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Donnerstag, 18. April 2019

Film-Rezensionen: Van Gogh - An der Schwelle zur Ewigkeit (At Eternity's Gate)


Dass zwischen Genie und Wahnsinn nur ein schmaler Grat entlang führt, scheint auf kaum jemanden so zuzutreffen, wie auf den Maler Vincent van Gogh. Der Film widmet sich in beeindruckenden Bildern Van Goghs Aufenthalt in den südfranzösischen Orten Arles und Auvers-sur-Oise und hat ihm mit seinem grandiosen Darsteller Willem Dafoe ein weiteres be- und anrührendes Denkmal errichtet.

Van Goghs Blick  auf die Welt und dessen bildliche Umsetzung widerspricht zu seinen
Lebzeiten völlig dem Empfinden seiner Zeitgenossen. Sie können nicht mit ihm, er aber auch nicht mit ihnen, sein soziales Verhalten macht es ihm oft schwer, zu kommunizieren, er riecht, ist ungeschickt im Umgang mit anderen und driftet so immer weiter in eine unheilvolle Isolation. Zugang hat zunächst noch sein Freund aus alten Tagen, Paul Gauguin (Oscar Isaac), der ihn jedoch irgendwann in Südfrankreich alleine lässt, ab da bleibt ihm nur sein Bruder Theo (Rupert Friend), der ihn finanziell unterstützt und ihm in seinen schlimmsten Momenten beisteht.

Der Film schildert diese Lebensphase, die mit dem bekannten Abtrennen seines linken Ohres ihren verstörenden Höhepunkt findet, basierend auf  Briefen des Malers, aus denen immer wieder Passagen aus dem Off vorgetragen werden. Es öffnet sich so ein Blick auf seine innere Zerrissenheit, während die Kamera ihm auf seinen Streifzügen durch die flirrende Landschaft der Provence folgt, immer auf der Suche nach Motiven, an denen es nicht mangelt. Fast rauschhaft bewegt er sich mit Staffelei und Farben durch die Felder und Wiesen, immer bereit, seine Eindrücke an Ort und Stelle festzuhalten. Ein so entstandenes Skizzenbuch ruhte nach seiner Abreise angeblich lange Zeit vergessen in seiner ehemaligen Unterkunft und wurde erst im Jahr 2013 wiederentdeckt.

Der Regisseur Julian Schnabel, der auch für den Schnitt seines Films verantwortlich
zeichnet, hat für sein Porträt des Malers Van Gogh teils ungewöhnliche, teils irritierende Bilder verwendet, wackelig, unscharf und mit schiefen Blickwinkeln, ein zumindest zu Anfang gewöhnungsbedürftiges Mittel, um sich seinem Protagonisten zu nähern, herausgekommen ist ein kunstvoller Film voller sinnlicher Eindrücke dieser bereits vielfach verfilmten und erzählten Geschichte eines ungewöhnlichen Künstlers.


Vielleicht werden immer wieder Menschen zu früh geboren, vor der Zeit, in die sie besser hineingepasst hätten. Vielleicht braucht es diese Menschen, um die Welt immer wieder mit ihrer Gewöhnlichkeit zu konfrontieren und sie mit Hilfe des Künstlerauges und den neuen Blickwinkeln eines Genies aus der Konformität des Banalen zu holen und zu erleuchten.
 



Regie: Julian Schnabel
Drehbuch: Jean-Claude Carrière, Julian Schnabel, Louise Kugelberg
Kamera: Benoit Delhomme
Schnitt: Louise Kugelberg, Julian Schnabel
Musik: Tatiana Lisovskaya

Darsteller:
Willem Dafoe, Rupert Friend, Oscar Isaac, Mads Mikkelsen, Emanuelle Seigner, Mathieu Amalric, Niels Arestrup, Anne Consigny, Amira Casar

CBS Films
111 min.
Deutscher Kinostart: 18. April 2019



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