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Montag, 29. Juni 2020

Film-Rezensionen: Suicide Tourist – Es gibt kein Entkommen (Selvmordsturisten)


Als der Versicherungsmakler Max Isaksen (Nikolaj Coster-Waldau) an einem unheilbaren Hirntumor erkrankt, gerät er in eine existentielle Krise, die ihn und seine Frau Lærke (Tuva Novotny) an ihre Grenzen bringt. Bei diversen Versuchen, sich in sein Schicksal zu fügen und letztlich auch zwei vergeblichen Ansätzen, sich selbst zu töten, stößt Max eines Tages auf das mysteriöse „Hotel Aurora", das finale Lösungen für betreute Suizide anbietet. Allerdings gibt es nach Unterzeichnung eines entsprechenden Vertrages kein Zurück mehr…

Der Film ist ein Mystery-Puzzle, das seinen Protagonisten, aber auch den Zuschauer auf eine surreale Reise zwischen Leben und Tod nimmt, wobei sich die Handlung in Rückblenden und Zeitsprüngen zunächst sehr behäbig entwickelt. Die verwaschenen Bilder scheinen ein Spiegelbild von Max Innenleben zu sein, der verzweifelt versucht, sich von Lærke zu verabschieden, ohne sie wirklich einzubeziehen. Seine beiden Selbstmordversuche zeigen einen grimmigen, grotesken Humor, ein Fremdkörper in einem ansonsten düsteren Szenario, das bis zum Ende keine richtige Spannung aufkommen lässt, wohl aber eine Faszination, die auch nach Ende des Films noch nachwirkt.

Neben Nikolaj Coster-Waldau, der seine Figur gleichzeitig intensiv und nichtssagend als Mann ohne Eigenschaften anlegt, ist das labyrinthisch und unwirklich anmutende Ambiente des Hotels Aurora der heimliche Hauptdarsteller, eine abgelegene Einrichtung inmitten der beklemmenden Kulisse einer grandiosen Gebirgslandschaft. Diese Beklemmung steigert sich, je tiefer Max in die Geschäftspraktiken des Hotels eintaucht, die seinen Kunden jede Wahl hinsichtlich des gewünschten Endes lässt, bezüglich der eingesetzten Mittel, aber auch, inwieweit ökologische Aspekte eine Rolle spielen sollen, sei es die kompostierbare Urne oder die Möglichkeit, als Pflanzendünger, dem Kreislauf des Lebens erhalten zu bleiben – nur auschecken kann man aus dem Hotel eben nicht mehr... und dann verschwimmen am Ende albtraumhaft die Grenzen zwischen dem, was Realität und was mögliche Visionen seitens Max aufgrund des Hirntumors sein mögen.

Der Film lässt sich in keine Kategorie so richtig einordnen, für einen regelrechten Thriller fehlen Spannungsbogen und Auflösung am Ende, und den ethischen Fragen im Zusammenhang mit erlaubter Sterbehilfe, wie es sie in einigen Ländern Europas gibt, stellt er sich auch nicht. Letzteres ist jedoch ein legitimer Ansatz, denn eine einfache Antwort zu diesem schwierigen Thema gibt es ohnehin nicht und so ergeht an den Zuschauer die Einladung, selbst oder mit anderen darüber zu reflektieren.

Alles in allem keine leichte Kost, aber dennoch sehenswert, und wenn man dafür empfänglich ist, wird der Nachhall des Films nach dem Verlassen des Kinos noch länger wirken, etwas, was nicht jeder Film zu bieten hat.


Regie: Jonas Alexander Arnby
Drehbuch: Rasmus Birch
Kamera: Niels Thastum
Schnitt: Yorgos Mavropsaridis
Musik: Mikkel Hess

Darsteller:
Nikolaj Coster-Waldau, Tuva Novotny, Kate Ashfield, Robert Aramayo, Johanna Wokalek, Sonja Richter

Dk/D/Frk/Sw/Nor
DCM Film Distribution GmbH
FSK 12
89 min.
Deutscher Kinostart: 02. Juli 2020


Bild- und Clipmaterial:
 © Jørgen-Nordby DCM, © Niels Thastum DCM, © Andreas+Schlieter DCM

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