergang, während die meisten ihrer Gefährten bereits tot sind. Aber ihr Kampf ist aussichtlos, gegen die Waffe der Menschen gibt es keine Mittel mehr. Sogenannte Sentinels, riesige Roboter, mit einem Sensor ausgestattet, der sie jeden Mutanten aufspüren lässt, eliminieren alles mutantische Leben mit tödlicher Präzision. Entwickelt wurden die Sentinels in den 70er Jahren des 20.Jahrhunderts in den Laboren der Trask Company unter der Leitung von Dr. Bolivar Trask, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Menschheit ein für alle Mal von der Gefahr in Gestalt der Mutanten zu befreien. Sein Programm war nicht unumstritten, aber ausgerechnet ein Mutant, brachte die Wende, wenn auch unbeabsichtigt: Mystique, auf einem Rachfeldzug gegen alle Feinde der Mutanten, hatte in Trask den Schlimmsten gesehen und ihn ermordet, woraufhin das Sentinel-Programm etabliert und der Untergang der Mutanten endgültig besiegelt wurde.



Es waren stets deren unheimliche Fähigkeiten, durch die sich die Menschen bedroht fühlten, und genau diese Fähigkeiten eröffnen dann doch eine allerletzte Chance, die vom Untergang bedrohte Spezies noch zu retten. Kitty Pryde ist in der Lage, jemanden durch die Zeit zu schicken und so sendet man Logan in die Vergangenheit, in das Jahr 1973, um Mystique an der Ausführung ihrer Tat zu hindern. Er ist der einzige, der für diese Mission in Frage kommt, da nur er aufgrund seiner Selbstheilungskräfte die physischen Strapazen der Zeitreise überleben kann. Seine Aufgabe besteht darin, Mystique aufzuspüren (was bei einem Gestaltwandler nicht ganz einfach ist) und die Ermordung Trasks zu verhindern. Zu diesem Zweck muss er ein Team zusammenstellen, bestehend aus den jüngeren Ausgaben von Charles Xavier, Hank McCoy und Magneto. Ausgerechnet Logan, der Einzelkämpfer, der sich nie wirklich als Teil eines Teams gefühlt hat, muss mit Geduld und Fingerspitzengefühl – beides nicht gerade seine hervorstechendsten Charakterzüge – Charles und Magneto aus ihrer jeweiligen Gefangenschaft befreien und auf seine Seite ziehen.



Charles, immer ein offener Geist, hat kaum Probleme damit, zu glauben, dass er selbst Logan aus der Zukunft geschickt hat, aber er steckt in seiner schwersten Krise, selbstzerstörerisch, voller Zweifel und Pessimismus. Logan hat einen seiner härtesten Kämpfe um den von ihm immer bewunderten und verehrten Professor auszufechten, und dies ausnahmsweise einmal nicht mit Fäusten und Krallen. Aber es ist wunderbar zu sehen, wie er mit seiner Aufgabe wächst, bis es ihm gelingt, den wertvollen und um das Wohl von Mutanten und Menschen gleichermaßen bemühten Mann hervorzuholen, der Charles später einmal wird.



Die nächste Herausforderung ist nicht minder fordernd: Magneto ist aus einem der sichersten Gefängnisse der Welt herauszuholen – einem Raum tief unter dem Gebäude des Pentagons – in dem er seit mehr als zehn Jahren gefangengehalten wird, weil er Präsident Kennedy ermordet haben soll. Die Episode seiner Befreiung hätte Potenzial für einen ganzen Film, aber so viel Zeit gibt es nicht. Wie die Aktion dann durchgeführt wird ist eines der vielen kleinen Meisterstücke des Films, die sich am Ende zu einem so großartigen Ergebnis – und Erlebnis – addieren! Einerseits schafft der Regisseur Bryan Singer es, die Erwartungen an einen Blockbuster-Film mit opulenten, rasanten und atemberaubenden 3D-Action-Sequenzen zu erfüllen. Andererseits baut er immer wieder liebevoll witzige kleine – und ohne Zweifel dennoch technisch anspruchsvolle – Szenen ein, die Spaß machen. Und wie Quicksilver zu den Klängen von Jim Croce’s wunderbarem Song „Time in a Bottle“ zu Werke geht ist einfach ein Ohren- und Augenschmaus!



Nachdem das Team um Logan und Charles dann steht, bewegt sich die Handlung in dramatischen Schritten – man erlebt auf der ursprünglichen Zeitebene, wie sehr es drängt, weil die Sentinel sich ihrem Ziel immer weiter annähern – ihrem Höhepunkt entgegen.



Wer bei einer Geschichte über Zeitreise und verschiedene Zeitebenen skeptisch ist, braucht nicht zu fürchten, über Ungereimtheiten zu stolpern oder sich im Raum-Zeit-Kontinuum zu verlieren, die Handlung ist plausibel und jederzeit nachvollziehbar, auch ein Kunststück, dass Singer mit seinem Drehbuchautor Simon Kinberg vollbracht hat. Singer schafft es, die „alten“ X-Men um Patrick Stewart und Sir Ian McKellan mit den jungen Generation um James McAvoy und Michael Fassbender zu einer Einheit zu verschmelzen. Das Bindeglied ist der nur sehr langsam alternde Logan, was es Hugh Jackman ermöglicht, beide Rollen zu spielen. Überhaupt besticht Singers Werk durch eine vielschichtige Charakterzeichnung, die in Action-Filmen dieser Art nicht unbedingt selbstverständlich ist, was natürlich auch seiner hervorragenden Schauspieler-Crew geschuldet ist. Bolivar Trask – mit Peter Dinklage als Gegenspieler ebenfalls bestens besetzt – ist nicht einfach ein von Hass getriebener Dr. Evil, sondern jemand, der auch das durchaus hehre Ziel verfolgt, die Menschheit nach Jahrtausenden voller Selbstzerfleischung endlich hinter einem gemeinsamen Ziel zu vereinen. Dass er dies um den Preis der Auslöschung einer anderen Spezies erreichen will, ist sein Irrtum, ein Irrtum, der der menschlichen Rasse jedoch offenbar immanent ist: Töte, was Du fürchtest, oder weil es anders ist. Mystique unterliegt ihrerseits einem Irrtum, indem sie die in ihren Augen größte Gefahr für sich und ihresgleichen eliminiert. In der Gegenwart erscheint ihr ihr Handeln notwendig, bei Kenntnis der Folgen, die ihre Absicht genau ins Gegenteil verkehren, hätte sie von dem Mord Abstand genommen, wenn auch nicht aus moralischen sondern aus vernünftigen Erwägungen. Beide Figuren handeln im Moment ihrer Tat in ihren Augen richtig, wie so viele Protagonisten in der Geschichte, die für unendliches Leid und Unheil verantwortlich sind, ein Korrektiv durch die Rückschau auf bereits Geschehenes kommt immer zu spät. Aber hier eröffnet der Blick vor und zurück nun die Möglichkeit, Fehler ungeschehen zu machen, deshalb sind Zeitreisen grundsätzlich ein beliebtes Thema der Science Fiction.


Aber auch ohne sich allzusehr in solche Gedanken zu vertiefen, bietet der Film beste Unterhaltung, Kino, wie Kino eben auch sein muss, bombastisch, manchmal theatralisch, spannend und witzig, deshalb meine Empfehlung: unbedingt reingehen und für zwei Stunden in eine völlig andere Welt eintauchen!


Regie: Bryan Singer
Drehbuch: Simon Kinberg, Jane Goldman (story), Mathew Vaughn
Darsteller: Hugh Jackman, James McAvoy, Michael Fassbender, Jennifer Lawrence, Nicholas Hoult, Ellen Page, Peter Dinklage, Evan Peters, Omar Sy, Patrick Stewart, Ian McKellen, Halle Berry, Bingbing Fan, 
Musik: John Ottman
 
 

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